Viel ist passiert in den nahezu drei Jahren, seit wir uns zuletzt mit Michael Schnabl von Motorlegenden unterhalten haben. Als Spezialist, der stolz ist, nur mit den besten Exemplaren von Porsches begehrtesten Modellen zu tun zu haben, gibt es wohl kaum einen sachkundigeren Mann, wenn es um diese besonderen Sammlerstücke geht.
Was hat sich bei Motorlegenden verändert, seit wir uns zuletzt 2019 gesprochen haben?
"Ich fing 2018 an, folglich war ich noch ein Rookie als ich Mathieu 2019 traf, aber ich möchte mir diese Denkhaltung bewahren, denn nur so kann ich jeden Tag weiter dazu lernen. Seit 2019 habe ich angefangen, in Autos, die mich faszinieren, stark zu investieren – beispielsweise das 930 Turbo Cabrio 5-Speed. Ich bin überrascht, dass der 3.2 Carrera – die letzte Edition des G-Modells aus der zweiten Hälfte der achtziger Jahre – so extrem nachgefragt wird. Kürzlich habe ich auch entdeckt, dass man leichter einen 964 RS findet, als einen 964 Carrera 2 mit niedrigem Kilometerstand. Was sich verändert hat? Die Nachfrage nach leicht zu fahrenden Modellen – ohne Turbo – ist gestiegen.
"Zugleich habe ich auch beobachtet, dass glücklicherweise die Coronakrise keinen Rückgang im Markt verursacht hat. Menschen, die während Covid kauften, haben wie jene, die während der Finanzkrise 2008 kauften, haben gute Renditen bei ihren Porsche-Investments erhalten. Ich denke, dass viele während der Lockdowns über ihre Träume nachgedacht haben und beschlossen, sich endlich mit diesem klassischen Porsche, den sie schon immer wollten, zu belohnen. Sie sind nicht die Sammler alter Schule, die seit Jahren sammeln, sie suchen eher so etwas wie einen Partner fürs Leben – genau diese Kunden will ich ansprechen. Ich will, dass die Autos in meiner Sammlung absolut perfekt sind, mir geht es nicht darum, hohe Stückzahlen umzusetzen."
"Auch meine Einstellung hat sich stark verändert, denn ich habe nun die wirklich perfekten Autos im Fokus, die kompromisslos sind. Fünfzig Prozent der Autos, die ich verkaufe, wurden unbesehen erstanden. Inzwischen haben wir den erstaunlichen Ruf entwickelt, dass man bei Motorlegenden ein Auto kaufen kann ohne es vor Vertragsabschluss in Augenschein genommen zu haben. Deswegen handeln wir nie mit Autos mit lückenhafter Historie, keine Importfahrzeuge, keine US-Autos oder welche aus Japan. Alle meine Autos stammen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz.
"Das einzige Auto, das ich importierte, war ein 356 Carrera aus der Ingram Collection – ich machte die Ausnahme, weil damals 50 Prozent der Carrera für den amerikanischen Markt vorgesehen waren. Ich liebe die Geschichte, die diese Autos zu erzählen haben und studiere eifrig die entsprechenden Historien. Dieser 356 hatte vier Vorbesitzer und wurde ursprünglich an einem US-Marineoffizier in Japan geliefert, der 1996 damit in die USA zurückkehrt. Es nahm an der Mille Miglia teil und wurde nie restauriert. Keine Diva, sondern ein Daily Driver und deswegen liebe ich dieses Auto.“
Ihre Vorhersagen beim letzten Gespräch mit Classic Driver trafen genau ins Schwarze. Welche Autos werden als nächstes einen Wertzuwachs erleben?
"Einerseits haben wir eine große Preissteigerung bei den Sammlermodellen – die 2.7 RS und 964 RS haben wie verrückt zugelegt, dann haben sich die Preise wieder auf einem Normalniveau stabilisiert. Andererseits ist jedes wirklich angenehm zu fahrende Modell in perfektem Zustand - die 964 Carrera 2, 3.2-Liter, 3.0 SC und alle mit WTL – sehr gesucht. Ich denke, dass sie das größte Potenzial für eine weitere Wertentwicklung besitzen.
"Das sind keine neue Modelle, es einfach nur ein Wandel im Markt. Wo ich ein ausgeprägtes Potenzial sehe - nicht so stark wie angenommen, denn das braucht wohl noch eine Generation -, ist bei den Transaxle-Modellen. Wenn Sie auf coole Art in diese Szene einsteigen wollen und ein lockerer Typ mit dem „Surfer Lifestyle“ sind, dann haben Sie die Wahl zwischen 924, 944 oder mein Favorit als nächstes großes Thema: der 912. Ich höre von Sammlern und neuen Kunden, dass sie einen 912 wollen. Vor allem die wirklich originalen Exemplare mit interessanten Werkskonfigurationen. Mein Rat ist, dem rostigen Originalauto den Vorzug zu geben, statt einem restaurierten teuren Auto."
Was sind die spannendsten Autos mit denen Sie seit unserem letzten Gespräch gehandelt haben?
"Wen ich den Bestand, den wir verkaufen konnten, Revue passieren lasse, frage ich mich immer: „Was hätte ich gerne selbst behalten?“ In diesen Kreis gehört definitiv der 993 Turbo mit dem Original WLS2-Paket. Der 993 Turbo wird generell recht wenig nachgefragt, weil er ziemlich serienmäßig ist, aber das WSL2-Paket ist so rar, dass es in Deutschland nur 50 dieser Porsche Turbo mit diesem Upgrade gibt. Das ist ein ganz besonderer Umstand. Dieses Auto wurde just zum Ende der 993-Produktion gebaut und wurde mit den besten Optionen für einen 993 ausgerüstet. Man konnte die X51-Motoroptimierung bestellen und das Interieur separat vom Turbo S. Man kann also sagen, dass das Einzige, was WLS2-Exemplare von einem tatsächlichen Turbo S trennt, das Emblem ist. Aber sie kosten ein Drittel des Preises für einen echten Turbo S. Ich schätze diese unbekannten, unterbewerteten Nischenmodelle.
"Sehr gut hat mir auch der 928 GT gefallen – zwischen S4 und GTS angesiedelt. Der 928 GT ist toll, weil er leicht ist, den großen V8 besitzt, sportlicher aussieht und zudem über die manuelle Schaltung verfügt. Ein wirklich einmaliges Erlebnis innerhalb des Porsche-Universums: ein manueller GT mit Achtzylindermotor. Mir fehlt auch sehr mein 924 Carrera GT. Ich habe einige in die Vereinigten Staaten vermittelt, wo dieses Modell ursprünglich nie angeboten worden ist. Eine fesselnde Kombination aus Volkswagen-Komponenten, aber mit viel PS. Er fühlt sich wirklich wie ein Rennwagen an.“
Was sind Ihre aktuellen Lieblinge im Bestand?
"Mein aktueller Favorit ist ein 993 4S in Arena Red mit Innenraum in Rubicon Lilac – ein besonderes Modell. Es wurde in dieser Konfiguration ab Werk bestellt und ist überraschend attraktiv. Nie hätte ich mich nach einem Auto mit dieser Spezifikation umgesehen, aber sobald ich den Motor startete, hatte ich mich auch schon verliebt. Ich fragte mich, „was ist denn jetzt los?“ Ich bemühe mich nicht sonders, einen Käufer zu finden, weil ich ihn eigentlich ganz gerne behalten möchte. Originalfarbe, ein Besitzer, ein ganz besonderes Exemplar.
"Der 2.4 T in Vipergrün besitzt auch einen eigenen Platz in meinem Herzen. Was mich beeindruckt ist, dass es illustriert, wie ein originales und unverfälschtes Werksauto sein kann. Schließt man die Tür, erhält man dieses spezielle Geräusch, das nur unrestaurierte Fahrzeuge dieser Ära erzeugen. Es gibt eine spezielle Bezeichnung dafür – es wurde ausschließlich in einem bestimmten Porsche-Werk gebaut und es gibt nur zwei oder drei Menschen, welche die Tür aufgrund des Klangs einstellen können. Jetzt läuft es umgekehrt, denn Sound-Ingenieure designen die Tür, um einen bestimmten Klang zu erreichen. Ich schätze dieses Auto sehr, weil es uns soviel Informationen über die Möglichkeiten vor 50 Jahren verrät."
Wie steht es um die Boxster und Cayenne der ersten Generation?
“Ich bin absolut davon überzeugt, dass sie in den nächsten Jahren an Wert gewinnen. Sie sind cool und weniger für die etablierte Kundschaft als für junge Leute – und sie sind Einstiegsmodelle. Ich hatte einmal einen Cayenne von 2009 mit Dieselmotor, ein kleiner 245 PS starker V6. Ehrlich gesagt schätze ich nicht die ineffizienten Modelle mit riesigen V8. Der Cayenne hatte das GTS-Designpaket und ihn zu besitzen war auch interessant, weil Kontakt zu Menschen bekam, die sich nicht sonderlich für Klassiker interessieren.
"Beim Boxster S und 996 verhält es sich genauso. Wenn Sie einen Boxster S oder 996 in einer coolen Farbe finden mit wenig Laufleistung, ohne Unfälle und der Originallackierung, dann entwickelt sich aus diesen Porsche in den nächsten zehn Jahren ein enorm attraktives Investment. Man kann dieses Auto zu wirklich niedrigen Preisen kaufen und dabei bieten sie einen sehr guten Gegenwert. Sie bekommen einen Cayenne, Boxster und 996 für weniger als 60.000 Euro und haben damit ein Auto für jede Jahreszeit. Ich würde diese Autos sowie den 912 jedem empfehlen, der in die Porsche-Welt einsteigen will. Sie bilden die perfekte Eintrittskarte."
"In den letzten Jahren haben wir eine große Gemeinde auf Instagram gewonnen. Ich wollte den Followern etwas geben, die sich nicht selbst einen Porsche leisten können. Da hat unserer großartiger Fotograf Lorenz seinen Auftritt. Als er sich erstmals bei mir vorstellte, war er gerade 19 Jahre alt, aber ich habe sofort seinen unglaublichen Drive bemerkt. Wir produzieren einige Kunstdrucke von den Fahrzeugen, die wir verkaufen – bald sind sie auf unserem Online-Art Shop erhältlich. Behalten Sie uns im Auge!"