Der Ferrari 250 GT erschien in einer Reihe von Varianten für unterschiedliche Einsatzzwecke – mit den Extremen Rennstrecke oder genussvoller Fahrt entlang der französischen Riviera. Der 250 GT/L Berlinetta, oft auch als „Lusso“ bezeichnet, stand zwischen den sportlicheren Modellen und den größeren Luxuswagen von Ferrari und war zugleich das letzte straßenzugelassene Modell der 250 GT-Reihe. Wir alle sind uns einig, dass Pininfarina mit dem 250 GT Lusso sein vielleicht größtes Werk vollbracht hat. Er gilt bis heute als eines der elegantesten Designs, die je das Abzeichen des Cavallino Rampante trugen. Die geschwungenen Linien und die gewölbte, elegant in das Fastback-„Kamm“-Heck übergehende Heckscheibe, zeugen davon. Viele Profi- und Hobby-Designer würden damals wie heute zustimmen, dass es nicht eine einzige Sicke oder Niete gibt, die sie am rundum perfekten Design ändern würden. Aber das hat einige Stilisten nicht davon abgehalten, Modelle wie dieses von Fantuzzi modifizierte Exemplar zu schaffen. Das Elemente des GTO und des 330 LMB zitiert.
Der 250 GT Lusso wies bereits alle Merkmale eines Klassikers auf, als er 1962 zunächst als Prototyp erschien. Angetrieben wurde er von Ferraris glorreichem Colombo-V12 mit einer einzigen obenliegenden Nockenwelle pro Zylinderreihe, der mit seinen 240 PS den Wagen bis auf eine Spitze von 240 km/h trieb. In Kombination mit dem vollsynchronisierten Viergang-Getriebe war der GT/L dennoch eher für schnelle Langstrecken-Touren auf öffentlichen Straßen als für den Motorsport gedacht. Was ein italienisches Privatteam nicht davon abhielt, mit ihrem Lusso bei der Targa Florio von 1964 den 13. Platz im Gesamtklassement zu erringen.
Die Geschichte dieses Exemplars mit Chassisnummer 4383 ist so interessant wie verschlungen. Es ist das 16. aus einer Serie von nur 350 gebauten Lusso, wurde am 20. März 1963 in Maranello komplettiert und war ursprünglich in Grigio Argento (Silber) über einem Interieur mit schwarzem Connolly-Leder lackiert. Am 4. April lieferte Ferrari den Wagen an seinen offiziellen Händler Società Italiana Veicoli Agriculturali e Motori in Bologna, der ihn nur fünf Tage später für die stolze Summe von 5.750.000 Lire an den Erstbesitzer Luciano Pederzani verkaufte. Er und sein Bruder Gianfranco hatten 1961 das Tecno Racing Team gegründet. Anfangs für Einsätze im Kart-Sport, um ab 1966 zu einem der erfolgreichsten Hersteller von Formel-3-Monoposti aufzusteigen. Kein Geringerer als der spätere Ferrari-Formel-1-Werksfahrer Clay Regazzoni errang 1967 seinen ersten bedeutenden Sieg auf einem Tecno F3.
Der 250 GT Lusso blieb bis 1965 in seinem Originalzustand, ehe man ihm einen aktuelleren 250 GT Lusso-Motor (5193 GT) einpflanzte. Als nächstes wandte sich Pederzani an jenen Mann, der seine Rennwagen entwarf und bat ihn, auch seinen Lusso teilweise neu zu gestalten. Glücklicherweise war sein Designer kein gewöhnlicher Zeichner, sondern der in Modena tätige Ex-Ferrari-Rennwagenkonstrukteur Medardo Fantuzzi. Er modifizierte die Karosserie so, dass sie der des reinen Rennwagenmodelle 330 LMB ähnelte. Zu den Modifikationen zählten ein kleinerer, abgerundeter „Eierkarton“-Kühlergrill, eine geteilte anstelle der sonst üblichen durchgehenden Stoßstange und weiter nach hinten gerückte Scheinwerfer mit Plexiglasabdeckungen.
1968 wurde der Lusso nach New York exportiert, von wo aus er fünf Jahre später nochmal den Besitzer wechselte. 1976 ließ sein neuer Owner aus Texas über dem Kühlergrill drei Luftschlitze im Stil des 250 GTO sowie ebenfalls vom GTO inspirierte Entlüftungsöffnungen hinter den hinteren Radkästen anbringen. Zugleich lackierte er den Lusso nun in Rot über einem braunen Lederinnenraum. Nachdem er 28 Jahre lang im Sonnenparadies Hawaii verbracht hatte und 2005 zunächst aufs amerikanische Festland zurückkehrte – und dort drei Mal infolge bei der Monterey Car Week glänzte – landete der Lusso 2011 schließlich in Großbritannien. Wo DK Engineering eine vollständige Restaurierung nach Concours-Standard durchführte.
Die Originalgussformen und -zeichnungen wurden dabei maßstabsgetreu nachgebildet, um die einmalige Karosserie authentisch zu gestalten. Der Wagen begeisterte im Anschluss bei vielen Concours-Veranstaltungen in Großbritannien durch sein einzigartiges Fantuzzi Design und seine wirklich einzigartige Geschichte. Dieses Paradebeispiel großer italienischer Karosseriebaukunst kommt am 12. Juni bei der Auktion von RM Sotheby's in Cliveden House unter den Hammer. Zusammen mit einer Fülle von weiteren atemberaubenden Ferrari, von denen dieser Lusso nur einer, aber einer der Grandiosesten, ist.
Mit einem Schätzpreis von 5.000.000 bis 6.000.000 £ dürfte dieser Ferrari 250 GT SWB Berlinetta aus dem Jahr 1960 der herausragende Auktionsgegenstand sein. Er hat ein sechs Jahrzehnte langes Leben geführt, in dem er sowohl auf der Rennstrecke als auch auf offener Straße viel Freude hatte und zahlreiche Siege in historischen Rennen vorweisen konnte Motorsportveranstaltungen in ganz Europa. Jetzt ist es in einwandfreiem Zustand und stellt eine wunderbare Gelegenheit dar, eine der großartigsten Straßen- und Rennstreckenmaschinen von Ferrari zu erwerben. Schauen Sie sich dieses und die anderen Lose im RM Sotheby's Sale hier an.