Das im Jahr 2001 von Pierre Peugeot eröffnete Conservatoire dient zur Unterbringung von Rennwagen, Konzeptstudien, Nutzfahrzeugen und anderen Fahrzeugen der 1919 gegründeten Marke mit dem Doppelwinkel im Logo. Hier kann man alles von den Präsidentenlimos über die in der WRC und bei Paris-Dakar eingesetzten C4-Rallye- und ZX-Rallye-Raid-Autos bis zum bescheidenen C15-Kastenwagen und alles was dazwischen liegt bestaunen. Das Conservatoire befindet sich in Aulnay-sous-Bois und damit in unmittelbarer Nähe zum Flughafen Charles-de-Gaulle.
Xanthia, Activa, und Activa 2
Beim Betreten des Conservatoire fiel uns dieses Trio scharlachroter Automobile als erstes ins Auge. Französische Konzeptautos sind vielleicht die originellsten, die es gibt, und der Xanthia von 1986 gehört definitiv dazu. Die Cabrio-Studie wurde auf dem Pariser Autosalon jenes Jahres gezeigt und basierte auf der Bodengruppe des kommenden AX. Sie verfügt über eine Windschutzscheibe im Barchetta-Stil, handgenähte Ledersitze mit Memory-Funktion und auch innen so viel Rot, wie das Auge sehen kann. Die Studie hatte nichts mit dem erst 1993 eingeführten BX-Nachfolger Xantia zu tun, aber die gleich links davon parkenden und ebenfalls roten Studien Activa (1988, mit Allradlenkung) und Activa 2 (1990, als Nachfolger des SM angedacht) gaben unter anderem einen Vorgeschmack auf die hydropneumatische Federung, wie sie im großen XM (ab 1989) und dann auch im Xantia zum Einsatz kommen sollte.
Eole
Der auf dem Genfer Salon von 1986 enthüllte Eole wurde ausschließlich von Computern entwickelt und steckte auch voller Computertechnik. Die auf dem CX basierende Studie war die Kreation des ehemaligen britischen Chrysler-Designers Geoffrey Matthews und sollte die Fähigkeiten von Citroën im Bereich der Aerodynamik unter Beweis stellen. Mit einem Cw-Wert von nur 0,17 konnte der Eole selbst mit den windschnittigsten Autos auf dem Markt mithalten. Vor allem dank seiner vollverkleideten Räder und der aktiven hydropneumatischen Federung, die das Auto bei hohen Geschwindigkeiten automatisch absenkte. Der Eole war mit einer Videospielkonsole, einem CD-Player und sogar einem taktilen Erkennungssystem für das Einlegen des Getriebes ausgestattet. Lange, ehe diese Technologie bei Smartphones zum Einsatz kam!
C10
Die Studie aus dem Jahr 1956 ist das Werk des legendären Citroën-Ingenieurs André Levèbvre und das letzte Konzept der zehn Modelle starken C-Serie von Prototypen, die in den frühen 1950ern entstanden, um die Lücke zwischen dem 2CV und dem Vorkriegsmodell Traction Avant zu schließen. Dazu kam es jedoch nie, da ab 1961 der Ami 6 die Lücke füllte. Dieses kleine, von der Luftfahrt inspirierte Auto bot Platz für vier Personen und erreichte dank seiner tropfenförmigen Fiberglaskarosserie einen cw-Wert von 0,258. Was trotz nur 12 PS aus dem Motor der „Ente“ für eine Höchstgeschwindigkeit von 110 km/h reichte. Der nur 382 Kilo schwere C10 darf als früher Vorläufer der modernen Citroën-Minivans gelten. Seine nach oben schwenkenden Türen machten den liebevoll „Cocinelle“ (Marienkäfer) getauften C10 noch origineller als ohnehin schon.
2CV Persepolis Pop Cross
Schon André Citroën hatte die Idee, seine Autos auf sehr langen Expeditionen quer durch die Welt fahren zu lassen, um so ihre Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit zu demonstrieren. Unvergessen die „Croisière Jaune“ („Gelbe Kreuzfahrt“), eine Expedition mit Citroën-Halbkettenfahrzeuge, die 1931/32 mit Start in Beirut über die alte Seidenstraße quer durch Asien bis nach Peking führte. In der Tradition dieser Fernfahrten nahmen 1971 500 2CV an der Rallye Paris-Persepolis-Paris in den Süden des Iran teil. Das hier abgebildete Auto mit Startnummer 159 wurde von Pierre Lacasta und Jean-Paul Martin auf den 7. Platz gefahren, wofür sie einen fabrikneuen Citroën 2 CV 6 erhielten. Der Wagen ist nun Teil der Sammlung der Marke.
REVOLTe
Auf der Frankfurter IAA von 2009 stellte Citroen den REVOLTe vor. Ein Hybrid-Stadtauto, gedacht als moderne Reinkarnation des 2CV, der sich von einem simplen und robusten Volksauto in einen luxuriösen, sehr innovativen und dabei umweltfreundlichen Sportwagen verwandelte. Dieser stilvolle Kleinwagen nach einem Design des späteren Chefdesigners der Marke DS, Frédéric Soubirou, taugte jedoch nicht nur als schickes Accessoire für den Pariser Mann oder die Pariser Frau. Sondern gab dank seines elektrifizierten Antriebsstrangs und der Fähigkeit, im vollelektrischen Modus zu fahren, auch einen Ausblick auf die Zukunft der Mobilität. Nur ein halbes Jahr später hob Citroen auf dem Genfer Salon von 2010 das Thema mit der Studie des nun rein elektrisch angetriebenen Rennwagens Survolt auf die nächste Ebene.
Xanae
Die 1994 in Paris enthüllte Studie Xanae gab bereits einen Ausblick auf den Ende 1999 vorgestellten ersten Kompakt-Van von Citroën, den Xsara Picasso. Zugleich galt sie als Reaktion auf den 1991 als Prototypen gezeigten Renault Scénic. Mit dieser Studie auf Basis einer verlängerten ZX-Plattform setzte Citroën das mit dem C10 Tropfenwagen eingeführte Konzept fort. Der kreative Prozess sah vor, den Raum eines Familien-Vans (MPV) mit den Abmessungen einer Mittelklasselimousine (die Länge entsprach etwa der eines C4) zu kombinieren. Dank der Maximierung des Platzangebots sollten sich alle Passagiere wohlfühlen. Aufgrund der fehlenden B-Säule und der gegenläufig öffnenden Türen (ein typisches Feature von Konzeptstudien) gestalteten sich Ein- und Ausstieg besonders bequem. Zwar schafften es die „Selbstmördertüren“ und die bis ins Dach hineinragende Panorama-Windschutzscheibe nicht in die Serie, aber dafür das effiziente Packaging.
Das Conservatoire ist ein Statement für das fortschrittliche Denken und die Kreativität der Marke und der Ort, an dem Hunderte von Autos ihren Platz gefunden haben. Von den ausgestellten Modellen haben uns die Konzeptstudien am besten gefallen, aber es ist auch sonst wirklich für jeden etwas dabei!
Fotos von Remi Dargegen