Es ist eine Geschichte, so alt wie die Zeit: Win on Sunday, sell on Monday. Mitte der 1960er-Jahre war es das Rezept, das Abarth half, mit Hilfe des dominanten Sportprototypen 1000 SP Erfolge auf der Rennstrecke zu feiern und gute Geschäfte im Vertrieb von Kundensportwagen und Auspuffanlagen zu machen. Nicht nur erfüllte der 1000 SP optische Qualitäten, sondern wurde auch zum Favoriten unter Privatfahrern und zu einem der wichtigsten Modelle in der Geschichte von Abarth. Nach dessen Vorbild legten Fiat und Abarth 55 Jahre später als Hommage an das Original den straßenzugelassenen Abarth Classiche 1000 SP auf Basis Alfa Romeo 4C auf. Doch ehe wir uns dieser seltenen modernen Klassiker-Hommage zuwenden, lohnt es sich, durch die Geschichtsbücher zu blättern.
Geburt einer Legende
Der originale 1000 SP von 1966 war das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen Carlo Abarth und Mario Colucci – ein Ingenieur, den Abarth als technischen Direktor von Alfa Romeo abgeworben hatte. Mario und sein Team wurden mit der Arbeit an einem ehrgeizigen und technisch innovativen Sportprototypen beauftragt: ein für Berg- und Rundstreckenrennen konzipierter Rennsportwagen mit verkleideten Rädern, in nur kleinen Stückzahlen produziert. Das Ergebnis war ein leichter Spider mit einfachen, flachen und stromlinienförmigen Formen, angetrieben vom getunten Vierzylinder des Fiat 600.
Die Beziehung zwischen Abarth und Colucci basierte auf gegenseitigem Respekt. Gleichwohl hatten sie ihre Differenzen, wenn es darum ging, wie der 1000 SP aussehen und sich verhalten sollte. Abarth favorisierte eine Version des Porsche-Prinzips – mit einer quadratischen Stahlkarosserie und Heckmotor. Colucci hingegen bevorzugte ein Gitterrohrrahmen-Chassis mit Mittelmotor-Layout. Infolge dieser Differenzen, bei denen Colucci von seiner Leidenschaft und Abarth von seinen finanziellen Schwierigkeiten getrieben wurde, weil er der festen Überzeugung war, dass seine Lösung billiger und daher für sein Unternehmen profitabler war, entstanden zwei unterschiedliche Konzepte des Rennwagens.
Nachdem beide fertig waren, entpuppte sich Coluccis Mittelmotor-Modell auf Anhieb als die bessere Version. Sein leichtes Chassis und eine Karosserie aus Polyurethan und Glasfaser drückten das Leergewicht auf unglaubliche 480 Kilogramm, was den Abarth in Verbindung mit 105 PS Leistung zum potentiellen Siegerfahrzeug stempelte. Der erste große Erfolg des SP gelang 1966 beim 500-km-Rennen auf dem Nürburgring, bei dem Klaus Steinmetz und Herbert Müller auf Platz drei im Gesamtklassement und Sieger in der Klasse bis 1,0-Liter-Hubraum einliefen. Es folgten schnell weitere Top-Platzierungen, sogar in den Händen von Gentleman-Fahrern, was den Status des 1000 SP als eine wahre Ikone der Marke Abarth zementierte.
Heutzutage einen intakten Abarth aus dieser Ära zu finden, ist gelinde gesagt schwierig. Aber während der Erstellung dieses Artikels waren wir positiv geschockt, dieses unglaubliche Exemplar Baujahr 1968 im Classic Driver Markt zu finden. Es wurde gleich nach seiner Auslieferung intensiv eingesetzt, unter anderem beim GP von Mugello und bei der Targa Florio, und hatte bis heute nur vier Besitzer.
Eine moderne Klassiker Hommage
Sprung ins Jahr 2009: Nach der Wiedergeburt des Fiat 500, DEM Italo-Klassiker unter den Kleinwagen, und dem bald darauf nachgereichten Abarth 500 nahm die Nachfrage nach heißen Abarth-Versionen sprunghaft zu. Im Centro Stile Fiat & Abarth unter der Leitung von Roberto Giolito wurden verschiedene Alternativen für einen mittelgroßen Sportwagen mit Anklängen an den ursprünglichen 1000 SP diskutiert. Die erste Version ähnelte bereits dem hier gezeigten Abarth 1000 SP, schaffte es aber zunächst nicht in die Serie. Dafür inspirierte die Studie am Ende ein Modell, das die Alfa-Romeo-Sportwagen-Tradition fortsetzte: den 4C. Während dieser schnell zu einer Ikone der Marke Alfa Romeo im 20. Jahrhundert avancierte, blieb das Projekt des 1000 SP von Abarth im Entwurfsstadium. Die technischen Zeichnungen verschwanden in der „Was hätte sein können“-Akte.
Es dauerte bis 2021, ehe Fiat das Projekt auf Grundlage des Prototyps aus dem Jahr 2009 wieder aufgriff, weiterentwickelte und auf Basis der Hardware des 4C perfektionierte. Dabei zitierte die moderne Interpretation des 1000 SP das Original so weit wie möglich. Mit kühn geschwungenen Kotflügeln, die die optische Wirkung der Felgen verstärkten – und das Layout eines Spiders mit Mittelmotor spiegelte. Die Seitenscheiben liefen abfallend zum Überrollbügel zu, während die punktförmigen Scheinwerfer und ein einziges Paar runder Rückleuchten dem minimalistischen Design des historischen 1000 SP treu blieben und die Breite des Wagens betonten.
Unter der Haube des Classiche 1000 SP abeitete der 1,8-Liter-Vierzylinder mit Turboaufladung aus dem Alfa 4C, der 240 PS auf die Hinterräder schickte. Für maximale Verwindungssteifigkeit bürgte ein Kohlefaser-Chassis in Verbindung mit einem vorderen Hilfsrahmen aus Aluminium. Am Ende erwies sich das Classiche-Projekt dann doch zu ehrgeizig für die Zulassung als in größeren Stückzahlen gebauter Straßensportwagen. Am Ende entstanden so nur fünf Exemplare, darunter dieses rote, das 2021 als erstes fertig wurde. Die Chancen, einen der anderen vier Classiche 1000 SP zu finden, sind verschwindend gering, sodass sich diese Gelegenheit im Leben eines jeden Sammlers wohl nur einmal ergibt.
Die große Frage ist nur: Setzen Sie mit dem Kauf des modernen 1000 SP Classiche das Erbe des Urmodells fort – oder treten Sie mit dem 68er-1000 SP in die Fußstapfen von Carlo und Mario?
Zeitgenössische Fotos von Fiat & Abarth Heritage