Der Grund, warum wir uns diesem Exot gerade jetzt widmen: Das Einzelstück kommt bei einer der kommenden Bonhams-Auktion am 18. Mai in Spa Francorchamps zum Aufruf. Der Schätzpreis liegt bei 300.000 bis 400.000 Euro. Eine gute Gelegenheit also, noch einmal in den wilden Tuningjahren der Achtziger zu schwelgen…
Ein Super-Turbo für einen Super-Saudi
Es war ein erfolgreicher Rennwagen der Siebzigerjahre, der es den Elfer-Kunden angetan hatte: der zwischen 1976 bis 1981 auf Basis des Porsche 930 entwickelte 935. Im Gegensatz zum Straßen-Elfer mit seinen emporragenden Frontscheinwerfern besaß der Porsche 935 eine Flache Front, die Scheinwerfer saßen in der Bugschürze. Die aerodynamische Linie gefiel vor allem vielen internationalen Kunden besser als die klassische 911er-Grafik des damaligen „G-Modells“. Porsche bot daher Anfang der Achtziger ab Werk, in seinem gerade eröffnetem Styling-Department Porsche Exclusive, den „Flachbau“ (auch Flatnose oder Slantnose genannt) als Sonderausstattung an. Der Umbau erfolgte meist auf Basis des Porsche 930 – satt der 935-Scheinwerfer in der Stoßstange kamen die versenkbaren Leuchten aus dem Porsche 944 zum Einsatz – und kostete damals fast 40.000 Euro. Vor knapp 30 Jahren war das ein kleines Vermögen.
Einer dieser Flachbau-Kunden war der saudi-arabische Geschäftsmann Mansour Ojjeh. Der Inhaber des Konzerns Technique d’Avant Garde, kurz TAG, und Auftraggeber eines Formel-1-Motorenprojekts (TAG turbo made by Porsche) hatte jedoch einen ganz speziellen Wunsch: Eine identische Straßenversion des erfolgreichen Rennwagens.
Projekt 935 „Street“
Dieser Auftrag stellte die Porsche-Exclusive-Abteilung vor neue Herausforderungen, war der 935 Rennwagen doch weit entfernt von einem Straßenwagen. Als Basis diente eine Porsche-911-Turbo-Karosse (930), in dessen Heck das turbogeladene Renn-Aggregat eines Porsche 934 verpflanzt wurde. Fahrwerk, Bremsen, Räder und Karosserieteile wurden vom 935 übernommen. Am Heck konnte man die ursprüngliche Identität des Flat-Nose-Porsche noch gut erkennen. Einzig für den Ojjeh-Flachbau wurde der Farbton Brilliant Rot gemischt, und auch die Lederfarbe Creme Caramel und das Edelholzfurnier wurden speziell und nur für diesen Porsche gemacht. Es war das bisher aufwendigste Projekt der Sonderwunsch-Abteilung. Die Bestellung soll Ojjeh damals mit folgenden unmissverständlichen Worten komplettiert haben: „Natürlich mit allem Luxus.“
Côte d'Azur statt Wüstenoase
Was Ojjeh für den 550 Positionen umfassenden Umbau – so etwa auch ein zeitgemäßer Hifi-Turm aus dem Hause Clarion und gewaltige BBS-Räder (hinten: 345/35 VR15) – zahlte, ist bis heute nicht überliefert. Schätzungsweise hätte er damals für die gleiche Summe drei Porsche 911 Turbo kaufen können. Die arabische Oase erreichte der Porsche 935 „Street“ übrigens nie, sondern lediglich die Côte d'Azur, wo Mansour und sein Bruder Abdulazis den Exot nur für kurze Ausfahrten bewegten – um allen anderen Sportwagen die Show zu stehlen.
Fotos: Bonhams, Porsche