Der Rallyesport war die Geburtsstätte vieler verrückter und wunderbarer Auto-Kreationen. Vom durchdringenden Heulen des 5-Zylinder-Turbos im Audi Quattro bis hin zur aus dem Weltall stammenden Aerodynamik des Lancia Stratos – das sich häufig ändernde Regelwerk führte oft dazu, dass die Hersteller die absoluten Grenzen dessen ausloteten, was als wettkampftauglich und noch legal angesehen werden konnte.
Vom ersten Tag an, um genau zu sein ab 1962, war der französischen Plastikflunder Alpine A110 eine Kariere im Rallyesport in die Wiege gelegt. Dank der ultraflachen Karosserie und radikaler Leichtbaukonstruktion avancierte das Kunststoff-Coupé aus Dieppe schon bald zum Favoriten auf Klassen- und spätestens ab den frühen 70er-Jahren auch Gesamtsiege. 1973 gewann Alpine dann bekanntlich als Höhepunkt die erstmals ausgeschriebene Rallye-WM.
Alpine bot neben dem absolut serienmäßigen A110 zwei Varianten für Motorsporteinsätze an: eine für die Gruppe 4 und eine weitere für die seriennähere Gruppe 3. Dieses Exemplar mit Chassisnummer 18223 wurde für die letztere gebaut und verließ, damals noch in Orange. am 24. November 1972 das Werk in Dieppe. Erster Kunde war Marc Gatez aus Besançon. Um für Rallyeeinsätze gerüstet zu sein, stattete Alpine den vom 1605 ccm großen Motor aus dem R17 angetriebenen Hecktriebler mit einem Überrollbügel, einem Stromkreisunterbrecher, Schalensitzen und Renngurten, einer beheizbaren Windschutzscheibe und - vielleicht am wichtigsten - einem kürzeren Getriebe aus.
Während trotz penibler Recherche von Alpine-Archivisten nicht geklärt werden konnte, ob Jaques Henry, der französische Rallyemeister der Jahre 1974 und 1975, mit dieser oder einer anderen Alpine an der Rallye Monte Carlo von 1973 teilnahm, ist gesichert, dass der Pilot aus Lure (Département Haute-Saône) mit der hier gezeigten und weiterhin Orange lackierten Flunder an der 73er-Ausgabe der Rallye Stuttgart-Lyon-Charbonnières teilnahm. Und dort nicht nur den siebten Rang im Gesamtklassement belegte, sondern auch souverän die Gruppe-3-Wertung gewann. Dabei ließ er unter anderen den späteren Weltklassepiloten Bruno Saby, der auf einer weiteren Alpine A110 auf P10 und P2 in der Gruppe 3 einlief, hinter sich. Ebenso wie einen gewissen Walter Röhrl mit Co-Pilot Jochen Berger, der auf einem Opel Ascona 1.9 SR als Elfter ins Ziel kam!
Das heute in Alpinblau mit leuchtend orangefarbenen Aufklebern lackierte Auto ist bereit, bei den zahlreichen historischen Rallye-Veranstaltungen, die im Jahr 2024 auf der ganzen Welt stattfinden, erneut an den noch einmal an den Start zu gehen. Da die Preise für Lancia, Renault 5 und frühe Ford Escort keine Anzeichen für eine baldige Senkung zeigen, denken wir, dass auch die Alpine genossen und in sie investiert werden sollte. Dieses Exemplar dürfte einen Verkaufspreis zwischen 120.000 und 150.000 Euro erzielen, wenn es bei der kommenden Auktion von Osenat auf der Epoqu'Auto 2023 in Lyon am 12. November unter den Hammer kommt.