Wenn Sie schon immer Autos geliebt haben, dann haben Sie als Kind bestimmt schon einmal versucht, Ihre Eltern zum Kauf eines Autos zu überreden, das für ihre Bedürfnisse völlig ungeeignet war. In meinem Fall war das so: Ich habe meine Mutter dazu überredet, ihr witziges, aber praktisches Triumph Vitesse Cabrio gegen einen purpurfarbenen De Tomaso Pantera einzutauschen...
Eine ähnliche Geschichte rangt sich um diesen umwerfend perfekten Peugeot 205 Turbo 16, den der Schweizer Händler Andreas Wüest nach einer sorgfältigen (und wir meinen wirklich „sorgfältigen“) sechsjährigen Restaurierung jetzt zum Verkauf anbietet
Dieses wilde Relikt aus der aufregenden Rallye-Ära der Gruppe B gehörte einst der Mutter eines engen Freundes von Wüest, die widerwillig akzeptieren musste, dass ein lärmendes Homologations-Special mit Mittelmotor, ohne Rücksitze und einem vom Reserverad ausgefüllten Kofferraum nicht das ideale Einkaufsauto war. Ihr Auto – eines von 200, die 1984 gebaut wurden, um die noch extremere Competition-Version „Evolution 1“ für die Rallye-Weltmeisterschaft zu homologieren – wurde deshalb irgendwann in eine Ecke der Familiengarage verbannt. Bis Wüest es im Oktober 2018 entdeckte.
Er brachte den Peugeot sofort in die Werkstatt des renommierten Oldtimer-Restaurators Cedric Thomas aus Hellikon (Kanton Aargau), wo der 205 Turbo 16 bis in seine Einzelteile auseinandergenommen und dann liebevoll mit vielen der letzten weltweit noch verfügbaren Ersatzteile wieder zusammengebaut wurde. Und wie unsere Fotos zeigen, wirkt das Auto noch neuwertiger als bei seiner Fertigstellung vor fast genau 40 Jahren.
Peugeots „normale“ 205 GTi-Modelle mit 1,6 und 1,9 Liter Hubraum sind mittlerweile als moderne Klassiker etabliert, aber der Turbo 16 spielt in einer ganz anderen Liga. Obwohl Peugeot die Verkaufszahlen der Serienmodelle steigern wollte, indem der Turbo 16 eine offensichtliche Familienähnlichkeit beibehielt, wurde kaum eine einzige Komponente vom Serien- auf das Rallyemodell übertragen. Nur Windschutzscheibe, Türen und Scheinwerfer waren Gleichteile.
Während die Gruppe-B-Einsatzmodelle des Evolution 1 T16 am Hauptsitz von Peugeot Talbot Sport in Boulogne-Billancourt entwickelt und gebaut wurden, wurden die 200 und bis auf das allererste Exemplar einheitlich in anthrazitgrau-Metallic lackierten Homologationsautos 30 Kilometer entfernt im ehemaligen Simca-Werk Poissy von Hand zusammengebaut. Die Karosserie war zuvor beim Karosseriebauer Heuliez tiefgreifend modifiziert worden. Die gesamte Heckpartie eines Serien-205 wurde abgetrennt und zwischen die B-Säulen eine Schottwand eingesetzt. Auch an der Front wurde die Karosse stark gekürzt und verstärkt. Anschließend wurden in einer Mischbauweise aus Pressblech-Kastenprofilen und Rohren umfangreiche Verstärkungen, der Überrollbügel und Heckrohrrahmen angesetzt.
An diesen montiert wurden das quer eingebaute Fünfganggetriebe und der Vierzylinder-DOHC-16V-Turbo mit 200 PS aus 1775 ccm Hubraum. Und zwar nach rechts versetzt, um der Antriebswelle eine direkte Verbindung zwischen den vorderen und hinteren ZF-Sperrdifferenzialen zu ermöglichen, die Teil des Allradantriebs nach dem Prinzip Ferguson waren.
Unter den Sitzen fanden zwei Kraftstofftanks Platz, das Armaturenbrett umfasste zwischen Tachometer und Drehzahlmesser eine Turbo-Ladedruckanzeige und auf dem Lenkrad prangte in einer für die damaligen Zeit typischen Typographie „Turbo 16“ – damit der Fahrer nie vergaß, was er da gerade steuerte.
Das Ganze wurde dann in eine weit ausladende Karosserie mit ebenfalls größeren Spurweiten (1,43 Meter im Vergleich zu 1,38 Meter vorn und 1,33 Meter hinten beim Serien-GTI) gehüllt. Die hinteren Seitenfenster, Kotflügel und Lufteinlässe wurden zu einer komplett aufklappbaren Einheit zusammengefasst, um einen weitgehend ungehinderten Zugang zum Motorraum zu eröffnen. Die Motorkühlung verbesserten großzügige Luftschächte hinter den vorderen Kotflügeln, die es der Luft erlaubten, an der Seite des Autos entlang zu strömen, bevor sie in die Einlässe und „Kiemen“ der Heckhaube gesaugt wurde.
Während sich einige Hersteller den Ruf erwarben, die Homologationsregeln mit einer gewissen Verachtung zu behandeln, indem sie nicht immer die geforderte Anzahl an Straßenfahrzeugen fertigten, ging Peugeot mit dem Turbo 16 ins andere Extrem und baute brav alle 200 Exemplare in einer Charge. Als im März 1984 der Inspektionsbesuch der FIA anstand, stellte man alle Wagen schön in Reihe auf, um den Offiziellen die tatsächliche Existenz der 200er-Auflage zu beweisen. So wurde der 205 Turbo 16 zum 1. April ordnungsgemäß „abgenommen“ – kaum mehr als einen Monat, bevor die (bereits gebauten) Evolution 1-Rallyeautos ihr WRC-Debüt auf Korsika gaben.
Da alle Homologationsfahrzeuge im gleichen Grauton lackiert waren und über eine Linkslenkung verfügten, war der Turbo 16 für viele Käufer zunächst nicht attraktiv – vor allem, weil er mit rund 290.000 französischen Francs etwa so viel kostete wie ein Ferrari 308. Inzwischen hat man seine Seltenheit und historische Bedeutung erkannt, was die Werte in die Höhe schnellen ließ.
Dieses spezielle Exemplar landete zunächst bei einem polnischen Besitzer, ehe es den Weg in die Schweiz fand, wo es nach dem erwähnten sechsjährigen Wiederaufbau nun fast wie ein brandneues Auto auf den Rädern steht.
Wenn Sie sich also schon immer gewünscht haben, die automobile Uhr zurückdrehen zu können – in jene wilden und verrückten Tage der frühen 80er-Jahre, als der Turbo 16 und sein gallischer Stallgefährte, der Renault 5 Turbo 2, einen Hauch von Gruppe B auf die Straßen brachten – rufen Sie doch Wüest an und machen Ihren Traum wahr. Es könnte sogar ein tolles Weihnachtsgeschenk für Ihre Mutter sein…
Fotos von Rémi Dargegen