Den größten Affront erlaubten sich Aston-Martin-Designer William Towns und die verantwortlichen die Ingenieure um Mike Loasby und Keith Martin bereits beim technischen Layout der Studie: Als erster und bis heute auch einziger Aston Martin erhielt der Bulldog keinen Front, sondern einen Mittel-Heckmotor – das 5,3 Liter große V8-Triebwerk saß wie beim Lamborghini Countach oder dem Ferrari 512 BB direkt hinter dem Cockpit. Dank zweier Garrett-Turbolader und einer Benzin-Direkteinspritzung von Bosch leistete der Motor – so zumindest die Überlieferung – gewaltige 700 PS. Bei einem Geschwindigkeitstest auf der MIRA-Teststrecke erreichte der Aston Martin Bulldog eine Vmax von 318 km/h – das entspricht dem aktuellen Aston Martin DBS. Theoretisch, so ließen die Macher der Studie damals sehr optimistisch verlauten, hätte der Bulldog sogar eine Höchstgeschwindigkeit von 354 km/h erreichen können.
Leider blieben Loasby und Martin den Beweis für die Behauptung schuldig. Denn obwohl ursprünglich eine limitierte Edition von 12 bis 25 Einheiten des Bulldog geplant war, wurde nur ein einziges, linksgelenktes, in Silbermetallic lackiertes Exemplar produziert. Grund hierfür war der neue Vorstand Victor Gauntlett, der die Prioritäten der Marke anders bewertete – schließlich hatte Aston Martin erst fünf Jahre zuvor den drohenden Konkurs abwenden können.
Das Project Bulldog – oder K9, wie die Studie in Anlehnung an Dr. Who’s Roboterhund intern genannt wurde – war ursprünglich entstanden, um die Fähigkeit von Aston Martin zu demonstrieren, den zeitgenössischen Sportwagenkeilen wie dem Lamborghini Countach oder dem BMW M1 einen ebenbürtigen Konkurrenten entgegen zu stellen. Den Namen „Bulldog“ hatte der Sportwagen wohl noch von Gauntletts Vorgänger Alan Curtis erhalten, nachdem dieser am Steuer einer Scottish Aviation Bulldog einige beschwingende Flugstunden verbracht hatte. Eine andere Geschichte besagt, der Prototyp sei nach einer besonders unwirtlichen Ecke des Aston-Werkes in Newport Pagnell benannt, die intern als der „Hundezwinger“ bekannt war und in der die Studie gefertigt wurde.
Für das Styling war William Towns verantwortlich, der schon 1976 mit dem Lagonda für Aufregung gesorgt hatte. Abgesehen von der zeitgemäß-futuristischen, nur 1,1 Meter hohe Flunder-Karosserie waren es Details wie die fünf unter einer absenkbaren Fronthaube verborgenen Scheinwerfer oder die elektromechanischen Flügeltüren, die bei der Enthüllung im März 1980 für Aufregung sorgten. Zudem verfügte der Bulldog über belüftete Räder, wie sie damals bei den Prototypen-Rennwagen der Gruppe C eingesetzt wurden. Nachdem Gauntlett den Daumen gesenkt und eine Produktion ausgeschlossen hatte, wurde der Prototyp für mehr als 100.000 Pfund an den meistbietenden Kunden verkauft.
Obwohl die Meinungen über das Design des Aston Martin Bulldog auseinander gehen, nimmt das Showcar doch einen besonderen Platz in der Markengeschichte ein. Für die Qualität der Studie sprach natürlich auch, dass es sich nicht um ein statisches Tonmodell handelte, sondern um einen voll funktionsfähigen und straßentauglichen Supersportwagen, der in bis dahin unbekannte Leistungsdimensionen vorstieß – auch wenn diese heute nicht mehr mit Sicherheit zu beziffern sind.
Fotos: Aston Martin