Bitte erzählen Sie uns erzählen Sie uns etwas über die Geschichte der Broad Arrow Group und wie Sie ins Unternehmen gekommen sind.
Die Broad Arrow Group (BAG) wurde 2021 von erfahrenen Fachleuten aus der Branche gegründet. Ihr erstes vollständiges Geschäftsjahr war 2022, in dem auch ihre erste Monterey Jet Center-Auktion in Pebble Beach stattfand. Anfang 2022 kaufte Hagerty, die Automobil-Lifestyle-Marke und der Spezialversicherer, 40 Prozent der Broad Arrow Group. Später im selben Jahr erwarb das Unternehmen auch die restlichen 60 Prozent und die Broad Arrow Group wurde komplett Teil des Hagerty-Ökosystems, das Dienstleistungen für die Autoliebhaber-Community anbietet.
Ich kannte kenne einige der Teammitglieder der Broad Arrow Group bereits seit Jahren. Ich traf mich mit einigen der Partner Anfang 2023, als das Team in Paris war, und wir beschlossen, unsere Kräfte zu bündeln. Ich mochte die Leute und ihre Herangehensweise an das Geschäft. Sie sind sehr erfahren und wissen, was sie tun. Außerdem konzentrieren sie sich nicht allein auf den Verkauf, sondern sind wirklich daran interessiert, eine gute Beziehung zu ihren Kunden, sowohl Käufern als auch Verkäufern, aufzubauen und zu pflegen und ihnen so einen echten Benefit zu bieten.
BAG ist also an weit mehr als nur an Auktionen beteiligt...
Die drei Säulen des Unternehmens sind Auktionen, Privatverkäufe und Finanzierung. Von Anfang an war es das Ziel, ein globales Netzwerk von Fachleuten zu haben. Wir haben hier in Deutschland ein Büro, einen Showroom für ca. 30 Fahrzeuge. Darüber hinaus auch eine Hebebühne und die Möglichkeit die Fahrzeuge geschlossen zu transportieren. Wenn Leute von der Broad Arrow Group hören, denken sie vielleicht, dass es sich nur ein Auktionshaus handelt. Aber der Bereich Handel und Vermittlung ist fast so groß wie die Auktionsseite. Darüber hinaus bietet unser eigenes Finanzierungsunternehmen Broad Arrow Capital maßgeschneiderte Darlehen und Finanzierungen für qualifizierte, vermögende Kunden an, die durch ihre Sammlerfahrzeuge abgesichert werden.
Wie würden Sie die aktuelle Situation auf dem Markt für Sammlerfahrzeuge beschreiben?
Wir bekommen diese Frage oft gestellt, aber sie ist nicht pauschal zu beantworten. Auf der einen Seite gibt es eine neue Generation von Kunden, die sich für eine andere Art von Autos interessiert: Sportwagen aus den 1980er- und 1990er-Jahren wie BMW M-Fahrzeuge, Ferrari Testarossa und Lamborghini. Für Autos aus den 1950er-Jahren zum Beispiel hegen nicht mehr viele Menschen nostalgische Gefühle; aber es gibt viele Autos, die diesen Bonus auch nicht brauchen, da sie von sich aus glänzen, wie ein BMW 507, ein Mercedes-Benz 300 SL, ein Lancia B24 usw. Eher normale Autos wie eine Standard-Mercedes-Ponton-Limousine sind jedoch schwieriger zu verkaufen.
Jetzt, wo E-Autos stärker in den Markt drängen, stelle ich fest, dass mehr Menschen ältere Fahrzeuge und damit eben Verbrenner fürs Wochenende kaufen, als Spaßmobil oder Spielzeug. Wir erleben auch neue, ungezwungenere Auto-Events wie Sundowners und Cars and Coffees. Die Autos, die wir verkaufen, ermöglichen auch den Zugang zu solchen Veranstaltungen und zur Szene, und das war schon immer ein Teil ihres Reizes.
Worauf kommt es bei der Einlieferung von Sammlerfahrzeugen zur Auktion an und was macht einen guten Mitarbeiter in diesem Bereich aus?
Man muss einfach ein Gefühl dafür entwickeln, was ein gutes Auto ist und was nicht. Das kommt mit der Erfahrung und der Fähigkeit, immer dazuzulernen. Normalerweise und in der Regel liege ich damit auch richtig. Man muss über die nötige Erfahrung verfügen, um zu wissen, worauf es ankommt. Was zum Beispiel bei einem Porsche wichtig ist, gilt vielleicht nicht für einen Bentley aus den 1930er-Jahren.
Man muss auch ein gutes Gespür für Menschen haben, über ein gutes Netzwerk verfügen und wissen, wem man vertrauen kann. Viele Geschäfte werden heute international abgewickelt: Die letzten beiden Autos, die ich verkauft habe, gingen zum Beispiel in entgegengesetzte Teile der Welt, und beide Autos wurden nicht inspiziert. Natürlich hilft auch die moderne Technik - das Versenden von Videos usw. Ein gutes Netzwerk und einen guten Ruf zu haben, ist für einen erfahrenen Oldtimer-Spezialisten wirklich wichtig.
Und was würden Sie unseren jüngeren Lesern raten, die in der Branche arbeiten wollen?
Das Wichtigste für einen jungen Menschen ist, dass er klug und motiviert ist, hart arbeiten will und Autos wirklich liebt. Autos waren schon immer mein Hobby. Wenn man nicht dieselbe Leidenschaft mit unseren Kunden teilt, wird man sich schwer tun das nötige Wissen anzuhäufen. Und dann sind da noch die Dinge, die in jeder Branche wichtig sind: Zuverlässigkeit, Verbindlichkeit, Pünktlichkeit, Präzision etc. Ein Handschlag muss so verlässlich sein wie ein schriftlicher Vertrag. Außerdem ist ein gesundes Verständnis der rechtlichen Anforderungen und Fachwissen in vielen anderen Bereichen erforderlich. Einer der Vorteile der Broad Arrow Group ist, dass wir Spezialisten für verschiedenen Modelle und Marken haben, so dass wir innerhalb des Unternehmens andere Kollegen um Rat fragen können.
Wie lässt sich der Sammlermarkt in den USA mit dem in Europa vergleichen?
Die Mentalität der Käufer ist im Allgemeinen in den USA und in Europa etwas anders, aber es gibt auch lokale Unterschiede in der EU oder sogar innerhalb eines Landes. So sind die US-Käufer manchmal eher bereit, für das perfekte Exemplar einen Aufpreis zu zahlen.
Für den Moment kann ich feststellen, dass der amerikanische Markt für einige Modelle etwas stärker ist. Einige Faktoren wie die hohen Energiepreise und der Krieg in der Ukraine wirken sich stärker auf die europäischen Volkswirtschaften aus als auf die USA. Außerdem ist der US-Dollar stark, und wir verkaufen Autos teilweise zurück in die USA, die vor ein paar Jahren von dort importiert wurden. Schließlich haben wir uns auf seltene und exklusive Autos spezialisiert, die nicht überall leicht erhältlich sind. Wenn sich also das perfekte Exemplar in den USA befindet, können wir es beschaffen und umgekehrt.
Da BAG eines der wenigen Unternehmen ist, das sowohl in den USA als auch in Europa ansässig ist, bieten wir einen großen Vorteil für Kunden von beiden Seiten des Atlantiks.
Welche Autos werden Ihrer Meinung nach in den nächsten Jahren am meisten Aufsehen erregen?
Die Spitzenmodelle der 1980er- und 1990er-Jahre werden weiterhin auf Interesse stoßen. Der Lamborghini Countach und Diablo, der Ferrari F50, Porsche bis zum 997 usw. Meiner Meinung nach sind dies die letzten wirklich analogen Autos, und sie stellen in Bezug auf Gewicht, Handling und Leistung den „Sweet Spot“ für Fahrerautos dar. Ich bin schon viele Autos mit 800 PS gefahren, und die meiste Zeit braucht man Elektronik, um sie auf der Straße zu halten. Ich finde, ein 993 Turbo macht in vielen Bereichen und speziell auf einer öffentlichen Straße viel mehr Spaß als ein moderner Supersportwagen. Bei einigen Modellen gibt es das Problem, dass man bestimmte Elektronik nicht kaufen kann, aber es gibt immer mehr Restaurationsbetriebe, die sich auf diese modernen Autos spezialisiert haben und alternative Lösungen anbieten, also wird auch das besser werden. Wir leben ohnehin in guten Zeiten, da die Herstellung und die Beschaffung von Ersatzteilen für Oldtimer viel einfacher geworden ist.
Ich glaube auch, dass Autos von universeller Schönheit weiterhin an Wert gewinnen werden, wie zum Beispiel die italienischen Klassiker der 1950er- und 1960er-Jahre. Vieles davon hat jedoch mit den Stückzahlen zu tun: Die neueren Autos wurden in größeren Stückzahlen produziert und sind daher nicht so selten. Vom BMW 507 zum Beispiel wurden nicht viele Exemplare gebaut, während ein Z8 zwar ein cooles Auto ist, von dem aber über 5000 Stück entstanden, so dass der Wert nicht in die Millionen gehen kann. Selbst die seltenen Vorkriegsautos mit, wie die 6-Zylinder-Kompressor-Mercedes, werden gut abschneiden, weil sie so selten sind.
Wie hat sich der Anstieg der Wertschätzung für JDM-Autos (Japanese Domestic Market) auf den Sammlermarkt ausgewirkt? Negativ auf die Werte zeitgenössischer europäischer Autos? Oder ist die Nachfrage so groß, dass das keine Rolle spielt?
In den meisten Fällen handelt es sich um einen völlig anderen Kundenstamm. Die Käufer, die sich für einen Toyota Supra interessieren, haben häufig nicht unbedingt Interesse an einem Ferrari 308. Die meisten Menschen hier in Deutschland interessieren sich für europäische Autos, aber es gibt eine wachsende Gruppe –z.B. Fans von Fast and Furious und Gran Turismo – die sich für japanische Autos begeistern, aber sie ist in Deutschland nicht so groß wie in den USA.
Der Toyota 2000 GT und der Lexus LFA sind wirklich tolle Autos. Wir hatten kürzlich einen 2000 GT hier und ich konnte das Modell zum ersten Mal richtig kennenlernen. Er ist schön, er ist solide gefertigt und er fährt sich wirklich gut. Die Werte spiegeln das bereits wider, und wir haben gerade ein Exemplar von hier aus vermittelt und weiteres bei unserer Jet Center-Auktion in Monterey verkauft. Das Gleiche gilt für den Lexus LFA. Wir sehen bereits sehr hohe Preise für Skylines und Supras, aber ich denke, dass sie letztlich einfach nicht so exklusiv sind wie die Lambos und Ferraris. Viele JDM-Sportwagen basieren auch auf eher unauffälligen Autos, und wenn man drinsitzt, kann man den Unterschied spüren. Das Interieur ist in der Regel viel weniger speziell, aber sie fahren sich großartig. Auch das ist alles eine Frage des persönlichen Geschmacks. Und jeder soll das Fahren was er mag. Ich bin da ganz entspannt und denke wir als Community sollten da offen sein.
Welche Modelle würden Sie derzeit als „Schnäppchen“ bezeichnen? Was sollten unsere Leser kaufen, bevor es zu spät ist.
Ich denke, dass der Ferrari 308 GTS immer noch ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bietet, er ist einfach ein sehr gutes Gesamtpaket. Der E34 BMW M5 Touring ist auch ein wirklich cooles Auto, und ich persönlich mag viele der kleinen italienische Autos und schönen Karosserien, wie das Lancia Appia Coupé, das Flaminia Cabrio oder die Fiats mit Vignale-Karosserien. Sie sind klassisch schön und sehr selten, aber auch recht preiswert. Ein weiterer Favorit von mir ist der Maserati Khamsin. Es gibt nicht mehr viele Exemplare in einem guten Zustand, doch mit seinem Design, dem leistungsstarken Motor und den sehr geringen Produktionszahlen ist er ein Highlight für jedes Treffen.
Und schließlich: Glauben Sie, dass der Rekord des Uhlenhaut-Coupés in nächster Zeit bei einer Auktion gebrochen wird?
Ich bezweifle das. Ich erinnere mich an eine Unterhaltung in einer Hotelbar mit einigen Bekannten vor vielen Jahren. Es ging darum, welches das teuerste jemals verkaufte Auto sein würde, und die meisten von uns nannten eines der beiden Uhlenhaut-Coupés, wenn diese denn mal verkauft würden. Damit hätten wir allerdings auch nie gerechnet. Ein großer Pluspunkt ist, dass der Wagen direkt aus der Fabrik kam, so dass es keinen Zweifel an seiner Herkunft gibt.
Aber auch wenn viele Leute immer gerne von Rekordpreisen und Trends sprechen, rate ich unseren Kunden immer, das zu kaufen, was Ihnen gefällt. Die größte Rendite, die man mit einem Klassiker erzielen kann, ist das Lächeln, das er pro Kilometer erzeugt. Und es geht auch um die Menschen, die Sie durch Ihre Autos kennen lernen werden. Es gibt nur wenige Dinge, die weltweit so positiv besetzt sind wie schöne Autos Sammlerautos. Egal, wo Sie sind, Sie werden Menschen finden, die sich für Autos interessieren. Vielleicht stößt nur der Fußball auf ein ähnlich großes, allgemeines Interesse.
Und nicht zuletzt machen Autos Spaß und sind leicht zugänglich. Man kann einfach einsteigen und den Kopf frei bekommen. Abgesehen vom Kauf des Autos ist der Aufwand im Vergleich zu anderen Hobbys recht niedrig. Wenn man zum Beispiel segeln will, braucht man eine Menge Training, aber ein Auto kann man vom ersten Moment an genießen.
Fotos von Keno Zache
