Natürlich hat niemand gesagt, eine der größten Ikonen der Automobilgeschichte zu ersetzen, wäre ein einfacher Job. Als direkter Nachfolger kam 1975 der XJ-S auf den Markt – doch sowohl das Design, als auch Jaguars Entscheidung auf dem Höhepunkt der Ölkrise einen großvolumigen V12 einzusetzen, ernteten Kritik. Der trauernden Jüngerschar des E-Type konnte man es aber sowieso kaum recht machen – sie wünschten sich schließlich eine Produktion des Originals bis zum Ende aller Tage. Die aus heutiger Sicht kaum mehr nachzuvollziehende Enttäuschung über den XJ-S sprach sich bis nach Italien herum, wo das Designstudio Pininfarina seine Chance erkannte. Jaguar wiederum hatte nichts zu verlieren – und als die italienische Carrozzeria einen Entwicklungsprototyp des XJ-S für eine eigene Interpretation des E-Type anfragten, willigten die Briten ein.
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Bei Pininfarina hatte man gleich drei formidable Designer mit der anspruchsvollen Aufgabe betraut: Leonardo Fioravanti, Sergio Pininfarina und Renzo Carli machten sich an die Gestaltung der Karrosserie. Ausgehend vom charismatischen Lufteinlass-Oval an der Front des E-Types überschrieben sie die nüchterne Linienführung des XJ-S mit einer üppigeren und kurvenreicheren Form, die dem Original gerecht wurde. Um die Studie als echten Grand Tourer zu deklarieren, verlieh ihr das Trio zudem einen mächtigen Kofferraum – in der Silhouette allerdings eine starke Ähnlichkeit zur damals aktuellen Chevrolet Corvette erkennen ließ. Im Rückblick erscheint die Parallele gewollt – schließlich musste sich Jaguar vor allem auf dem US-Markt behaupten. Was gab es also für eine bessere Lösung, als den größten amerikanischen Sportwagen zu zitieren?
Unter der Haube fand sich der 5,3-Liter-V12-Motor des XJ-S, dessen rund 290 PS Leistung über ein Fünfgang-Getriebe auf die Räder gebracht wurde. Obwohl man bei Pininfarina dasselbe Chassis verwendet hatte, war das XJ Spider Concept kürzer, breiter und tiefer als das Spendermodell – und wirkte damit deutlich sportlicher. Entsprechend dem Namen erhielt der Wagen kein Targadach, sondern ein Stoffverdeck. Charakteristisch waren auch die Klappscheinwerfer nach italienischer Mode sowie eine futuristische Armaturen-Lichtorgel, die Ende der Siebzigerjahre für einiges Aufsehen gesorgt haben dürfte.
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Die Premiere erfolgte 1978 auf der British Motor Show – die erste im N.E.C. in Birmingham und mit 900.000 Besuchern die ideale Schowbühne für das Designkonzept. Die Öffentlichkeit war begeistert, und Jaguar begann in Browns Lane mit der Entwicklung einer Serie von Prototypen, die intern unter den Codenamen XJ41 für Coupé und Targa und XJ42 für das Cabriolet behandelt wurden. Die Experimentalfahrzeuge nahmen den Look der Pininfarina-Studie auf und verwerteten auch das Corvette-Heck, bei den Scheinwerfern verwarf man die „Schlafaugen“ jedoch zugunsten ovaler Leuchteinheiten, wie sie später auch beim XJ220 zum Einsatz kamen. Der Plan war es, das neue Modell als Jaguar F-Type auf den Mark zu bringen und zwischen XJ40 und XJ-S zu positionieren.
Begonnen hatte das F-Type-Projekt in den frühen Achtzigerjahren – doch als Ford die britische Marke fast zehn Jahre später übernahm, war es noch immer nicht vollendet worden. Der amerikanische Konzern zog einen Schlussstrich unter die brach liegende Entwicklung. Doch Ford hatte nicht nur Jaguar, sondern auch Aston Martin übernommen – und suchte nun nach kostengünstigen technologischen Lösungen. Aus Browns Lane, so heisst es, habe man Elemente der Prototypen XJ41 und XJ42 zu Aston Martin geschafft und bei der Entwicklung des DB7 verwendet. Somit wäre der XJ-S der Missing Link zwischen dem legendären E-Type und dem Vorgänger des aktuellen DB9, den Beobachter der britischen Sportwagenlandschaft schon immer irgendwo vermutet haben.
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Natürlich war Pininfarinas XJ Spider ein wenig zu amerikanisch für einen echten Jaguar – doch immerhin hätte er beinahe als Basis für einen legitimen Thronfolger des E-Type gedient. Damals wurde das Projekt leider nicht mit großem Elan verfolgt. Heute sieht die Sache natürlich anders aus – und die Automobilwelt blickt in freudiger Erwartung auf Jaguar-Designchef Ian Callum und sein Team, das die große Aufgabe sicherlich nicht aus den Augen verliert.
Fotos: Rainer Schlegelmilch