Wir zögern immer, auf ein bestimmtes Modell hinzuweisen und zu verkünden: „Das ist eine großartige Investition“. Denn es sind einfach zu viele Faktoren im Spiel, um eine solche Bewertung sattelfest aufzustellen. Bei Sammlerautos gibt es jedoch einige verräterische Anzeichen, die darauf hindeuten, dass sie das Potenzial haben, im Wert zu steigen. Niedrige Produktionszahlen sind ebenso hilfreich wie das erste oder letzte Modell einer bestimmten Baureihe. Ein im Rennsport gepflanzter Stammbaum wirkt ebenfalls wertsteigend, und natürlich spielt auch der Fahrspaß, den das Auto seinem Fahrer bieten kann, immer eine Rolle. Zufälligerweise erfüllt eines der Lots in Aguttes’ bevorstehender Frühjahrsauktion am 10. März alle oben genannten Kriterien. Die Rede ist von diesem prächtigen Porsche 911 GT3 RS aus dem Jahr 2003.
Jetzt, da die Welt mit der Tatsache, dass die Scheinwerfer der 911-Generation 996 nicht perfekt rund sind, endlich ihren Frieden gemacht hat, wird über die spiegelei- oder tropfenförmigen Scheinwerfer hinweggesehen. Und sich stattdessen auf die unzähligen positiven Eigenschaften des 996 konzentriert. Eine Gemeinsamkeit aller Varianten ist die Größe: Der 996 ist viel kompakter als alle nachfolgenden wassergekühlten 911-Generationen, was das Leben in der Stadt wesentlich einfacher und auf kurvigen Straßen viel mehr Spaß macht. Darüber hinaus ist er der analogste aller Elfer: Die ersten Exemplare verfügten noch über einen konventionellen Gaszug und eine hydraulische Lenkung – beides ging mit der Einführung des 991 verloren. Dies sind jedoch nur die allgemeinen Vorzüge des Standard-996 – der GT3 RS bietet noch einige zusätzliche Attraktionen.
Als Spitzensportler der 996-Reihe fungierte seit seiner Premiere auf dem Genfer Salon von 1999 der GT3, mit zunächst 360 PS. Zusätzlich zum „normalen“ GT3 entstand mit dem GT3 RS eine Homologationsserie, die zur Weiterentwicklung des Rennmodells GT3 RSR diente. Überraschenderweise wurde das nicht in die USA und nach Kanada exportierte Modell mit 682 gebauten Exemplaren – darunter 140 Rechtslenker – nicht der seltenste RS-Typ. Für den Bereich der wassergekühlten 911er unterbot ihn mit lediglich 600 Einheiten jedoch nur der GT3 RS 4.0 der 997-Baureihe. Allein schon solche Produktionszahlen dürften einige Sammler hellhörig werden lassen, aber der 996 GT3 RS hat noch viel mehr zu bieten.
2003 auf der IAA vorgestellt, war er das erste unter Leitung des heutigen Gesamtleiters der Porsche-GT-Fahrzeuge, Andreas Preuninger, entwickelte Modell. Er pries es als das Auto, das dem legendären 911 Carrera RS 2.7, mit dem die ganze RS-Linie 1973 begann, am nächsten kam. Der RS baute auf dem bereits messerscharfen GT3 auf und brachte dank einer Polycarbonat-Heckscheibe, einem Kofferraumdeckel aus kohlefaserverstärktem Kunststoff (CfK) und einem Heckflügel aus Sicht-Carbon ähnlich dem des 911 GT3 Cup 50 Kilogramm weniger und damit 1360 Kilo Leergewicht auf die Waage. Und wir haben noch nicht einmal über den Motor gesprochen...
Hinter der Kabine baute Porsche den berühmten 3,6-Liter-Boxer von Hans Mezger ein. Er teilt sich viele DNA-Abschnitte mit dem Aggregat des 911 GT1, der 1998 die 24 Stunden von Le Mans gewann und übrigens auch keine runden Scheinwerfer hatte. Im GT3 RS leistet er offiziell 381 PS, was, wie die Porscheholics unter unseren Lesern wissen, dem Standard 996.2 GT3 entspricht. Das Schlüsselwort ist jedoch „offiziell“, denn wenn Sie einen 996 GT3 RS auf den Prüfstand stellen, werden Sie mit großer Wahrscheinlichkeit eine Leistung im Bereich von 400 PS ablesen. Nach den hohen Standards von 2024 sind solche Werte nicht sonderlich beeindruckend, aber hören Sie sich einfach einen YouTube-Clip eines in 4,4 Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigenden 996 GT3 RS bei voller Fahrt an – und Sie werden das Datenblatt vergessen.
In den USA wird ein solcher GT3 RS – einer der seltensten Vertreter mit dem Zusatzkürzel „RS“ und einer der letzten mit dem legendären Mezger-Sechszylinder – inzwischen ab 300.000 Dollar aufwärts gehandelt. Wozu auch weitere Stärken beitragen. Wie das leichtere Einmassen-Schwungrad, die Trockensumpfschmierung mit externem Tank und ein Stauluftsammler im Heckdeckel, der die über das Dach strömende Luft sammelt und sie dem Motor als kleines Zusatz-Doping zuführt. Oder das Fahrwerk, das Porsche mit den verstärkten Radträgern des 911 GTR, geteilten Querlenkern an Vorder- und Hinterachse und einer speziellen Feder-/Dämpferabstimmung aufwertete. Alle GT3 RS wurden als Hommage an den 2.7 RS „Bürzel“ in Carreraweiß lackiert, wahlweise mit roten oder – wie hier – blauen „GT3 RS“-Folienschriftzügen auf den Türen und am Heck sowie mit gleichfarbig lackierten Radsternen und polierten Felgenhörnern. Weiterhin setzt sich der bis dato spektakulärste Serien-GT3 mit der vom 911 GT3 Cup übernommenen Frontschürze mit drei mittigen Lüftungsschlitzen und unlackierten Außenspiegeln in Kohlefaser-Optik vom Standardmodell ab.
Das Interieur (ohne Handschuhfach) entspricht weitgehend dem GT3 Clubsport-Paket, mit den Recaro-Sitzen und ihrem oberhalb des Recaro-Schriftzugs angebrachten vierfarbigen Porsche-Wappen als Highlight. Das nun zur Versteigerung kommende Juwel wurde darüber hinaus mit Klimaanlage, Radio und den PCCB Keramikbremsen ausgestattet, was das Gewicht im Vergleich zur Standard-Bremsanlage um weitere 27 kg senkte! Der aus Komfortgründen vom letzten Besitzer abgeschraubte vordere Teil des Überrollkäfigs wird mitgeliefert und kann – wenn es mal auf einen Track Day gehen sollte – jederzeit wieder montiert werden.
Mit nur 37.000 Kilometern auf der Uhr befindet sich dieser neu in Frankreich zugelassene und handgeschaltete RS in optimalem Zustand, im Rahmen seines letzten Service im Januar 2024 erhielt er vier frische 18-Zoll-Reifen. Wenn Sie auf der Suche nach einem außergewöhnlichen Exemplar des ultimativen wassergekühlten 911er sind, dann ist dieser weiß/blaue GT3 RS das richtige Auto für Sie!
Paris, 10 März
