Direkt zum Inhalt

Magazin

Dieser MX-5 V6-Restomod von Rocketeer nahm mir den Glauben an Supersportwagen

Reduziert aufs Wesentliche und angetrieben von einem von Porsche und Cosworth entwickelten V6 ist der Mazda MX-5 von Rocketeer ein fantastischer Sportwagen und Gegenmittel zu vielen aufgeblähten und übermotorisierten Sportwagen auf dem Markt. Unser Chefredakteur Mike Snelgar ist ihn gefahren.

Es ist perfektes Cabrio-Wetter in Großbritannien, als ich in meinem treuen Honda S2000 zu einer unscheinbaren Werkstatt am Rande der North Wessex Downs fahre. In Sachen japanischer Autokultur befinden wir uns hier in feindlichem Gebiet, denn mein Ziel ist der Hauptsitz von Rocketeer. Die, wenn Sie sich an unsere Geschichte über Neil Cliffords Batmobil von Ende Oktober 2024 zurückdenken, die Schöpfer eines mächtigen Mazda MX-5-Restomods mit 320 PS starkem V6-Motor sind. Nach wochenlangem Warten ist heute endlich der Tag gekommen, an dem ich dieses anglo-japanische Wunderwerk selbst erleben kann.

„Schafft diesen Schrott hier raus!“, begrüßt mich Rocketeer-Gründer Bruce Southey lachend. Wenig überraschend, ist er nicht gerade erfreut über den Anblick eines Honda in seiner Mazda-exklusiven Gegend. Bruce blickt auf eine jahrzehntelange Erfahrung in der Automobilindustrie zurück, hat am Außendesign des Bristol Fighters, in Fords Innovationsabteilung, bei Overfinch und bei McLaren gearbeitet. Es versteht sich von selbst, dass er für den Job mehr als qualifiziert ist.

Nachdem ich mich für die Wahl meines Wagens entschuldigt habe, führt mich Bruce freundlich durch seine MX-5-Veredelungswerkstatt. „Wenn man alle Punkte aufschreibt, die man von einem Sportwagen erwartet, wird man feststellen, dass der MX-5 alle Anforderungen erfüllt“, erklärt Bruce. „Er bietet eine fantastische Plattform, die immer noch hochgeschätzt wird, ihm fehlt es nur an Leistung.“ Ein metallic-orangefarbener MX-5 der NA-Generation steht direkt vor uns – lackiert in der Lamborghini-Farbe Rame Colorado – gepaart mit einem Interieur in Racing Blue, was erstaunlich gut funktioniert. Es ist ein Paradebeispiel für Rocketeers grenzenlose Personalisierung, die alles von DIY-Anbausätzen und schlüsselfertigen Umbauten bis hin zu komplett neu aufgebauten Restomods umfasst. Während ich durch die kleine, aber sorgfältig organisierte Werkstatt schlendere, entdecke ich noch größere Schätze.

Eine abgespeckte NA-Karosserie mit Motorhaube, Frontkotflügeln und Türen aus Kohlefaser deutet auf das Hardcore-Ende des Portfolios hin, und Bruce verrät, dass das Auto mit einem V6 ausgestattet sein wird. Bruce verrät, dass dessen Motor rund 400 PS leistet und dass er dennoch leichter sein wird als ein serienmäßiger MX-5 mit vier Zylindern. Sowohl die Autos der NB- als auch der NC-Generation profitieren auch von der Rocketeer-Magie, der Großteil der hochentwickelten Sportwagen des Unternehmens entfallen jedoch auf MX-5 vom Typ NA mit rund 300 PS – mehr als genug für einen Roadster, der nur rund 1.000 und in seiner leichtesten Version sogar nur 850 Kilogramm wiegt.

Auf einer Hebebühne steht kein Geringerer als das allererste Rocketeer-Chassis, das die letzten Feineinstellungen vor meiner Probefahrt erhält. Es handelt sich um Bruces Privatwagen, das Testfahrzeug der Firma mit 280 PS und das Auto, mit dem dieses ganze verrückte Unterfangen begann. „Ich habe mein eigenes Auto als Hobbyprojekt gebaut und damit auf Automessen viel Interesse geweckt“, erinnert sich Bruce. „Also sagte ich mir: Wenn ich 25 Anzahlungen bekomme, baue ich ein erstes Kundenfahrzeug, und zu meinem Entsetzen tat ich es dann auch.“

Da ich es nicht mehr abwarten kann, schlage ich vor, loszufahren, damit ich endlich Rocketeers Meisterwerk in der Farbe Gunmetal Grey erleben kann. Nach einer kurzen Tankpause darf ich vom Beifahrer- auf den Fahrersitz wechseln. Der NA MX-5 ist im Prinzip ein einfaches Auto; der juwelenartige Chrom-Türgriff öffnet sich mit einem vertrauensvollen mechanischen Klicken und die Tür fällt mit einem auf hohe Passgenauigkeit deutenden Geräusch ins Schloss. Die neu bezogenen Serien-Sitze sind selbst für einen großgewachsenen Typen wie mich äußerst bequem, während das maßgeschneiderte Rocketeer-Kombiinstrument wunderbar mit dem hölzernen Nardi-Lenkrad und dem Alu-Schaltknauf harmoniert. Da es sich um ein Auto aus den 1990er-Jahren handelt, gibt es erfreulicherweise kaum Bedientasten (abgesehen von einem CarPlay-fähigen Touchscreen). Das Raumgefühl fühlt sich sogar kleiner an als in meinem S2000 – fast so, als könnte ich den Boden berühren, wenn ich über die Fensterbrüstung greife. Einfach ausgedrückt ähnelt das Einsteigen in den Rocketeer MX-5 dem Anziehen eines maßgeschneiderten Autohandschuhs – es passt einfach.

Nach Einschalten der Zündung erwacht der V6-Sauger mit einem Knurren. Doch nach dem Losfahrer schmälern kein Knarzen, Rasseln oder andere Störfaktoren und -frequenzen die Freude am Fahren. Und was für eine Freude das ist. Die Abstimmung des MeisterR-Fahrwerks ist straff, aber nicht zu hart für die sehr unterschiedlichen Asphaltdecken britischer Landstraßen. Die Lenkung spricht direkt und mit gutem Kontakt zur Fahrbahn an, das Getriebe schafft die Balance zwischen mechanischer Taktilität und einfacher Bedienung und die Kupplung ist bei niedrigen Geschwindigkeiten ein Traum. Apropos, der Rocketeer MX-5 lässt sich im Gegensatz zu meinem S2000 verblüffend entspannt im Verkehr bewegen. Bruce beeilt sich auch zu betonen, wie wichtig die Alltagstauglichkeit bei der Entwicklung dieses Restomods war.

Wir erreichen schnellere und offener Straßen, endlich kann ich das Gaspedal stärker durchdrücken und das sich aufbauende Heulen des V6 erleben. Rocketeers maßgefertigter Ansaugkrümmer sieht nicht nur großartig aus, sondern der Motor bietet dank 3,0 Litern Hubraum ausreichend Drehmoment, um selbst im dritten Gang ruckfrei mit niedriger Geschwindigkeit zu cruisen. Zugleich ist die Leistung in diesem speziellen Auto die Goldlöckchen-Zone. Absolut angemessen für einen Roadster, der sich wie ein Liebesbrief an die britischen Sportwagen der 1960er-Jahre anfühlt. Sein Jaguar AJ30 V6 wurde in der frühen Phase von Porsche entworfen, dann von Ford aufgekauft und von Cosworth fertig entwickelt. „Er ist überquadratisch, hat eine geschmiedete Kurbelwelle und will gerne gedreht werden, auf jeden Fall ein Sportwagenmotor “, bemerkt Bruce. In der Tat: Er passt perfekt zum MX-5 und ich stelle mir vor, dass auch die Mazda-Ingenieure während der Entwicklung ihres bahnbrechenden Roadsters von einem solchen V6 geträumt haben.

Die Art und Weise, wie der Rocketeer über die Straßen tanzt, ist einfach erstaunlich. Am ehesten kann ich das Handling mit dem wunderbar austarierten Gefühl auf der Vorderachse eines 911 vergleichen, das sich jedoch hier auf alle vier Räder überträgt. Die zusätzlichen Chassis-Verstärkungen und der Überrollbügel des Rocketeer verbessern die Steifigkeit ebenfalls spürbar. An dieser Stelle möchte ich die Beibehaltung der ursprünglichen Gewichtsverteilung des MX-5 ausdrücklich würdigen – so folgen Lenkung und Beschleunigung den kurvigen B-Straßen von Shropshire fast telepathisch.

Serienmäßige NA MX-5 werden oft als „Momentum Cars“ bezeichnet. Weil bei ihnen der Fahrer mit Motor und Getriebe arbeiten muss, um in Kurven Geschwindigkeit beizubehalten. Diese Eigenschaft scheint auch dem Rocketeer zu Eigen zu sein, nur dass er viel schneller ist. „Zeigt der Tacho km/h an?“, frage ich Bruce, nachdem ich einen Blick auf eine überraschend hohe Zahl geworfen habe, worauf er mit „nein“ antwortet. Okay, also lieber etwas vom Gas...

Der Rocketeer bleibt jedoch ein Auto, das Sie dazu ermutigt, das Gaspedal bis zum Drehzahlbegrenzer bei 7.750 U/min durchzutreten, und das Heulen des V6 ganz oben im Drehzahlbereich ist wirklich berauschend. Ich habe mich dabei ertappt, wie ich aus reinem Vergnügen die Gänge wechselte, selbst auf die Gefahr hin, meine fahrerischen Fähigkeiten vor dem Firmengründer unter den Scheffel zu stellen. Wenn ich gezwungen wäre, ein schwaches Glied in der gesamten Gleichung zu nennen, wären es die Bremsen. Aber das ist nicht überraschend, wenn man bedenkt, dass es sich um die Serienscheiben mit nur etwas abriebfesteren Belägen handelt. Das ist jedoch nur ein kleiner Kritikpunkt – sie leisten angesichts des Leergewichts des Rocketeer einen vollkommen angemessenen Job. Und bieten gleichzeitig ein zivilisierteres Fahrerlebnis in der Stadt als beispielsweise Carbon-Keramik-Bremsen. Wenn Sie sich natürlich mehr Bremskraft wünschen, wird Rocketeer Ihnen gerne entgegenkommen.

Als ich einmal innehalte, um die Landschaft und den coolen kleinen JDM-Sportwagen zu bewundern, der uns hierhergebracht hat, fällt mir auf, wie unscheinbar Rocketeers MX-5 wirkt. In einer Welt voller Singers aus transparentem Carbon und bedrohlichen Lancia-Restomods könnte der Rocketeer problemlos als weitgehend originaler, geschmackvoll tiefergelegter und gut gepflegter NA MX-5 durchgehen. Sogar die Rota-Felgen würden für den Uneingeweihten wie Original-Teile aussehen. Was Rocketeers Angebot zur perfekten Lösung für diejenigen macht, die einfach ein Weltklasse-Fahrerlebnis genießen möchten, ohne darüber zu lamentieren, wie viel Geld sie dafür ausgegeben haben.

Womit wir zum magischsten Aspekt des ganzen Szenarios kommen: dem Preis. Wenn Sie den Motor selbst besorgen und die Arbeit selbst ausführen möchten, verkauft Ihnen Rocketeer das Kit für nur 6.000 Pfund Sterling. Wenn Sie Rocketeer einen schlüsselfertigen Umbau durchführen lassen möchten, müssen Sie mit 20.000 Pfund rechnen, während ein komplett individueller Restomod wie Bruces Auto etwa 65.000 Pfund kosten würde. Es versteht sich von selbst, dass eine stärkere Individualisierung zu einer saftigeren Rechnung führt. Aber Fakt ist, dass Sie einen MX-5 mit V6-Motor unter dem Preis eines neuen MX-5 der ND-Generation fahren können. „Der Himmel ist die Grenze, wir machen, was immer der Kunde will, aber wir versuchen, es mit Verstand zu tun. Sie können einen V12 einbauen, aber wir würden fragen, warum?“ Ehrlich gesagt fühlt es sich fast so an, als würde man Bruce ausrauben. Wenn man bedenkt, dass es keinen Restomod für weniger als einen sechsstelligen Betrag gibt, die meisten liegen sogar eher im siebenstelligen Bereich.

Ich hatte geahnt, dass diese Erfahrung der Beginn einer ungesunden Obsession sein würde. Und nachdem ich einen Tag in V6-induzierter Glückseligkeit verbracht hatte, überrascht es mich vielleicht nicht, dass ich, als ich wieder zu Hause war, sofort auf den Classic Driver Markt ging, um nach einem MX-5 für meinen eigenen Rocketeer-Umbau zu suchen. Sollten Sie darüber nachdenken, dasselbe zu tun? Ohne Zweifel.

Fotos: Mikey Snelgar