Pininfarina im Aerodynamik-Fieber
Wir schreiben das Jahr 1960. Die 42. Ausgabe der International Turin Motor Show steht vor der Tür und Pininfarina ist im Aerodynamik-Fieber. Neben dem Pininfarina X - einer skurrilen, viersitzigen Limousine mit einem Cw-Wert von 0,20 - präsentiert die Carrozzeria einen Monoposto-Stromlinienwagen, der im Auftrag von Fiat-Abarth entstanden ist und so wenig Angriffsfläche bietet, dass ihn vermutlich nicht einmal ein Radar erfassen könnte. Doch damit nicht genug: Neben diesen beiden Aerodynamik-Highlights debütieren in Turin auch der Ferrari 410 Superamerica und elf weitere Designs aus dem Studio von Pininfarina.
Bei der Premiere schon ein Star
Als der Stromlinienwagen im November 1960 dem Messepublikum vorgestellt wird, ist er bereits ein mehrfacher Rekordhalter auf der Langstrecke. Schon 1957 hatte Abarth mit dem von Pininfarina gestalteten und im Windkanal der Technischen Hochschule von Turin erprobten Abarth 750 zahlreiche Rekorde aufgestellt. Der 510 Kilogramm leichte Prototyp wurde von einem auf 747 Kubikzentimeter aufgeborten, mittig platzierten Vierzylinder aus dem Fiat 600 angetrieben und brachte es damit auf 218 km/h. Der neue Rekordwagen von 1960 hat ebenfalls einen Vierzylinder-Mittelmotor an Bord, allerdings mit knapp 1.000 Kubikzentimetern Hubraum. Der Motor leistet immerhin 105 PS bei 8.000 Touren. Die Kraftübertragung erfolgt per Vier-Gang-Schaltung und Heckantrieb.
Spektakulär ist vor allem die Form des Abarth Monoposto. Der höchste Punkt misst nur 1,2 Meter - und mit 1,55 Metern Breite und 4,56 Metern Länge war der Rekordwagen sehr schmal gebaut, um dem Fahrtwind möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten. Nachdem der Monoposto zunächst im Autodrom von Monza vorgestellt worden war, folgte eine Rekordfahrt nach der anderen. Die Zahlen lasen sich spektakulär: 10.000 Kilometer mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 191,376 km/h. Oder 72 Stunden bei 186,687 km/h.
Nach Jahren wieder aufgetaucht
Der heutige Besitzer des Rekordwagens gewährte dem Automobilfotografen Piotr Degler exklusiv Einlass in seine private Garage, wo die Aerodynamik-Legende seit vielen Jahren in ihrer ganzen Pracht ruht. Er erzählte ihm, dass der Abarth seit seinen Rekordfahrten nicht mehr antrat, geschweige denn restauriert wurde. Heute zieren sogar noch die Orignalaufkleber den silbernen Lack. Nur zu gerne würden wir die Pininfarina-Flunder bei einem der kommenden Concours d'Elegance wiedersehen.
Fotos: Degler Studio ([email protected])