Woher rührt Ihre Begeisterung für Autos?
„Man denkt ja oft, dass Menschen, die verrückt nach Autos sind, mit ihnen aufgewachsen sind. Aber das war bei mir gar nicht der Fall. Ich bin in New York City aufgewachsen, und meine Familie hat ihr erstes Auto erst gekauft, als ich zwölf Jahre alt war. Weil wir einfach keins brauchten.
Aber es gab einen anderen Initialmoment. Denn als ich acht Jahre alt war, also 1964, nahmen mich meine beiden älteren Brüder zu meiner ersten Automesse – der New York Auto Show – mit. Ich war hin und weg und dachte: ‚Mein Gott, das ist das Leben selbst!‘
Außerdem hatte ich als Kind absolut keine Freunde. Anstatt rauszugehen und zu spielen, verbrachte ich meine ganze Zeit mit dem Lesen von Autozeitschriften und Autobüchern. Ich ging in die Bibliothek und las einfach alles, was ich über Autos finden konnte. Es ging sogar so weit, dass ich französische, italienische und deutsche Zeitschriften durchblätterte und mir einfach die Fotos ansah.
Sie sind bekannt für Ihre Affinität zum Chevrolet Corvair, einem Auto mit luftgekühltem und im Heck eingebauten Sechszylinder-Boxermotor, über das in der Automobilwelt viele Witze gemacht wurde. Wie kam es dazu und warum ist der Corvair nicht so schlecht, wie die Medien glauben machen wollten?
Mein erstes Auto war ein 1963er Corvair Monza Cabrio, es war wirklich toll – schwarz mit rotem Interieur und weißem Verdeck. Ich fand ihn so unglaublich exotisch, und da ich aus NYC kam, war ein Cabrio ein ziemlicher Luxus. Ich liebte dieses Auto.
Heute wissen wir, dass es nicht der Corvair selbst war, der das Modell in Misskredit brachte, sondern die Art und Weise, wie GM mit dem berüchtigten Verbraucherschutzanwalt Ralph Nader und dessen Anwälten umging. Im Nachhinein betrachtet hatte der Corvair nicht mehr Probleme als jedes andere Auto mit hinterer Pendelachse und Heckmotor auch. Ein Porsche 356 konnte sicherlich leicht in die gleichen Schwierigkeiten geraten.
Der Corvair ist ein Sinnbild für eine Zeit, in der GM wirklich etwas riskierte. Ich bin vor kurzem ein Corvair Monza Spider Club Coupé, das Modell mit Turbolader, gefahren, und es war absolut beeindruckend. Stellen Sie sich vor: Der Turbo-Corvair aus dem Jahr 1962 leistete 150 PS – 47 Prozent mehr als die Saugmotor-Version. Der stärkste damalige Porsche brachte es dagegen nur auf 90 PS, und trotzdem kostete der Chevy 800 Dollar wenige.
Wie ist aus Ihrer Leidenschaft für Autos ein Vollzeitjob geworden? Soweit ich weiß, haben Sie sich erst recht spät in Ihrer Karriere voll und ganz auf Autos eingelassen.
Das stimmt. Ich hatte eigentlich vor, Autodesigner zu werden, aber durch eine Reihe von Umständen habe ich dann stattdessen Oper studiert. Aber Autos blieben immer in meinem Hinterkopf. In den späten 1990er-Jahren nahm die Sache dann richtig Fahrt auf, als ich Keith Martin, den Herausgeber des Sports Car Market Magazine, traf.
Mein erster Artikel für Sports Car Market trug den Titel ‚Mr. Osborne baut sein Traumauto‘. Er war angelehnt an die 1948 ins Kino gekommene Filmkomödie ‚Mr. Blandings Builds his Dream House‘ (deutscher Verleihtitel: ‚Nur meiner Frau zuliebe‘) mit Cary Grant und Myrna Loy. Es war eine Story über mich und drei Alfa Romeo 2600 Sprint. Auch das übrigens ein Auto, das ich zum ersten Mal auf der eingangs erwähnten Autoshow in New York gesehen habe.
Schließlich trat ich 2004 der American Society of Appraisers bei, wurde als Senior Appraiser akkreditiert und eröffnete mein Gutachter- und Beratungsunternehmen.
Wie kam es dann zu Ihrer Funktion als CEO der Audrain-Gruppe?
Ich kam 2016 zu Audrain, nachdem Jay Leno mich den Gründern der Gruppe empfohlen hatte, um die Sammlungen zu begutachten. 2019 engagierten sie mich dann als Berater für den ersten Audrain Newport Concours und die Motor Week sowie als Leiter des Concours. Am Tag vor der Veranstaltung riefen mich die Seniorpartner an und sagten: ‚Würden Sie gerne als CEO nach Newport kommen und uns helfen, diese Organisation auf das nächste Niveau zu heben?‘ Ich antwortete: ‚Auf jeden Fall!‘
Newport im Bundesstaat Rhode Island ist ein unglaublich schöner Ort. Es war sehr aufregend, beim Ausbau des Museums und bei der Einrichtung des YouTube-Kanals mitzuhelfen. Das hat den Namen Audrain wirklich in die Welt getragen. Unsere Mission, an die ich absolut glaube, ist es, die Automobilgeschichte zu bewahren und zu teilen.
Newport is an incredibly beautiful place, It’s been very exciting to help grow the Museum and establish the youtube channel. It’s really brought the Audrain name to the world. Our mission, which I absolutely believe in, is to preserve and share automotive history.
Das bringt uns gleich zur nächsten Frage: Was sind die wichtigsten Kriterien, nach denen Sie ein Fahrzeug beurteilen? Sind neuere oder ältere Fahrzeuge schwieriger zu bewerten?
Man muss bei allem, was man bewertet, genau sein, egal ob es sich um einen Oldtimer oder einen brandneuen Supersportwagen handelt. Ich bin immer auf der Suche nach Beständigkeit. Oft stellt man Gutachtern die Frage: ‚Wie können Sie alles über jedes Auto wissen?‘
Die Antwort lautet: ‚Das tue ich nicht, und das muss ich auch nicht.‘ Ich wende ein bestimmtes Repertoire an Lektionen an, um herauszufinden, was die spezifischen Wertmerkmale eines Objekts sind. Ist es die Geschichte, oder hängt der Wert damit zusammen, wer es hergestellt hat, warum er es hergestellt hat und wie es erhalten wurde?
Herkunft und Geschichte sind bei einem 130 Jahre alten Klassiker genauso wichtig wie bei einem neuen Supersportwagen. Wenn Letztere nicht gewartet oder benutzt werden, werden sie zu Ziegelsteinen.
Wo wir gerade beim Thema Supercars wären – erzählen Sie uns doch etwas zu Ihrem betörend schönen Ferrari Roma!
Ich habe Ferraris schon immer geliebt. Als sie den Roma 2020 auf den Markt brachten, hielt ich ihn für den mit Abstand schönsten neuen Ferrari der letzten 40 Jahre. Ich dachte mir: Wenn er so gut fährt, wie er aussieht, könnte er interessant sein.
Vor zwei Jahren veranstaltete ein Ferrari-Händler in Florida auf dem Amelia Island Concours eine Fahrveranstaltung. Ich bin mit dem Roma rausgefahren und dachte: ‚Das ist absolut erstaunlich‘. Ich habe ihm das größte Kompliment gemacht, das man machen kann: ‚Es ist ein brandneues Modell, aber es fährt sich wie ein altes Auto.‘ Wieso? Nun, man ist sich ständig darüber im Klaren, was auf der Straße vor sich geht. Anders als bei vielen modernen GT. Die sind zu breit, zu schwer und man fühlt sich in ihnen zu isoliert von der Außenwelt.
Der Roma bot einfach alles, was ich mir von ihm erhofft hatte. Mein Ziel ist es, so viele Kilometer wie möglich mit ihm zu fahren – der Gedanke an ein Auto, das die meiste Zeit nur rumsteht, ist mir sehr fremd. Warum kaufen die Leute solch unglaublich tolle Autos und bewegen sie nicht? Worin liegt der Sinn?
Gibt es eine Geschichte hinter der Ausstattung Ihres Roma?
Als ich das Auto sah, wusste ich sofort, welche Farbe ich wollte. Grigio Ingrid. Das ist dieses wunderschöne silberne Gold, in dem der 375 MM lackiert war, den Roberto Rossellini für Ingrid Bergman gekauft hatte. Ich wollte eine große Hommage an dieses Auto, das einen Innenraum in einem Braunton hatte. Am Ende entschied ich mich für Rosso und Cioccolato, Rot und Schokoladenbraun, mit Teppichen in Testa Di Moro. Das Ergebnis ist absolut wunderbar geworden. Natürlich wollte ich auch einen verchromten Kühlergrill haben, das muss einfach sein. So wie das Auto jetzt dasteht, ist es absolut umwerfend.
Sie sind auch stolzer Besitzer eines Fiat Panda. Wie sind Sie auf ihn gestoßen und warum haben Sie sich für ihn entschieden?
Dahinter steckt eine herrliche Geschichte. Ich hatte eine Wohnung in Bergamo, in einem Gebäude aus dem 18. Jahrhundert. Unter ihm befand sich eine Tiefgarage, in dem früher Kutschen und Fuhrwerke abgestellt worden waren. Es gab dort sehr, sehr enge Kurven und ich musste zwischen zwei Steinsäulen parken. Ich hatte einen modernen Fiat 500 gemietet, und selbst mit dem war es knifflig, in die Lücke zu bugsieren. Ich habe den Platz ausgemessen und dachte mir: Ein Panda wäre perfekt!
Ich bin der zweite Besitzer dieses Panda, er gehörte der sprichwörtlichen alten Dame. Ich fühle mich in ihm sicher und gut beschützt, weil er zwei Christophorus-Medaillen und eine Medaille des in der Provinz Bergamo geborenen Papstes Johannes XXIII. im Innenraum hat.
Als ich es kaufte, hatte das Auto 34.000 km zurückgelegt und war in absolut tadellosem Zustand. Ich nutzte ihn als Alltagsauto in Italien und nahm ihn sogar auf einige lange Reisen nach Rom und von Bergamo nach Monaco mit. Mit einem Panda in Monaco zu fahren ist surreal, denn er ist um den Faktor 400 das billigste Auto im ganzen Fürstentum. Das war also ein großer Spaß!
Was glauben Sie, hat bewirkt, dass der Panda so in Mode gekommen ist? Ist es die Mischung aus hohem Nutzfaktor und minimalistischem Design?
Der Panda ist genau wie der Mini, er ist völlig klassenlos. Ob man nun sehr reich ist oder nicht, spielt keine Rolle. Er hat keine Ansprüche, er macht einfach seinen Job. Auch hier gilt: Etwas, das funktional ist und Freude bereitet, ist für mich einfach das Beste. Ich achte also sowohl auf das Praktische als auch auf das Angenehme.
Okay, jetzt wollen wir auch mehr über Ihren Mercedes SLK erfahren. Wie passt er zum Rest Ihrer Sammlung?
Der SLK trat zweimal in mein Leben. Als ich 2009 von Connecticut nach Kalifornien zog, dachte ich mir: Wenn man schon in der kalifornischen Wüste lebt, muss man auch ein Cabrio haben.
Mich hatte der SLK schon seit seiner Markteinführung im Jahr 1996 angezogen. Dann verkaufte mein Freund Wayne Carini diesen 1999er-SLK 230, der in den USA sehr selten war, weil er ein Fünfgang-Schaltgetriebe hatte. Fast alle anderen hatten eine Automatik.
Ich fuhr ihn dann zur Probe und fand ihn sehr gut, aber Carini war der Meinung, dass er – weil zu klein – nicht geeignet sei für längere Fahrten über Land. Also erwarb ich stattdessen ein Jaguar XKS Cabrio. Aber meine Buchhalterin hatte mich mit dem SLK gesehen und fragte, ob sie ihn kaufen sollte. Ich sagte: ‚Unbedingt!‘
Sie und ihr Mann hatten einige Jahre lang viel Freude daran, aber schließlich setzten sie sich mit mir in Verbindung, weil sie daran dachten, den SLK zu verkaufen. Ich teilte ihnen mit, was er meiner Meinung nach wert war, und sie riefen am nächsten Tag zurück und sagten: ‚Du liebst dieses Auto, wir denken, der von Dir genannte Preis ist fair, also verkaufen wir es Dir.‘
Seitdem habe ich viel Spaß damit. Es ist ein echter Mercedes Miata. Mit allen Eigenschaften, die man sich von einem sportlichen Auto mit kurzem Radstand wünscht. Zugleich fühlt er sich durch und durch wie ein Mercedes an. Außerdem hat er einen per Kompressor aufgeladenen Vierzylinder-Motor, so dass eine gewisse Verbindung zu den legendären Vorkriegs-Rennboliden von Mercedes besteht.
Ich fahre das Auto durchaus zügig, aber hatte nie das Gefühl, dass es mich nervös macht, wenn es darum geht, die volle Leistung des Autos abzurufen. Ich habe mit einem Freund an einer 300 SL-Rallye teilgenommen, und wenn ich nicht im Flügeltürer saß, habe ich die Gruppe in meinem kleinen SLK gejagt. Ist er so schnell wie ein SL? Nein, das nicht, aber er hält verdammt gut mit. Wenn man ihn im hohen Drehzahlbereich hält und zum richtigen Zeitpunkt schaltet – dann läuft er auch!
Kommen wir nun zu Ihrem Jaguar MK VII. Er hat diese für die erste Hälfte der 1950er-Jahre typische Karosserieform, die Sie so schätzen. Aber was hat Sie sonst noch an ihm gereizt?
Mir hat die Karosserieform dieser Baureihe schon immer sehr gefallen, aber zu diesem Modell bin ich dann auf ungewöhnliche Weise gekommen. Wir bereiteten im Audrain-Museum eine neue Ausstellung mit dem Titel ‚Von der Rennstrecke zur Oper: Marken, die es in sich hatten‘, vor. Dazu stellten wir Paare von Autos je eines Herstellers zusammen, immer ein Renn- und ein Tourenwagen. Wir hatten zum Beispiel einen Alfa 2600 Spider und einen Alfa Giulia TZ-1. Natürlich wollten wir auch ein Jaguar-Pärchen haben, und ich kannte einen Freund, der mir seinen D-Type ausleihen würde. Dazu schwebte mir ein MK VII vor. Doch konnte ich weder für Geld noch gute Worte einen finden.
Dann begab es sich, dass ich 2020 bei der Bonhams-Auktion auf Amelia Island in der vordersten Reihe saß. Und wie es der Zufall wollte, ein MK VII zum Verkauf angeboten wurde. Ich dachte: ‚Was soll's?‘, hob meine Hand und gab ein Gebot ab. Jemand anderes bot mit, und beim vierten Gebot gehörte er mir.
Unglaublich, aber ich bin erst der zweite Besitzer dieses Autos. Der erste war ein Mann namens Dean Edmonds Jr., ein großer Jaguar- und Bugatti-Liebhaber. Dieser MK VII wurde ihm von seinem Vater zur Geburt seines ersten Kindes 1953 geschenkt. 1955 ließ er ihn dann in einer Jaguar Werkstatt auf die 120-M-Spezifikation aufrüsten. Mit größeren Vergasern, schärferen Nockenwellen und einem (auf dem US-Markt) seltenen Viergang-Schaltgetriebe.
Letztes Jahr fuhr ich mit dem Jag bei den „New England 1000“, und die Leute haben mir immer wieder Komplimente gemacht und gesagt: ‚Wow, du bist ein toller Fahrer‘, doch ich antwortete: ‚Nein, ich bin kein toller Fahrer, es ist ein tolles Auto.‘ Wenn man ein Auto versteht, kann man es sehr temperamentvoll fahren. Der MK VII wurde als Hochleistungsmodell konzipiert, und die Tatsache, dass man mit einem Auto, das sich wie ein Wohnzimmersofa anfühlt, Kurven im leichten Four-wheel-Drift durchfahren kann, ist einfach unschlagbar.“
Donald, nachdem wir über einen Teil Ihrer Sammlung gesprochen haben, kann man sagen, dass Sie eine ziemlich ausgefallene Mischung von Autos besitzen. Könnten Sie uns zum Schluss die Philosophie hinter Ihrer Sammlung erklären?
Ich bin ein großer Verfechter des Grundsatzes ‚für jede Gelegenheit das Passende.‘ Mein Geschmack ist sehr breit gefächert, und ich möchte jedes Mal, wenn ich ein Auto fahre, ein anderes Erlebnis haben. Und jedes will ich auch fahren. Meine Autos sollen bei jedem Tempo Spaß machen und vielseitig genug sein, um sie für einen Wochenendausflug mitzunehmen. Ich sage gerne, dass ich nur Autos auswähle, die wichtig und die besten sind. Doch am allerwichtigsten ist, und das rate ich allen meinen Beratungskunden, dass man das kauft, was man liebt.“
Fotos von Trevor Dalton