Wenn Sie sich zufällig am vergangenen Wochenende im Vereinigten Königreich aufgehalten haben, dann ist Ihnen vielleicht die kuriose Abwesenheit von Porsche-Modellen in Ihrer Umgebung aufgefallen. Das lag daran, dass sich am Sonntag zur sechsten Auflage von Megaphonics Hunderte von Porsches herausragendsten Schöpfungen in der faszinierenden Lokalität von Boxengasse in Bicester ein Stelldichein gaben. Frank Cassidy, Gründer und Frontmann, schuf ein perfektes Spannungsfeld zwischen typisch englischem Landsitz und Weltklasse-Veranstaltungsort und bewies, dass es wohl kaum eine gelungenere Location für das Beste aus Zuffenhausen gibt.
Das sonst berüchtigte englische Wetter meinte es diesmal gut mit uns: Die Sonne schien auf uns herunter, als wir entlang der von Bäumen gesäumten Auffahrt von Boxengasse schlenderten und alle paar Sekunden das Brabbeln eines Boxer-Reihensechszylinders genossen, während einer der vierrädrigen Gäste an uns vorbei fuhr. Die Teilnehmerschar überstieg beinahe unser Auffassungsvermögen, denn gefühlt jede 911-Baureihe in Porsches Sonderfarbenpalette eroberte sich das Gelände entlang der Ufer von Boxengasses beschaulichem See. Egal ob Sie auf Ursprünglichkeit nach Period Correct-Prinzipien schwören oder von Outlaw-Interpretationen mit reichlich Patina begeistert sind – es war für jeden etwas dabei. Wobei wir noch gar nicht die Fülle an sorgsam kuratierten Stars erwähnt haben, die gleichfalls ausgestellt waren.
Schon beim Betreten von Megaphonics 24 wurden wir von einem neongelben RUF SCR mit schokoladefarbenem Alcantara-Interieur begrüßt, doch dann buhlten gleich vier grüne Göttinnen um unsere Aufmerksamkeit und lockten uns weg von dem radioaktiven RUF. Ein 996 Turbo in British Racing Green Metallic über einem Cockpit in Beige maß sich gegen einen makellosen 993 in der gleichen Farbe, während ein paar Elfer in Brewster Green im Gewand eines weiteren 996 Turbo und einem enorm begehrenswerten, handgeschalteten 997.2 Carrera GTS das traumhafte Quartett komplettierten.
Um den diesjährigen 50. Geburtstag des 911 Turbo zu würdigen, hat ihm Megaphonics stolz einen ganzen Hofbereich gewidmet, um die Ahnenreihe zu präsentieren – da parkte alles von einem 930 Turbo Martini – ausgerüstet mit einem bemerkenswerten Interieur in Rot, Weiß und Blau – bis zu einem wirklich sehr seltenen 993 Turbo WLS II von 1998, von dem weniger als 150 Exemplare gefertigt worden sind. Den vordersten Platz in dieser Schau nahm unsere Lieblingslivree des Tages ein: der allumfassende, von VSD gesponserte 934 RSR von 1976, seines Zeichens dreimaliger Le Mans-Veteran und in 1978 Sieger in Zolder und Spa.
Das strahlende Sommerwetter war natürlich angetan, diese PTS-Optionsliste auf Rädern ins beste Licht zu rücken, aber weil unsere Gesichtsfarbe allmählich an Rubystone Red erinnerte, flohen wir in einen der vielen beeindruckenden (und klimatisierten) Showrooms, um zu entdecken, was sich im kühlenden Schatten verbarg. Eine der luftigen Hallen beheimatete einige atemberaubende Prototypen-Rennwagen wie beispielsweise ein Porsche 908 Langheck von 1968, eingekleidet in verblüffenden, von Hand aufgetragenen Stallfarben und sein ebenfalls heckseitig langgezogener Nachfahre, der Designprototyp für den 917LH – beide voneinander getrennt durch Jo Sifferts geradezu aberwitzig breiten 1971er 917/10 Can-Am-Rennwagen.
Auf der anderen Hofseite, auf einer noch geräumigeren Fläche lockten noch mehr luftgekühlte Wunderwerke – darunter ein paar 550-Exemplare und einige 911 RSR. Aber der Pre A 356 von 1951 mit Reutter-Karosserie in Ice Green und geteilter Frontscheibe stahl – für uns – allen die Schau mit seiner wundervoll schlichten Linienführung. Das heißt, bis wir einen von den nur drei gebauten Exemplaren des „Sanction Lost“ 356 Carrera Zagato Coupés entdeckten – mithin eines der seltensten unter den ausgestellten Autos, aber bei weitem nicht so obskur wie man annehmen möchte.
Dieses Prädikat zeichnete eine Sammlung von 356-basierten Kuriositäten aus, die draußen parkten, genau neben der umfangreichsten Auswahl an 993 GT2, die wir in jüngster Zeit zu Gesicht bekamen. Die erste – aber auch noch nach dem zweiten Blick - verblüffende Begegnung galt dem pastellgelben Beutler 356A 1600 von 1958 – eine Schweizer Sonderanfertigung, die nichts mit dem 356 gemein hatte, der ihr das Fahrwerk überlassen hatte. Sie parkte gegenüber dem etwas konventionelleren Nachfolger, einem Beutler 356B Super 90 von 1960, von dem nur sieben Stück produziert worden waren. Zwischen den beiden Beutler ruhte eine weitere wahre Rarität und eine, die womöglich nicht hätte Einlass finden dürfen in dieses Porsche-Only-Event: ein WD Denzel 1300 Super Sport. Diese bizarre kleine Barchetta trat tatsächlich gegen die Porsche-Modelle in den 1950ern an und nutzte ebenfalls VW-Konstruktionspläne als Design-Grundlage.
Abschließend können wir nur sagen, dass uns Megaphonics mit der schieren Vielfalt an präsentierten Autos schlichtweg überwältigt hat. Man würde doch annehmen, dass eine nur Porsche vorbehaltene Veranstaltung sich irgendwann wiederholen würde, doch nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein. Zwischen all diesen fantastischen Food- und Händlerständen, die um unsere Aufmerksamkeit warben – darunter Paul Howse, dessen Kunst bei uns im CD Shop zu entdecken ist – und der herrlich endlosen Parade an heckmotorisierten Traumautos, flogen die Stunden bei Megaphonics nur so dahin. Was Frank Cassidy und sein Team im Lauf von wenigen Jahren bei Boxengasse aufgebaut haben, ist nichts weniger als atemberaubend. Wir sind schon sehr gespannt auf die nächste Auflage kaum, um weitere Wunder in diesem Porsche-Paradies entdecken zu dürfen!
Fotos von Tom Horna