Fritz, herzlichen Glückwunsch zum Gewinn des „Best of the Best Award“ von Peninsula Classics. Für den man sich nur qualifizieren kann, wenn man zuvor bei den großen Concours-Veranstaltungen wie Pebble Beach, Villa d'Este und Hampton Court die Auszeichnung „Best of Show“ gewonnen hat. Wie fühlt es sich an, wenn eines Ihrer Autos die wohl prestigeträchtigste Auszeichnung der Concours-Welt erhalten hat?
Zunächst einmal hat das Auto den Preis gewonnen, nicht ich. Es ist eine große Ehre, es ist fantastisch, vor allem, wenn man sieht, welche Wagen um den Titel „Best of the Best“ konkurriert haben. Der Hispano-Suiza H6B Dubonnet Xenia und der Ferrari 250 GTZ, die ebenfalls am Wettbewerb teilgenommen haben, sind beides fantastische Autos. Deshalb waren wir sehr glücklich und stolz, besonders auf das Auto und mein Team. Das bedeutet uns sehr viel.
Was hebt den Delage von all den wunderschönen Klassikern von Pebble Beach, Villa d'Este etc. ab?
Seine atemberaubende Ausstrahlung. Er sieht aus jedem Blickwinkel gut aus, sein Design ist spektakulär, und er ist einzigartig. Er hat Merkmale aus der damaligen Zeit, wie diese genieteten Heckflossen, die ein wenig an den Bugatti Atlantic erinnern. Er hat etwas von Saoutchik, etwas von Figoni et Falaschi, da ist alles drin. Aber er hebt sich ab und wird zu etwas Einzigartigem, es ist kein Mischmasch.
Ihr Delage ist wirklich eine bemerkenswerte Schönheit, aber Ihre Sammlung ist auch sonst nicht arm an bemerkenswerten Modellen. Was hat Sie speziell an diesem Auto gereizt?
Es gibt dieses Buch von Richard Adatto mit dem Titel ‚From Passion to Perfection' – The Story of French Steamlined Styling. Es ist so etwas wie die Bibel für die geschwungenen Karosserielinien und die Aerodynamik der Vorkriegszeit und deckt auch alle Teardrops ab. Es reicht bis zum Atlantic, zu anderen Stromlinienfahrzeugen, und es hat auch ein Kapitel über den Delage. Es ist nicht nur meine Bibel, sondern es scheint auch mein Einkaufskatalog zu sein. Unbedingt nennen muss ich den Delahaye 165, Merle Mullin hat einen und ich habe den anderen, es wurden nur zwei gebaut. Sie hat ihren gerade in Pebble Beach vorgestellt und es dort unter die ersten vier geschafft. Jedenfalls wurde mir der andere Delage angeboten, und ich brauchte vielleicht 15 Sekunden, um ja zu sagen!
Zu sagen, Ihr D8 sei im Concours-Zustand, wäre eine krasse Untertreibung. Was war der Prozess hinter der Restaurierung des Fahrzeugs?
Ich habe nichts getan. Ein großes Kompliment gilt daher dem vorherigen Besitzer, Sam Mann. Sam ist nicht nur ein großartiger Mensch, sondern er hat auch wirklich gute Arbeit mit dem Delage geleistet. Wir haben ihn zum Laufen gebracht, überprüft, ob alles funktioniert, und vielleicht hier und da etwas nachgebessert, aber ich glaube nicht, dass wir das überhaupt tun mussten.
Mein Mechaniker Simon ist ein Spezialist für Vorkriegsautos, insbesondere für Concours-Autos, und er kümmert sich wirklich gut um alle unsere Autos. Am Anfang gab es beim Delage einige Anpassungen und Abstimmungsarbeiten, weil wir ihn wirklich gefahren haben. Er ist keine trailer queen, daher musste natürlich hier und da ein wenig nachjustiert werden, aber er war insgesamt in einem großartigen Zustand.
Sie haben in der Vergangenheit über Ihre Liebe zur Patina gesprochen. Wenn Sie die Wahl hätten, würden Sie sich für ein Auto in perfektem Zustand wie Ihren Delage D8 oder für einen mit schöner Patina wie Ihren Bugatti Type 59 entscheiden?
Das ist eine gute Frage! Mit dem Type 59 haben Sie wahrscheinlich das Patinawunder gewählt, aber es kommt ganz darauf an, um welches Auto es sich handelt. Ich habe einen Citroen Ami 6, ein Auto, das vielleicht 20.000 Euro kostet. Er hat ein fantastisches Design, absolut einzigartig, aber ist es wichtig, dass er original ist? Nicht so sehr. Aber wenn man ein originales Auto findet, muss man es auch so belassen.
Das Auto, an dem wir wirklich gearbeitet haben, war der Fiat ‚La Principessa‘ Abarth Weltrekordwagen. Corrado Lopresto konservierte ihn, aber restaurierte ihn nicht. Sein Team besteht aus Künstlern, die auch wichtige Gemälde restaurieren, und es war, als würde man ein Auto in eine Zeitkapsel stecken. Man sieht alle Risse und die ganze Geschichte.
Im Gegensatz zu Figoni & Falaschi oder Pourtout gehörte De Villars nicht zu den bekannten Karosseriebauern der Zwischenkriegszeit. Könnten Sie uns ein wenig über das Unternehmen erzählen?
Carrosserie De Villars wurde 1925 von Frank Jay Gould, einem amerikanischen Philanthropen und Milliardär, der an der Cote d‘Azur mehrere Hotels und Casinos besaß, gegründet. Namensgeber war Goulds Schwiegersohn Roland Graffenried de Villars, der aber nicht für das Unternehmen arbeitete. Die Produktion war sehr gering, ich glaube sie bauten nur rund 20 Autos, sehr wenige jedenfalls. Kunden waren in erster Linie Freunde von Gould, darunter Schauspieler und Mitglieder der Familie Grimaldi. Nach dem Krieg nahm man die Produktion nicht wieder auf, und so überlebte nur der Name De Villars.
Das ist unglaublich. Wenn man bedenkt, wie wenig Karosserien sie gebaut haben, ist der Delage eine beeindruckende Leistung.
Ja in der Tat, er ist auf einem Niveau mit Saoutchik. Saoutchik war bekannt für seine extremen Designs, während die Entwürfe von Figoni eleganter waren, mit Fokus auf den Proportionen. Daher ist dieser Delage für mich einem verrückten Saoutchik näher als einem Figoni.
Sie sind der Custodian von vielen der größten Kreationen von Bugatti. Wie lässt sich dieser Wagen mit anderen französischen Modellen aus jener Epoche vergleichen?
Im Vergleich zu einem Bugatti oder Talbot Teardrop bietet er von allen den höchsten Fahrkomfort und die ausgewogenste Federungs-Abstimmung; der Bugatti und der Talbot sind viel sportlicher. Ein großer Unterschied des Delage ist sein elektromagnetisches Cotal-Getriebe, es lässt sich ja bis auf den ersten Gang ohne Treten der Kupplung schalten, so mühelos, so easy-going! Fährt man dagegen einen Bugatti 57SC, muss man manchmal nach dem passenden Gang suchen, nach dem Motto: ‚Wo ist er bloß?‘ Also das Getriebe ist beeindruckend, das Drehmoment ausreichend, ich fuhr ihn 500 Kilometer runter nach Newport und es machte Riesenspaß, ein absolut entspannender Trip. Das war eine große Überraschung, denn normalerweise würde man erwarten, dass sich diese Gattung von Showcar furchtbar fahren ließe!
Ihr D8 läuft über 160 km/h oder 100 mph. Haben Sie das jemals ausprobiert und wie fühlt es sich dann an?
Lassen Sie es mich so ausdrücken: Ich habe ihn immer innerhalb des Speed Limits gehalten, aber habe das Speed Limit auch erreicht.
Was ist das Geheimnis Ihres Erfolges als Seriensieger bei Concours? Liegt es am Auto, an seiner Herkunft, an der Qualität der Restaurierung oder an einer Kombination aus all diesen Faktoren?
Aus persönlicher Sicht denke ich, dass es einfach darum geht, eine Menge Spaß zu haben, und das macht es auch. Manche Leute sagen: ‚Die Richter in Pebble Beach sind so streng, sie prüfen jede Schraube‘, und ich sage: Ja, Gott sei Dank! Es macht so viel Spaß mit diesen Richtern, in Pebble Beach gibt es vier oder fünf Experten für ein bestimmtes Auto. Jedes Mal, wenn ich dorthin fahre und ein Auto von mir beurteilt wird, lerne ich etwas über es, weil mindestens ein Richter mehr weiß als ich. Ich finde es gut, dass sie diesen hohen Standard beibehalten, denn sonst würden Nachbauten, die nicht zu 100 Prozent original sind, den Concours gewinnen, was nicht zu akzeptieren wäre.
Zufälligerweise deckt sich mein Geschmack mit dem einiger Preisrichter des Concours. Ich denke darüber nach, wenn ich mit einem Auto teilnehme, denn ich möchte dem Auto gegenüber nicht unfair sein, indem ich zu viel erwarte. Letztes Jahr habe ich den Talbot Teardrop in Pebble Beach ausgestellt, und viele Leute kamen zu mir und sagten: ‚Ihr Auto wird den Best of Show gewinnen‘, und ich sagte: ‚Nein, nein, es gibt da einen Duesenberg, der eine bemerkenswerte Präsenz hat.‘ Der Duesenberg hat dann auch gewonnen, und das war für mich völlig in Ordnung, er hat es verdient. Bei diesen Shows geht es darum, die Leidenschaft junger Menschen zu wecken, sie einzubeziehen und sie mit den Autos in Berührung kommen zu lassen. Es geht darum, diese Kulturgüter zu feiern; Autos haben einen großen Einfluss auf die Gesellschaft, sie sind wichtig und haben nichts mit dem heutigen Massenverkehr zu tun.
Wie Sie vielleicht wissen, wurde Delage wiederbelebt und produziert jetzt ein wildes Hypercar namens D12. Was halten Sie als Besitzer eines Original-Delage von der Wiederauferstehung der Marke?
Ich habe das Auto gesehen, aber das ist nicht mein Ding. Ich glaube, es ist sehr schwierig, eine alte Marke wieder aufleben zu lassen, vor allem eine wie Delage, die 1935 Insolvenz anmelden musste und von Delahaye übernommen wurde. Delage hatte damals einen guten Namen, aber nicht die Reichweite und das Renommee von Bugatti, Alfa oder Mercedes, die auch alle ein viel größeres Produktionsvolumen hatten.
Sie wissen, dass ich ein großer Bugatti-Fan bin, aber was Ferdinand Piëch gemacht hat, war ein Meisterstück, wie man eine Marke wirklich stimmig wiederbelebt. Die Tatsache, dass er das ursprüngliche Gelände in Molsheim gekauft und dass er die Klassikabteilung mit Julius Kruta integriert hat, bedeutete wirklich viel. Man kann nicht einfach eine Marke zurückbringen und sagen: ‚Hier ist sie, kauft unser Produkt!‘ In den letzten Jahren hat es viele Versuche gegeben, alte Marken wiederzubeleben, und die einzigen beiden, die erfolgreich zurückkamen, waren Mini – ein fantastisches Produkt zur richtigen Zeit, mit dem Marketing von BMW im Rücken – und Bugatti.
Fotos von Rémi Dargegen