„Ich erinnere mich nur zu gut an dieses erste intensive Gefühl“, sagt Sam Thomas. Tief im Inneren fühlst Du einen unstillbaren Schmerz, wie Du ihn noch nie zuvor erlebt hast. Dein Atem wird kurz und Dir wird schlagartig bewusst, dass Du der einzige Mensch auf der Welt bist, der den Grund dafür kennt. Die Anspannung vergeht erst, wenn Du die Anwesenheit dieser Person oder dieses Gegenstands erfühlst. Die oder der dann diese Leere füllt, den Schmerz auflöst und das Herz schneller schlagen lässt. Es ist das erste große Liebesflattern!“
Teenager Gefühle
Der in Frankreich aufgewachsene Sam kennt Schmetterlingsgefühle im Bauch also nur nur zu gut. Doch nicht eine holde weibliche Schönheit, sondern ein knorriger Roadster versetzt ihn bis heute in Hochstimmung. Während seiner Kinderzeit in England hatte er noch von einer Karriere als Fußballer geträumt. Dann zog die Familie nach Frankreich, wo er – mit zunächst nicht mehr als ein paar auf den Arm gekritzelten französischen Wörtern – sich als Schüler und Sportler weiterentwickelte. Sein Vater, ein etablierter Polsterer für Automobile, hegte schon immer eine Leidenschaft für alles Automobile – und die schien auf Sam abzufärben. Immer standen coole Autos in und rund um die Werkstatt – doch war es diese Cobra, die dem jungen Sam den Kopf verdrehte.
Eine Hochzeit im Auto-Himmel
„Ich weiß nicht mehr, was mich am meisten verblüffte: die Kurven oder der Sound“, erinnert sich Sam noch genau an den Tag, an dem sein Vater das Auto erstmals mit nach Hause brachte. „Egal, ob man die Cobra liebt oder hasst – sie ist definitiv eines der ikonischsten Autos aller Zeiten“, stellt er fest. Da sind wir voll bei Sam – die Cobra ist fraglos ein Designklassiker und die Personifikation der oft kopierten anglo-amerikanischen Automobilhochzeit. Zurück in Frankreich ging Sam eine spezielle Beziehung mit dem Auto ein. Zunächst kümmerte er sich nur darum, es in einem gepflegtem Zustand zu halten. Später dann durfte er sein Objekt der Begierde dann auch fahren. „Ich werde nie das Gefühl vergessen, als ich den Motor zum ersten Mal startete und losfuhr. Ich wäre am liebsten für immer weitergefahren“, bekennt er.
Auf einmal war sie weg
Eines Tages musste Sam dann zu seinem Leidwesen feststellen, dass das Auto wie vom Erdboden verschwunden war. Sein Vater hatte das Auto verkauft und Sam, seiner großen Autoliebe beraubt, fragte nach dem Warum. Doch es war zu spät, die Cobra war erst einmal weg. Sam tröstete sich über den Verlust mit Einsätzen im Motorsport hinweg und gründete nach ersten Erfolgen Sam Thomas Racing an der Südküste Englands. Neben der Vorbereitung moderner Rennwagen zählten auch historischen Fahrzeuge zum Programm des Tuningbetriebs. So blieb seine erste Liebe immer in seinem Herzen und irgendwann entschloss er sich, sie zurückzugewinnen.
Es war Schicksal...
Durch einen absoluten Zufall fand Sam dann heraus, dass sich das Auto rein räumlich betrachtet ganz in der Nähe befand. Nachdem die Cobra Frankreich verlassen hatte, verbrachte sie viele Jahre in Afrika, ehe sie den Weg zurück nach Großbritannien fand. Und zwar nur knapp 30 Kilometer von Sams Wohnort entfernt. „Ich hatte zuvor schon immer den Markt studiert, um zu wissen, ob sie irgendjemand zum Verkauf anbot. Eines Tages erblickte ich dann eine Anzeige - und mein Herz vollführte mehrere Freudensprünge“, berichtet Sam. Ohne nur eine Sekunde zu zögern, griff er zum Hörer, wählte die angegebene Nummer und hatte nur eine Stunde später seine alte Liebe wieder live vor Augen. Müßig zu betonen, dass Sam Himmel und Hölle in Bewegung setzte, um das Auto auf der Stelle zu kaufen. „Sie nach all den Jahren wieder zurückzuhaben, macht mich sprachlos, es bedeutet mir so viel.“
Das nächste Kapitel
Die Cobra hat einen originalen small-block 289 V8 aus einer Shelby Cobra unter der Haube. Mit einem Matching numbers-Getriebe und Original AC-Teilen wie Lenkrad, Pedalerie, Schaltknüppel und Raydot-Rückspiegel. „Der Kofferraumdeckel ist zweigeteilt wie beim ‚39 HP’-Modell, um das im Le Mans-Stil gestylte Hardtop unterzubringen. Heute ein sehr seltenes Teil“, weiß der Cobra-Kenner.
Die Begeisterung für und die Liebe zur Cobra hat inzwischen auch Sams ganze Familie erfasst. Gern nimmt er sie für eine kleine Spaßtour mit – ganz besonders gerne seinen Vater, dem er längst für seine Missetat von damals verziehen hat. Als wir uns verabschieden, springt Sam ins Cockpit, setzt kurz die Sonnenbrille ab, grinst über beide Ohren und wirft den Motor an. Diese Liebe geht wirklich tief – möge sie noch lange halten...
Text und Fotos: Alex Lawrence / The Whitewall