Der Austin Healey , und ganz speziell der „große“ Healey, gehört zu jenen Autos, die mehr Anerkennung verdient gehabt hätten, als es tatsächlich der Fall war. Der „Werks“ Big Healey allein ist Beleg genug, um zu zeigen, welche gewichtige Rolle diese Modelle im Motorsport der 60er-Jahre gespielt haben.
Fahrkönnen und technisches Wissen sind eine todsichere Kombination. Und Donald Healey (1898-1988) verfügte über beides. Im ersten Weltkrieg diente er in Anti-Zeppelin-Einheiten und war Flugtrainer. Nachdem er bei einem der ersten nächtlichen Bombereinsätze des Krieges von der britischen (!) Flugabwehr getroffen worden war und nach weiteren Unfällen verließ er das Royal Flying Corps im November 1917. Die restlichen Monate des Krieges verbrachte er dann mit der Wartung von Flugzeugen am Boden. Nach Einstellung der Kampfhandlungen kehrte er in seine Heimat Cornwall zurück, machte ein Fernstudium zum Automobilingenieur und eröffnete 1920 eine Werkstatt in seinem Geburtsort Perranporth.
Seine Liebe gehörte aber vor allem dem Motorsport, zumal ihm schnell klar wurde, dass er auch hinter dem Lenkrad ziemlich gut war. 1931 gewann Healey auf einem 4 ½ Liter Invicta die Rallye Monte Carlo. Seine Talente waren bald sehr gefragt, und so verkaufte er die Werkstatt, um nach einem kurzen Zwischenspiel bei Riley bei Triumph anzuheuern. Dort stieg er schnell zum Technischen Leiter auf. In dieser Funktion war er für die Entwicklung aller Triumph Vorkriegs-Serienwagen verantwortlich, darunter der Southern Cross und der Dolomite 8.
1945 gründete Healey dann seine eigene Firma, die Donald Healey Motor Company. Die ersten Modelle und ein Gemeinschaftsprojekt mit Nash waren vielversprechend, doch die Auto zu teuer in der Produktion. Healey nahm sich daher vor, einen erschwinglichen Sportwagen zu bauen, der 100 mph (also gut 160 km/h) erreichte. Der Austin Healey 100 war dieses Auto, erstmals vorgestellt auf der Earls Court Motor Show 1952. Insgesamt 74.000 Exemplare wurden von ihm verkauft.
Doch was Sie hier sehen, ist ein „Big Healey“. Gab die Modellbezeichnung „100“ einen Hinweis auf die Höchstgeschwindigkeit, stand die Bezeichnung des 1959 vorgestellten „3000“ für den Hubraum des Reihensechszylinders. Auf Anhieb war das leistungsstärkere Modell erfolgreich: Pat Moss – Stirling‘s Schwester – gewann mit einem dieser „dicken“ Healeys 1960 die Fernfahrt Lüttich-Rom-Lüttich.
Der nun von Henderson Fellowes angebotene „Werks“-Big Healey wurde von der BMC Rennsportabteilung für die Saison 1961 vorbereitet und feierte sein Debüt bei der legendären und wegen ihrer Härte berüchtigten Akropolis Rallye. Peter Riley und Tony Ambrose steuerten das Auto auf Platz eins in der Klasse und Platz drei im Gesamtklassement. Im selben Jahr mussten sie bei der Alpine Rallye (Coupe des Alpes) mit Bremsproblemen am Stilfser Joch aufgeben – ein anderer Healey 3000 mit den Brüdern Morley gewann dafür nach 1960 ein zweites Mal. „XJB 871“, einer von 28 Werkswagen, wurde nach dieser ersten Saison ausgemustert. Und vielleicht aus diesem Grund ist dieser heute hier zum Kauf angebotene Wagen der originalgetreueste Werkswagen, den man erwerben kann.
Im Gegensatz zu so vielen Renn- und Rallyewagen aus jener Zeit wurde dieser Healey nie Opfer eines Unfalls. Oder wurde nach Reparaturen seines Originalzustandes beraubt. Er genießt bei Healey Experten in der ganzen Welt daher hohes Ansehen und eröffnet die Chance, ein Auto zu erwerben, das noch genauso aussieht wie zum Zeitpunkt, als es das BMC Werk verließ.
Rauno Aaltonen, der „Rallye-Professor“, war ein extrem talentierter und erfolgreicher Fahrer und einer der ersten „Fliegenden Finnen“. Er war der nächste Besitzer des Autos und trainierte mit ihm schon für später folgende Einsätze für die Marke. Und das zahlte sich aus: Sieg in einem ähnlichen Austin-Healey 3000 1964 bei Spa-Sofia-Lüttich. Aaltonen führte diesen Erfolg auf seine im „XJB 871“ verbrachte Zeit zurück.
Aaltonen verkaufte das Auto 1965 an Caj Hasselgren, ein großer Fan Aaltonens und ebenfalls Finne. Erstaunlicherweise verblieb der Healey dann 51 Jahre im Besitz von Hasselgren und seiner Familie und wurde während dieser Zeit auch liebevoll restauriert. Während Geschäftsreisen nach England brachte Hasselgren eigens dafür regelmäßig Ersatzteile zurück in die Heimat.
Für die behutsame Restaurierung verstrich mehr Zeit als ursprünglich veranschlagt, doch nach vielen Jahren war alles fertig und die Zeit gekommen, das Auto wieder auszuführen. Hasselgren holte zahlreiche Erfolge bei historischen Events, ehe er das Auto nur noch für Familienfahrten auf öffentlichen Straßen nutzte.
Nach zwei weiteren Besitzerwechseln steht „XJB 871“ jetzt im Auftrag seiner beiden Besitzer, selbst Sammler mit großer Vorliebe für feine britische Automobile, bei Henderson Fellows zum Verkauf. Zusammen mit einem gültigen historischen Technikpass.
Rory Henderson von Henderson Fellowes sagt: „Wir freuen uns, diesen historischen Big Healey anbieten zu können. Selten erleben wir, dass ‚Werkswagen‘ öffentlich angeboten werden; speziell nicht solche, die so original und unverfälscht sind wie ‚XJB 871‘. Dieses Auto hat eine fantastische Geschichte und öffnet dem Besitzer die Tür zu historischen Events oder alternativ aufregenden Ausfahrten durch die Landschaft!“
Die neue Stirling Moss Memorial Trophy in Goodwood wäre eine Option, tatsächlich war bei der Goodwood Speedweek im Oktober ein anderer Healey 3000 am Start. Aber auch Modena Cento Ore oder die legendäre Tour Auto sind Alternativen. Es ist wichtig sich daran zu erinnern, dass dies Veranstaltungen sind, die Startplätze nicht leicht vergeben! Doch bei diesem Auto wird es so sein, dass man ihm und seinem Besitzer überall den roten Teppich ausrollen wird.
Zumal historische Rallye in den letzten Jahren sehr erfolgreich waren, seien es Fernfahrten durch mehrere Länder binnen Wochen oder kürzere Veranstaltungen wie die Rallye Monte Carlo Historique.
Während der letzten drei Jahre wurde „XJB871“ von seinen Besitzern gelegentlich und vor allem zum Spaß als Straßensportwagen genutzt. Er hat viele Talente, und ist durchaus alltagstauglich. Auf der Straße, der Rennstrecke oder auf einer Rallye – überall, wo Sie auftauchen, werden Sie mit diesem Big Healey Aufsehen erregen. Während dieser drei Jahre hat sich Paul Woolmer um das Auto gekümmert. Der Classic Spezialist hat ihm erst kürzlich einem Rundum-Checkup verpasst, plus kompletter Inspektion, und entsprechend einsatzbereit steht er heute auch da!
Fotos: Riiko Nuud © 2020