Jahr für Jahr lockt die Como Car Week Hunderte von posterwürdigen Automobilen an die Ufer des Comer Sees. Durch das diesjährige FuoriConcorso-Thema „British Racing Green“ gelang es, die selten zu sehenden Juwelen der Golden Age Collection anzulocken. Wundern Sie sich nicht, wenn Ihnen der Name nicht bekannt vorkommt, denn die Golden Age Collection – kuratiert von Christophe Schmidt von Weekend Heroes – ist eine sehr private Angelegenheit. Entstanden ist sie aus der lebenslangen Bewunderung des Besitzers für Aston Martin und wurde in den späten 1990er-Jahren mit dem Kauf eines DB4 ins Leben gerufen. Sie ist den bedeutendsten Autos gewidmet, die Aston Martin unter der Leitung des legendären David Brown herausgebracht hat. Den Aston noch bis heute mit dem „DB“-Kürzel vieler Modelle ehrt.
Selbst unter den zahllosen historisch bedeutenden britischen Rennwagen, die diesmal auf dem FuoriConcorso zu sehen waren, ragten die fünf ausgestellten Fahrzeuge der Golden Age Collection nochmal heraus. Obwohl der Schwerpunkt auf Autos aus der Ära David Brown lag, wurden auch zwei Vorkriegsmodelle ausgestellt. Weil sie für David Browns Entscheidung, die britische Marke 1947 zu kaufen, von großer Bedeutung waren. Das älteste Auto des Quintetts war jedoch nicht wie vielleicht erwartbar in BRG lackiert, sondern in einem fabelhaften Königsblau. Bei diesem atemberaubenden Rennwagen handelt es sich um einen nur 106-Mal gebauten Aston Martin 1.5 L Le Mans von 1933. Das Exponat gehört zur zweiten und 1932 eingeführten Serie des 1.5 L, mit einem auf 2,59 Meter verkürzten Rahmen und wundersamerweise noch immer originaler Karosserie, dem ursprünglichen Motor und einer lückenlosen Historie.
Der zweite Aston Martin Vorkriegs-Rennwagen aus der Golden Age Collection, der in der Villa Sucota ausgestellt war, zählt zu größten Modellen aus den Anfangsjahren des Unternehmens. Dieser ganz in British Racing Green gehaltene Sportwagen ist ein Aston Martin Ulster aus 1935, einer von insgesamt nur 31 gebauten Exemplaren. Wie man es von einem in BRG gehaltenen Auto erwarten würde, kann dieses Exemplar auf eine beeindruckende Renngeschichte zurückblicken. Es startete 1935 mit den Fahrern C.T. Thomas und Michael Kenyon bei den 24 Stunden von Le Mans und belegte nach 199 Runden Platz 5 in der Klasse bis 1,5 Liter und Platz 10 im Gesamtklassement.
15 Jahre, nachdem der oben beschriebene Aston Martin Ulster zum ersten Mal ein Rad drehte, wurde der kostbarste Besitz der Golden Age Collection fertiggestellt. Die Aston-Kenner unter unseren Lesern werden das Kennzeichen VMF 64 sofort als das des Werks-DB2 erkennen, der 1950 und 1951 in Le Mans zwei Klassensiege in Folge einfuhr, wobei er beim Rennen von 1951 zugleich auf Platz drei in der Gesamtwertung einlief. Als erfolgreichster Werks-DB2 ever war dieser Aston jedoch nicht nur auf dem Circuit de la Sarthe siegreich. Neben mehreren Podiumsplätze in Großbritannien brachte VMF 64 sowohl 1951 als auch 1952 einen Klassensieg bei der Mille Miglia nach Hause, ergänzt um einen Klassensieg bei der Alpine Rally von 1951. Seine Zuverlässigkeit war legendär – denn jedes Rennen, an dem er teilnahm, endete ohne ein einziges „DNF“.
VMF 64 war – wie man sich denken kann – bei allen in Newport Pagnell beliebt. Nachdem ihn Aston 1952 in Earl's Court ausgestellt hatte, blieb er bis 1957 im Besitz des Werks. Er diente in dieser Zeit, in der Leistung zurückgetunt, als David Browns bevorzugter daily driver und war in zahlreichen Werbespots des Werks zu sehen. Es überrascht nicht, dass DB während des halben Jahrzehnts, in dem er den Wagen besaß, unzählige Angebote für seinen wertvollen DB2 ablehnen musste. Schließlich ließ er sich jedoch überzeugen, den Wagen an seinen engen Freund Gerald Lascelles zu verkaufen, einen Cousin der Queen und Präsidenten des BRDC. VMF 64 blieb 52 Jahre lang im Besitz der Familie Lascelles, bis Geralds Sohn Henry das historisch so bedeutende Modell an einen deutschen Sammler übergab, von dem die Golden Age Collection den da noch unrestaurierten DB2 schließlich erwarb.
In die Fußstapfen eines solchen Titanen des Rennsports zu treten, ist kein leichtes Unterfangen. Aber der Aston Martin DB3 von 1953 aus der Golden Age Collection erfüllt diese Rolle auf begnadete Weise. Der im ikonischen Aston Martin Racing Green lackierte Rennwagen aus den 1950er-Jahren kann auf eine lange Geschichte zurückblicken: Er nahm 1953 am British Grand Prix Sports Car Race in Silverstone und an der British Empire Trophy auf der Isle of Man teil und diente im gleichen Jahr als Reservewagen in Le Mans. Von diesen rollenden Skulpturen baute Aston Martin nur zehn Exemplare – fünf Werkswagen für die Saison 1952 und ab 1953 fünf weitere für Privatfahrer. FHH 534 (Chassis DB3/6) wurde 1992 restauriert und sticht auch durch seinen Einsatz mit Sir Stirling Moss im Jahr 2005 bei der LaFest Mille Miglia Japan hervor.
Unser vorletzter Aston Martin ist ein weiterer sehr begehrter Rennsportwagen aus den Fünfzigern: ein DB3S (Chassis 115) von 1956. Er wurde neu an den US-Westküsten-Racer Joe Lubin in den auffälligen US-Rennfarben Weiß mit zwei blauen Streifen ausgeliefert und 1956 und 1957 mit Richie Ginther, Rob Over und Bill Love am Steuer erfolgreich eingesetzt. Nur 30 dieser Autos wurden jemals gebaut, und noch weniger haben – so wie „248 XUX“ – ihr Original-Chassis, ihre Karosserie und ihren originalen Motor behalten.
Für unseren letzten Aston Martin wenden wir uns dem Concorso d'Eleganza Villa d'Este zu. Was diesem Exemplar an Rennhistorie fehlt, macht es mit Seltenheit und Stil allemal wieder wett. Dieser Aston Martin DB5 Shooting Brake aus dem Jahr 1966 ist eines von nur zwölf gebauten Exemplaren und einer von nur vier mit Linkslenkung, was ihn zu einem der seltensten Autos macht, die jemals das ikonische Aston Martin-Flügellogo auf der Haube getragen haben. Der DB5 Shooting Brake ist auch besonders eng mit David Brown verbunden. Denn ihm schwebte ein Auto vor, das seine Jagdausrüstung und seinen Hund mit der Geschwindigkeit und dem Luxus transportieren konnte, die nur ein Aston Martin bieten konnte.
Ein serienmäßiger DB5 war ihm ein wenig zu eng, um seine Jagd- oder auch Polo-Ausrüstung unterzubringen. Daher beauftragte Brown die renommierte Harold Radford Coachbuilders Ltd. mit der Entwicklung des DB5 Shooting Brake. Das war keine Kleinigkeit. Der Umbau eines Serien-DB5 begann mit dem Wegflexen der patentierten Superleggera-Rohrrahmen-Dachstruktur zugunsten eines neuen und gestreckten Stahldachs, an das einen einteiliges Heckteil angeschweißt wurde. Trotz eines Preisaufschlags von etwa 50 Prozent entstand Nachfrage nach einem Dutzend dieser reinrassigen, edlen Arbeitstiere. Dieses Exemplar wurde neu nach Pittsburgh in den USA geliefert, wo es bis 1988 verblieb. Nach einer Restaurierung 1992 bei Aston Martin ging es 2002 an einen Schweizer Aston Martin Sammler, ehe es 2019 in die Golden Age Collection einzog.
Bei so vielen bedeutenden Modellen aus Aston Martins glanzvoller Renngeschichte könnte man annehmen, die Golden Age Collection sei in einem hermetisch abgeriegelten Tresorraum untergebracht. Es war daher etwas ganz Besonderes, diese historischen Preziosen in der italienischen Sonne glänzen zu sehen, wobei der DB5 Shooting Brake sogar an der Auftakttour der Villa d'Este teilnahm. Welche Schätze die Golden Age Collection wohl sonst noch birgt? Wir können nur hoffen, dass wir sie möglichst bald bei einem anderen Concours oder bei wichtigen Rallyes oder Rennevents wiedersehen, um das herauszufinden!
Fotos von Stephan Bauer