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Dieser Ferrari ohnegleichen verkörpert Luigi Colanis visionäres Design

Manche Künstler suchen Inspiration in der Welt, die sie umgibt wie zum Beispiel urbane Architektur oder die Schönheiten der Natur. Aber für Luigi Colani waren die Möglichkeiten des Planeten Erde zu begrenzt – seine Reise als Designer führte jenseits der irdischen Umlaufbahn.

Befeuert von einer Leidenschaft für Kunst und Design, die einzigartig ist, haben Morton Street Partners diesen außerirdischen Ferrari Testa d` Oro aus seinem zehnjährigen Winterschlaf geholt. Mit ihm zusammen wird an seinen Schöpfer, einen der historisch kühnsten Entwerfer erinnert.

Luigi Colani wurde 1928 in Berlin tatsächlich als Lutz Colani geboren. Seinen liebevollen Spitznahmen erhielt er während der fünfziger Jahre bei der Arbeit mit einem italienischen Hersteller. Die tiefverwurzelte Faszination für Geschwindigkeit und für gutes Design äußerte sich schon als er knapp drei Jahre alt war – es war ein geparkter Mercedes-Roadster mit schlanken Kurven und einer unerreichten Präsenz, der Spuren hinterließ. Aber Colani wollte nicht nur der Automobilwelt seinen Stempel aufdrücken. Im Lauf einer sein ganzes Leben währenden Designkarriere trug er dazu bei, einige typische Alltagsgegenstände zu revolutionieren: Kugelschreiber, Brillen und die eine oder andere Kamera.

Mit genügend Aufträgen im Rücken und einer Vision mit einer klaren Aussage, atmete und lebte Colani mit jeder Faser Autodesign. Geschwindigkeit war in seinen Zeichnungen als geradezu überwältigende Inspirationsquelle spürbar. So begannen auch seine Entwicklungen und Recherchen für den wichtigsten Speed-Laufsteg überhaupt: Die Bonneville Salt Flats, die als topfebene Salzwüste im US-Bundesstaat Utah legendäre Geschwindigkeitsrekorde ermöglichte. Ein gewaltiges Areal, das den mutigsten Fahrern vorbehalten ist. Und Colani hatte genau die Maschine entworfen, um einen neuen Serienfahrzeugrekord aufzustellen: Als Grundlage dieses Projekts diente ein V12 aus Maranello.

Ehe wir uns dem unkonventionellen Antrieb nähern, müssen wir uns unbedingt mit dieser insektenhaften Hülle beschäftigen. Was in einem früheren Leben ein serienmäßiger Ferrari Testarossa gewesen war, wurde durch die neue Karosserie komplett unkenntlich gemacht. Diese Form trägt alle Merkmale von Colanis ikonischer, biodynamischer Designsprache, bis zum Maximum ausgereizt. Der riesige vorstehende Frontsplitter hätte sich vermutlich auch gut als Schneepflug geeignet, aber trotz seiner verrückten Proportionen war die organische Form genau durchdacht hinsichtlich der optimalen Luftströmung. Blickt man durch die gefühlt fussballfeldgroße Windschutzscheibe, entdeckt man eine geräumige und luftige Fahrgastzelle mit leuchtend blauen Motorsportsitzen, die Ferraris eigener glanzvoller Rennsporthistorie entlehnt waren. Einparken stellt zwar nochmal eine ganz eigene Herausforderung dar, aber dafür versammelt man schnell eine bewundernde Menge um sich. Der Testa d´Oro verkörpert einen Aspekt des Autodesigns, der Spielfreude und immense Kreativität widerspiegelt.

Gleich hinter dem Fahrerplatz schlägt das Herz dieses Aliens. Colani hatte sich mit den deutschen Tunern von Lotec Partner gesucht, die zwei Turbolader auf den ursprünglichen Reihenzwölfzylinder montierten und damit die Leistung auf über 750 PS und gut 813 Newton-Meter steigerten. Der Namen „Gold-Kopf“ für den Testa d´Oro kam nicht von ungefähr - die goldene Nockenwellen-Abdeckung und die Wärmedämmung, die den optimierten Motorraum schützten, wurden lange vor dem McLaren F1 entwickelt!

Weil er überzeugt davon war, in Bonneville mit seiner Vision einen neuen Rekord aufzustellen, brachte Colani drei Fahrzeuge mit zu den Salt Flats. Der Testa d´Oro erzielte eine Top Speed von gut 350 Stundenkilometer – ein neuer Rekord für ein mit Katalysator ausgerüstetes Auto.

Er hat so unterschiedlichen Dinge wie Klaviere und Schreibutensilien, Möbel und Ferrari mit seiner Designhandschrift geprägt und belebt und verwirklichte mit dieser Arbeit eine unverkennbare Vision, die Betrachter sowohl entgeistert wie begeistert zurückließ. Der Testa d´Oro ist die perfekte Antithese zu orthodoxen Vorstellungen von Schönheit. Man kann Morton Street Partners in Manhattan nicht genug danken, dass wir nun endlich wieder die Chance bekommen, dieses außerweltliche Design zu würdigen. Oder wie sie es auf den Punkt zusammenfassen: „Deswegen sind Dinge wie der auf ein Ziel fokussierte Testa d´Oro so wichtig, so ursprünglich und zugleich so majestätisch in ihrer kompromisslos entschlossenen Vision. Sie sind ein Stück alternativer Wirklichkeit, die Colani in unsere Welt transportiert hat. Und dieses Alien-Exemplar hat sogar Rekorde gebrochen!“

„Die Möglichkeit, Colanis Denken nachzuvollziehen lässt sich 1971 entdecken, als er sein Manifest „Ylem“ veröffentlichte. Der Titel bezieht sich auf einen Begriff aus der Quantenphysik, der einen Stoff bezeichnet, aus dem alle Materie ihren Ursprung nahm. Diese Schrift war seine Zukunftsvision, seine Designphilosophie und beschrieb zugleich wie er das Leben und die Welt um uns herum sah und wie wir sie verbessern konnten. Colani schrieb seine Gedanken in einem intensiven zweimonatigen Prozess auf, der für mich persönlich seine weitere Arbeit bis zu seinem Tod 2019 umfassend prägen sollte. Er verweigerte stolz jegliche Kompromisse mit seiner Welt des Colani-Designs.“