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Mythos Bentley Continental: Die Evolution der Eleganz

Der neue Bentley Continental GT gilt als Ikone der zeitgenössischen Sportwagenform – dabei geht seine Design-DNA auf den Bentley R-Type Continental von 1952 zurück. Wir haben Stilpatriarch und Erbe in Berlin zur Familienaufstellung gebeten.

England zu Beginn der 1950er Jahre: Die Schatten des Krieges sind verzogen, die zivile Wirtschaft erwacht zu neuem Leben. Es wird Geld verdient, Geld ausgegeben – und die britische Hautevolée frönt an der französischen Riviera ihrer wieder erlangten Freiheit. Für die „Grand Tour“ ans Mittelmeer ist den Eliten allerdings nur ein Auto gut genug: Der Bentley R-Type Continental, dank seiner mondänen Ausstattung das teuerste Automobil der Welt. Mehr als 7.600 Pfund Sterling legt man für den eleganten „Long Distance Tourer“ auf den Tisch – übertragen in heutige Zeit gut eine halbe Million Euro. Den britischen Geldadel kann das freilich nicht schocken, und auch jenseits des Ärmelkanals zücken Giovanni Agnelli, Aristoteles Onassis, Stavros Niarchos, Laurence Rockefeller und der Aga Khan reflexartig ihre Scheckbücher.

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Mit dem Bentley R-Type beginnt 1952 eine neue Ära – doch erst die von H.J. Mulliner in London entworfene Continental-Version mit ihrer leichten, schlanken, langgezogenen Aluminium-Karosserie im aerodynamischen Fastback-Design bringt Bentley auch den stilistischen Durchbruch. Heute gilt der erste Continental als wichtigster Nachkriegs-Bentley, das Automobile Magazine zählt ihn sogar zu den 25 schönsten Automobilen aller Zeiten – und auch nach fast 60 Jahren trägt der neueste Bentley Continental GT, Modelljahr 2012, noch die Linien des Klassikers. Eigentlich, so muss man anmerken, war jeder klassische Bentley ein „Continental“, da Firmengründer W.O. Bentley und seine Nachfolger neue Modelle stets über den Kanal nach Kontinentaleuropa verschifften, wo man im Gegensatz zu England noch lange, gerade und vor allem leere Straßen finden konnte. Diese kontinentalen Testfahrten prägten den Charakter der Automobile – schließlich wurde der Name Bentley ein Synonym für äußerst sportliche Reisewagen, mit denen man auch große Strecken überwinden konnte, ohne Einschnitte beim Komfort fürchten zu müssen.

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Der Genauigkeit halber sei dennoch angemerkt, dass man bei Bentley unter einem „Continental“ eben jene zweitürigen, viersitzigen Modelle verstand, die sich gegenüber den Limousinen durch höhere Leistung auszeichneten: Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 120 Meilen pro Stunde (rund 190 km/h) war der Bentley R-Type Continental der schnellste Viersitzer seiner Zeit. Der Rennfahrer Ken Wharton kommentierte begeistert: „Das ist vielleicht die beste Maschine, die ich jemals auf einer Straße fahren durfte. Was mich am meisten fasziniert, ist die Tatsache, dass man mit 90 Meilen dahinfegt und der Drehzahlmesser gerade einmal 3.000 Touren anzeigt.“ Die einzigartige Verbindung von souveräner Schnelligkeit und höchstem Komfort brachte dem Continental mit seinem 4,5 Liter Reihensechszylinder schnell den Namen „Fliegender Teppich“ ein. Auch heute wird Bentley dem Anspruch gerecht: Mit 318 km/h Spitze ist der neue Continental einer der schnellsten Grand Tourer der Welt – allerdings mit doppelt so vielen Zylindern.

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Gebaut wurde der R-Type Continental bei der Karrosserie-Manufaktur H.J. Mulliner in London, wo dem stählernen „Rolling Chassis“ seine Aluminium-Hülle aufgesetzt wurde. Auch andere europäische Carrossiers wie Park Ward aus London, Franay aus Paris, Graber aus der Schweiz und Pinin Farina aus Italien kreierten im Auftrag solventer Kunden einzigartige Karrosserien für den Continental, doch mit 208 Exemplaren stell Mulliner den Löwenanteil. Die grandiose Linie wurde zusammen mit dem Rolls-Royce-Designer John Blatchley entwickelt und – gemäß dem Zeitgeist – im Windkanal optimiert: So sind das Fastback-Heck und die dezenten Heckflossen nicht nur ästhetisch, sondern auch aerodynamisch ein Quantensprung. Doch vor allem die Silhouette mit ihren an Bugwellen erinnernden Radhäusern prägte Automobildesigner für Generationen. Als Bentley-Designchef Dirk van Braekel im Sommer 1999 mit der Arbeit an einem neuen Continental-Modell für das neue Jahrtausend begann, war der Klassiker von 1952 die wichtigste Referenz.

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Dabei ging es nicht um eine bloße Wiederauflage der alten Form. „Ich habe stets betont“, so van Braeckel damals, „dass ich nichts von Retro-Design halte. Es wäre der falsche Weg gewesen, einen R-Type Continental über 50 Jahre hinweg in die Gegenwart zu transportieren.“ Vielmehr ging es um die Identifizierung jener Stilelemente, die dem Wagen einst seinen unverwechselbaren Charakter verliehen. Und tatsächlich fiel der stilistische Vaterschaftstest, als der neue Bentley Continental GT auf dem Pariser Salon 2002 das Licht der Welt erblickte, auf den ersten Blick positiv aus: Die runden Doppelscheinwerfer, die zarte, von den Vorderrädern ausgehende Feature Line, der schwungvoll ausgestellte Hüftschwung, die großzügige Fensterpartie, das elegante Fastback und der Verzicht auf einen dominanten Spoiler waren subtil gesetzte, aber dennoch deutliche Reminiszenzen an den Ur-Continental. Van Braeckel war mit dem Coupé ein grandioser Erfolg gelungen, und schon bald konnte man sich zwischen Kensington und Beverly Hills mit keinem anderen Luxuswagen mehr sehen lassen. Neun Jahre und 46.000 verkaufte Modelle später kommt nun die zweite, feinfühlig modernisierte Generation des Bentley Continental GT auf die Straße.

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Ein guter Grund, um zum Treffen der Generationen nach Berlin zu laden. Als angemessene Kulisse dient uns die ehrwürdige Museumsinsel, auch wenn hier Anfang der 1950er Jahre, unter sowjetischer Besatzung, wohl nur wenige britische Luxuslimousinen defilierten. Unser rauchgrüner Bentley R-Type Continental, vertrauensvoll zur Verfügung gestellt von Klassiker-Händler E. Thiesen aus dem Berliner Meilenwerk, ist ein außergewöhnliches Exemplar: Einer von nur 43 Continental mit Linkslenkung, das erste Modell mit Automatik-Getriebe – und wahrscheinlich der einzige Bentley mit Krokodilleder-Ausstattung ab Werk (kling abwegig, ist aber wunderschön anzusehen)! 1954 gebaut, wurde der außergewöhnliche Wagen nach San Francisco verschifft, er verbrachte auch den Großteil seines Lebens auf kalifornischen Straßen. Glücklicherweise – und entgegen amerikanischer Tradition – wurde er jedoch nie auf Hochglanz restauriert, sondern immer nur fachkundig erneuert, was dem Wagen eine wunderbar patinierte Aura verleiht.

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Neben dem gewaltigen Klassiker wirkt der brandneue, gletscherweiße Bentley Continental GT mit seinen LED-Leuchten und Carbon-Elementen noch ein wenig futuristischer. Dabei ist es Dirk van Braeckel und seinem Team gelungen, den generationsübergreifenden Continental-Charakter und die Design-DNA noch schärfer heraus zu arbeiten. Die im neuartigen Superform-Verfahren produzierten Aluminium-Kotflügel etwa sind nun noch stärker konturiert, der steilere Matrix-Kühler und die neu angeordneten Scheinwerfer nähern sich ebenfalls der klassischen Form. Im Innenraum sind die direkten Parallelen rar – wo man im R-Type auf Clubsesseln thront, über eine endlos wirkende Haube blickt und höchstens einen Gin Tonic auf dem Silbertablett vermisst, sitzt man im neuen GT mit seinen ergonomischen Cobra-Sesseln freilich näher am Asphalt – und angesichts des neuen 30-GB-Infotainment-Systems mit großem Touchscreen auch näher am Puls der digitalen Zeit. Die Qualität, mit welcher in beiden Bentley-Modellen die Hölzer, Leder, Metalle und hochflorigen Teppiche verarbeitet sind, ist jedoch ähnlich eindrucksvoll.

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Das Fahrerlebnis ist im Continental GT freilich ein anderes: Mit seinen 575 PS und der legendären Drehmoment-Welle von 700 Nm springt das Coupé bei Bedarf – und trotz der gewaltigen Komfort-Ausstattung – in 4,6 Sekunden auf 100 km/h. Man fährt, wenn auch sehr distinguiert, eine scharfe Waffe. Der R-Type Continental stammt dagegen aus einer Zeit, als auf den Autobahnen noch nicht der Straßenkampf ausgerufen war und man in Europa beschwingt und guter Dinge über weitgehend leere Landstraßen brauste. Wer andere Automobile aus den Fünfzigerjahren kennt, ist jedoch verblüfft, wie zuverlässig der Motor anspringt, wie präzise die Automatik schaltet und wie leicht sich der Wagen durch Berlin dirigieren lässt. Tatsächlich fährt sich das 2,8 Tonnen schwere Schiff deutlich kompakter, als es ist. Und sogar auf die Bremsen ist Verlass. Zu seiner Zeit muss dieses Fahrgefühl eine Sensation gewesen sein. Wie sagte man einst so schön: A true gentlemans express. Das Kompliment geben wir auch an den Enkel weiter – wer schnell, komfortabel und stilvoll den Kontinent bereisen will, kommt noch immer nicht am Bentley Continental vorbei.

Unser Bentley R-Type Continental kann bei E. Thiesen im Berliner Meilenwerk erworben werden. Den genauen Preis erfahren Sie auf Anfrage. Und auch den neuen Bentley Continental GT finden Sie im Classic Driver Automarkt – z.B. bei Bentley Hamburg oder Bentley Düsseldorf.

Text & Fotos: Jan Baedeker