„Was habt Ihr denn mit einem unserer 959er gemacht?“ Diese vermutlich lautstark gestellte Frage dürften perplexe Porsche-Führungskräfte Karl-Heinz „Charlie“ Feustel gestellt haben, nachdem dieser im Jahr 1989 den ersten Supersportwagen ihrer Marke erfolgreich in den ultimativen St.-Tropez-Cruiser verwandelt hatte. Nun bietet sich die einmalige Gelegenheit, diesen Porsche 959 „Speedster“ bei der kommenden RM Sotheby’s am 22. Mai in Mailand zu erwerben.
Der Weg des 959 von einer heißen Gruppe-B-Waffe zur Ikone unter den straßenzugelassenen Supersportwagen ist leidlich gut dokumentiert. Im Laufe der Jahre konnten wir immer wieder beobachten, wie im Classic Driver Markt angebotene 959 sofort von Sammlern gekauft wurden – im Wissen, dass sie mit jedem Jahr weiter im Wert steigen. Wobei dieses Exemplar eine eigene Geschichte erzählen kann. Als Neuwagen wurde es 1987 an den Reutlinger Rennfahrer Jürgen Lässig ausgeliefert, der im gleichen Jahr auf einem Porsche 962 C als Zweiter die 24 Stunden von Le Mans beendete (und 1995 die 24 Stunden von Daytona gewann). Nach einer kurzen Episode mit dem erfolgreichen Privatrennfahrer, die leider 1988 mit einem Autobahnunfall endete, verkaufte Lässig den Wagen an den Porsche-Spezialisten und Handwerksmeister Karl-Heinz „Charlie“ Feustel.
Feustel, der eine kleine Werkstatt im Osten von Köln betrieb, war es nicht fremd, seine Autos und die seiner Kunden motorisch und karosserietechnisch zu individualisieren. Mit dem 959 wollte er aber nun ein „Customizing“ schaffen, das es zuvor noch nie gegeben hatte. Und so befreite er mit Hilfe von zwei Mitarbeitern den verunfallten 959 in über 4.000 Stunden sorgfältiger Handwerksarbeit von seinem Dach. Bei der Verwandlung zum „Speedster“ legte das kleine Team großen Wert auf Passgenauigkeit und Finish. Das Ergebnis spricht für sich: Ein offener 959 in glänzendem Grand-Prix-Weiß, mit blauer Lederausstattung, einem elektrisch bedienbaren Soft-Top und farblich abgestimmten und separat mitgeliefertem Hardtop.
Das Unikat stand im September 1989 auf dem Stand von Auto Becker auf der IAA und im Dezember noch auf der Essen Motor Show. Und Feustel hatte auch eine Preisvorstellung – nördlich von damals zwei Millionen DM. 1990 wurde der «Speedster» dann auch tatsächlich verkauft, an einen Dr. Klaus Berg aus Karben bei Frankfurt. Seit 2008 stand der offene 959 bei seinem bislang letzten Besitzer, ohne noch viel bewegt zu werden.
Das weltweit einzige Exemplar seiner Art wurde zuletzt im März 2025 beim italienischen Porsche Spezialisten ADR Motorsport gründlich gewartet und gecheckt und dürfte jede Porsche Kollektion um ein einzigartiges Juwel bereichern. Der offene 959 wird am 22. Mai bei RM Sotheby's in Mailand versteigert, der Schätzpreis liegt zwischen 1,1 und 1,5 Millionen Euro.