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Dieser puristische Panhard fuhr einst die Tour de France – jetzt ist er zurück

Größe ist nicht alles, was dieser winzige Panhard Dyna X Dolomites von 1955 und sein Besitzer Hugo Baldy bei der am Montag startenden Tour Auto beweisen wollen. Wir waren bei einem letzten Funktionstest dabei...

Am letzten August-Tag wird das majestätische Grand Palais in Paris wieder vom Sound der vierrädrigen Stars der Tour Auto widerhallen. Die dann am frühen Morgen des 1. September auf eine 2.140 Kilometer lange Reise machen, die sie über Clermont-Ferrand, Limoges, Toulouse und den Pont du Gard zum Ziel am 5. September auf der Rennstrecke von Paul Ricard in Le Castellet führt. Neben zehn Sonderprüfungen stehen Rennen auf den Kursen von Magny-Cours, Charade, Lédenon und eben Paul Ricard auf dem Programm.

Während Ihre Social Media-Feeds vor allem mit Bildern der in diesem Jahr zum „Thema“ gekürten Marke Porsche mit Modellen wie 550 Spyder, 356 Carrera Abarth 1600/2000, 904 GTS, 910, 906 und 907 überquellen dürften, verdienen viele clever konstruierte Modelle aus den hubraumschwächeren Klassen ähnlich hohe Aufmerksamkeit. 

Wie zum Beispiel dieser fabelhafte Panhard Dyna X Dolomites Baujahr 1955 mit Karosserie von Pichot & Parat, der in der nächsten Woche mit Startnummer 151 die Tour mit seinem Besitzer Hugo Baldy und Romain Grabowski (dessen Rally Raid Lada Niva wir jüngst hier auf Classic Driver vorgestellt haben) angehen wird.  

Im Vergleich zur utilitaristischen und ein bisschen altmodischen Karosserie des Panhard-eigenen Dyna X schufen die in Sens ansässigen Karosseriebauer Bernard Pichon und André Parat für den Dolomites eine schlankere und windschnittigere, wenngleich nicht perfekt proportionierte Hülle. Für einen Einsatz bei der Tour de France Auto sprachen das leichte Chassis und die für ihre Effizienz berühmten Panhard-Motoren, die unter anderem auch in Le Mans immer die Favoriten auf die Index of Performance-Wertung waren. „Motoren für Ingenieure“, beschreibt Baldy das Motörchen. Nur zwischen zehn und 15 Dolomites wurden bei Pichot & Parat gebaut, heute sollen nur noch sieben oder acht existieren. 

Als stolzer Veteran der knallharten originalen Tour de France Automobile sowie Teilnehmer von so hochkarätigen Events wie der Rallye Monte Carlo und der Rallye Lyon-Charbonnières wurde dieses kleine blaue französische Coupé zufällig und in stark vernachlässigtem Zustand 2018 von Baldy in der Nähe von Paris gefunden. Nach langen Verhandlungen mit dem Besitzer entschied er sich für den Ankauf und machte sich als Vorbereitung auf eine behutsame Restaurierung an die Erforschung der komplexen Historie seines Fundes. 

„Ich bin wirklich sehr fasziniert von Rennwagen, vor allem an solchen mit einer reichen Geschichte und vielen Auszeichnungen, und ich liebe es zu forschen“, erklärt Baldy. „Ich habe diesen Panhard gekauft, ohne etwas von seinem Vorbesitzer, seinen Renneinsätzen und den dort erzielten Ergebnissen zu wissen. Es ist so aufregend, auf der Suche nach solchen Fakten Archive, zeitgenössische Presseberichte und Nennungslisten von Rennen zu durchforsten, um so die Historie des Autos ans Licht zu holen.“ 

Nachdem die frühe Geschichte des Panhard geklärt war, machte sich Baldy mit Unterstützung seines Vaters Dominique – der freundlicherweise während unserer Fotoproduktion als Fahrer fungierte – und seines besten Freundes Romain Grabowski an die Restaurierung nach Original-Spezifikationen.

„Nachdem ich herausgefunden hatte, dass der Wagen 1956 an der Tour der France Automobile teilgenommen hatte, wusste ich, dass ich ihn bei der modernen Tour Auto wieder einsetzen wollte“ erinnert sich Baldy. „Wir begannen die Restaurierung im September des letzten Jahres, und da wir so wenig Zeit bis zum ursprünglichen Starttermin im April hatten, arbeitete mein Vater wie verrückt, um den Wagen rechtzeitig fertig zu bekommen. Er nahm alles auseinander, arbeitete eng mit dem Karosseriebauer zusammen, um die wertvolle Patina zu erhalten und verbrachte zehn Tage mit mir und Romain, um das Auto in der Garage dann wieder zusammenzusetzen.“  

Es war ein Haufen Arbeit, den Panhard wieder zu altem Glanz zu verhelfen. Sie umfasste auch den Austausch eines historisch falschen Armaturenbretts durch ein korrektes Teil und die Wiederaufbereitung aller mechanischen Teile – vom Motor und Getriebe über die Bremsen bis zu den Aufhängungen. Obwohl der ursprüngliche Besitzer den Wagen sowohl mit dem 745 wie dem 851 ccm großen Motor fuhr, entschied sich Baldy für ein 850 ccm-Triebwerk, das sich leicht vom Original-Aggregat unterscheidet und Teile von späteren Panhard-Motoren enthält. „Ich fahre ihn noch ein, erreiche aber schon jetzt locker 140 bis 150 km/h.“ 

Der Mechaniker, der den Motor mit eigenen Händen komplett neu aufbaute, heißt Christian und kommt aus Toulouse. Zugleich baute er neue Stoßdämpfer ein, um einen „Pullman-artigen Fahrkomfort“ zu erzielen. „Er war ein außerordentlicher Mann“, sagt Baldy, „mein Panhard fährt in erster Linie dank ihm.“ Das fertige Modell ist in der Tat ein Meisterwerk, verströmt ganz viel gallischen Charakter und eine betörende Patina. Wir mögen besonders die angedeuteten Heckflossen, die uns an mehrere Ferrari aus der gleichen Epoche erinnern.

Mit seinem winzigen luftgekühlten und im Heck eingebauten Zweizylinder-Boxer mit 850 ccm Hubraum hat Baldys Panhard den kleinsten Motor aller Teilnehmer der diesjährigen Tour. Doch mit einem Trockengewicht von gerade mal 480 Kilogramm und 60 PS ist er optimistisch, im Teilnehmerfeld gut abzuschneiden. „Wir möchten die Tour Auto so angehen wie in den alten Zeiten“, kündigt er an. „Regelmäßigkeitsprüfungen sind nichts für uns, und wir bestreiten das Ganze ohne Servicecrew. Unser Gepäck nehmen wir ebenso wie eine Werkzeugkiste, ein Kupplungskabel und eine Rolle Klebeband im Auto mit.“ Vorsorglich wird Baldys Vater Dominique dem Rallyetross mit einem Ersatz-Motor und -Getriebe folgen, für alle Fälle...

Leider haben die Veranstalter den Dolomites von Baldy/Grabowski in den gleichen Performance-Index wie die Porsche 356 Pre A mit ihren weitaus größeren 1500 ccm-Motoren eingruppiert. Was sie nicht davon abhalten wird, alles zu geben. Unabhängig davon, wo sie letztendlich landen, kann man sicher sein: Der charakterstarke kleine Panhard wird stolz die Trikolore flaggen und sich gegen die mächtigen Sportwagen vom Schlage eines Ford GT40 so gut wie möglich aus der Affäre ziehen. Müssen wir uns wiederholen? Größe ist nicht alles. Hugo und Romain – wir wünschen Euch viel Glück für die kommende Woche. 

Fotos von Mathieu Bonnevie für Classic Driver © 2020