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Classic Driver und Flitzer feiern Gran Futurismo im E-Werk Berlin

Vor 100 Jahren als Umspannwerk erbaut, entwickelte sich das ikonische E-Werk in den 1990er Jahren zum Hotspot der Berliner Technoszene. Bevor das Kulturerbe sein nächstes Kapitel schreibt, luden Flitzer und Classic Driver zu einer Reise durch die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Automobils.

Selbst in Berlin, wo um Straßenecke der Wind der Geschichte weht, ist das alte Industriegebäude E-Werk ein ganz besonderes Wahrzeichen, das wie kein anderes vom Wandels der Stadt erzählt. Das zwischen 1924 und 1928 nach Plänen des einflussreichen Architekten Hans Heinrich Müller erbaute Umspannwerk Buchhändlerhof – wie der expressionistische Backsteinbau damals genannt wurde – deckte den schnell wachsenden Strombedarf der Metropole. Das Kraftwerk beleuchtete die Straßenlaternen «Unter den Linden» und versorgt das schnell wachsende S-Bahn-Netz mit Strom. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das stark beschädigte Umspannwerk nahe des „Checkpoint Charlie“ restauriert und als Kraftwerk Mauerstraße unter sowjetischer Führung betrieben, bis es in den 1980er Jahren aufgegeben wurde.

Nach dem Fall der Berliner Mauer nutzte die aufkommende Techno-Subkultur viele der verlassenen Industriegebäude der Stadt für Partys – und natürlich waren die kirchenähnlichen Hallen des Umspannwerks prädestiniert für die Verehrung der neuen „Rave-Götter“ wie DJ Westbam und Paul van Dyk. Im Jahr 1992 öffnete ein dauerhafter Techno-Club namens „E-Werk“ seine Türen – zumindest für die wenigen Glücklichen, denen Zutritt gewährt wurde. Bald galt das E-Werk als Hot Spot der elektronischen Musikszene – ein hedonistisch-ausgelassenes Studio 54 der Rave-Generation. Doch der Wandel der Stadt ging schnell voran, freie städtische Räume mussten Immobilienprojekten weichen und 1997 gingen im „E-Werk“ zum allerletzten Mal die Lichter aus. Nach zwei Jahrzehnten als kommerzieller Veranstaltungsort soll das Kulturerbe nun sein nächstes Kapitel schreiben – und zu seinen industriellen Wurzeln zurückkehren: In einigen Monaten wird Bugatti Rimac mit seinem Designstudio in die heiligen Hallen der Elektrifizierung und der elektronischen Musik einziehen und Hypercars für die Zukunft entwickeln.

Vor Beginn der Renovierungsarbeiten gaben Bugattis Designdirektor Achim Anscheidt und Chief Exterior Designer Jan Schmid unserem Freund Dirk Rumpff von Flitzer und uns freundlicherweise die Möglichkeit, das ikonische Gebäude für eine besondere Nacht zu übernehmen. Zumindest einige von uns haben Mitte der 1990er Jahre unvergessliche (aber schwer zu rekonstruierende) Nächte auf der Tanzfläche verbracht – daher war die Gelegenheit, mit einer Ausstellung avantgardistischer Autos ins E-Werk zurückzukehren, einfach zu schön, um sie sich entgehen zu lassen. Und so haben wir uns schnell den Arbeitstitel „Gran Futurismo“ ausgedacht, ein lockeres Gesprächsprogramm über die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Automobils zusammengestellt und unsere Freunde gebeten, ihre Garagen zu öffnen und uns für ein paar Stunden ihre futuristischsten Klassiker auszuleihen.

Wir hatten nur ein paar Wochen Zeit, aber die wunderbare Flitzer-Community unterstützte die Idee der Veranstaltung von Anfang an tatkräftig. Und als am Samstagabend die Musik zu spielen begann und unsere ersten Freunde eintrafen, standen in der riesigen Haupthalle des E-Werks bereits einige der innovativsten, futuristischsten und ausgefallensten Sportwagen ihrer Zeit: BMW Classic hatte für „Gran Futurismo“ tatsächlich das überirdische BMW Turbo-Konzept nach Berlin gebeamt – und das von Paul Bracq zur Feier der Olympischen Sommerspiele 1972 entworfene flügeltürige, flammenfarbene Keilwunder war sicherlich das außergewöhnlichste Auto des Abends. Wäre das UFO 30 Jahre früher auf der Tanzfläche aufgetaucht, die Tänzer hätten sicherlich ihre Partypillen für diese unwirkliche Vision verantwortlich gemacht.

  

Direkt neben dem BMW standen zwei legendäre Sportwagen, die Marcello Gandini zur gleichen Zeit für Bertone entworfen hatte – ein hellblauer Lamborghini Espada und ein wunderschöner Maserati Khamsin, der kürzlich bei der Khamsin-Tour zum 50-jährigen Jubiläum mit dem Titel „Best of Show“ ausgezeichnet wurde. Ein weiteres Highlight war sicherlich der orangefarbene Lamborghini Miura, der von seinen japanischen Besitzern nach „Jota“-Spezifikationen umgebaut wurde. 

Darüber hinaus gab es einen beeindruckenden Bizzarrini 5300 GT zusammen mit einer Ausstellung von Originalzeichnungen, einen leichten Abarth 750 Sestriere, der in dem riesigen Raum noch winziger wirkte, und eine äußerst elegante Citroën DS Décapotable. Unterdessen gewährte Thomas Marecki vom Lodown Magazine mit seinem elektrifizierten Lotus Esprit Restomod einen Blick in eine mögliche Zukunft der Autoklassiker.

Das Gesprächsprogramm begann mit einer Einführung von Clemens Kahlcke alias DJ Clé vom Elektro-Pop-Duo Märtini Brös, der in den 1990er Jahren als Resident-DJ im E-Werk tätig war und schöne Erinnerungen und Anekdoten mitbrachte – wie die Freunde das verlassene Gebäude entdeckt hatten, Ordnung in das Durcheinander im Inneren brachten, wie sie am Eröffnungsabend die Plattenteller übernahmen, während die Menge ekstatisch zum Takt tanzte. Nachdem Clé die Bühne bereitet hatte, übernahm Dr. Stephan Sigrist von The W.I.R.E. in Zürich die Bühne für eine aufschlussreiche und unterhaltsame Keynote über die Suche nach einer wirklich intelligenten Mobilität des 21. Jahrhunderts jenseits von Hypes und Ideologien. Seiner Meinung nach liegt in der Übernahme von Traditionen der Schlüssel zu einer nachhaltigen Transformation des Transportwesens. Über Stephans Arbeit und Schlussfolgerungen werden wir demnächst ausführlicher berichten. 

Gleich im Anschluss übernahm Achim Anscheidt das Mikrofon und begab sich auf eine Reise durch die Geschichte Bugattis – von den Anfängen bis heute. In wenigen Monaten wird Bugatti Rimac mit seinem Designstudio in das Gebäude einziehen und das nächste Kapitel in der Geschichte der Elektrifizierung schreiben, die vor 100 Jahren in diesem Gebäude begann. Das Publikum hörte besonders gespannt zu, als Achim einige der Projekte vorstellte, an denen das Team arbeiten wird – aber das kann hier leider noch nicht verraten werden.

Als die Musik langsam verstummte und die letzten Gäste in die Nacht davonfuhren, standen wir noch einmal in der Mitte des Hauptsaals, umgeben von den Geistern der Geschichte und voller Vorfreude auf das, was kommen wird. Vielen Dank an Jan Filip Schmid, Achim Anscheid, Dirk Rumpff und die gesamte Flitzer-Crew sowie BMW Classic für diesen unvergesslichen Abend. Und wie jeden Montag nach einem tollen Abend im E-Werk denken wir schon jetzt: Das sollten wir bald noch einmal machen!

Fotos: Błażej Żuławski