Das ist er also – der neue Porsche Taycan, der die Ehre der deutschen Automobilindustrie retten, den Fahrspaß elektrisieren und Zuffenhausen in eine emissionsfreie Zukunft führen soll. Und vollelektrische Sportlimousine kommt genau im richtigen Moment: Dogmatische Benzinverteidiger und Verbrennungsideologen hat man in letzter Zeit immer seltener jammern gehört – dafür scheint sich selbst unter orthodoxen Petrolheads und Sportfahrern die Erkenntnis durchgesetzt zu haben, dass ein kräftiger und hochwertig produzierter Elektroflitzer nicht nur verdammt viel Spass macht, sondern auch in Sachen Status und Außenwirkung mehr „Likes“ einbringen dürfte als jeder dröhnende Benziner (auch wenn dies noch nicht immer laut ausgesprochen wird). Allein diese Stimmungslage wird begünstigen, dass sich der neue Porsche Taycan nicht nur unter Menschen mit ausgeprägten Zeitgeist-Antennen noch schneller verkaufen wird als frisch gebackene, glutenfreie Avokadobrioches in Berlin Mitte. Doch hat der erste vollelektrische Porsche tatsächlich das Zeug dazu, ein zweiter „Elfer“ zu werden und den Weg der Marke für Jahrzehnte zu prägen?
Zunächst einmal ist der Porsche Taycan ein Porsche durch und durch. Er verbindet Hochleistung, exzellente Verarbeitung, betörendes Design, zeitgemäße Konnektivität und die markentypische Alltagstauglichkeit zu einem Gesamtpaket, dass man auf dem Markt für Elektroautos bislang vergeblich gesucht hat. Ein Signal an die weltweite Fangemeinde setzt Porsche mit der Entscheidung, den Porsche Taycan zur Markteinführung nicht als rationales Sparmobil, sondern in seinen sportlichen Spitzenmodellen auf die Straße zu schicken – dem 761 PS starken und rund 185.000 Euro teuren Turbo S und dem 680 PS starken, rund 152.000 Euro teuren Turbo. Beide Katapulte sind ab sofort bestellbar. Weniger brachiale Varianten des viertürigen Allrad-Reisewagens sollen noch in diesem Jahr folgen, Ende 2020 startet dann auch der familientauglichere Taycan Cross Turismo. Dabei ist die Taycan-Reihe beileibe kein Side Project: Bis ins Jahr 2022 plant Porsche, mehr als sechs Milliarden Euro in die Elektromobilisierung zu investieren.
Auch das Datenblatt beeindruckt: Mit zwei E-Maschinen an der Vorder- und Hinterachse und einem Zweigang-Getriebe, das schnelle Beschleunigungen und hohe Effizient bei Reisegeschwindigkeit ermöglichen soll, sprintet der Porsche Taycan Turbo S im Overboost-Modus in atemberaubenden 2,8 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Der „normale“ Turbo benötigt für den Sprint 3,2 Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit beider Modelle ist auf 260 km/h begrenzt. Für viele Kunden sowieso entscheidender: Die Reichweite liegt bei soliden 412 Kilometern beim Turbo S und 450 Kilometern beim Turbo.
Mit einer Systemspannung von 800 Volt (statt der bei Elektroautos üblichen 400 Volt) kann der Taycan im Schnellladenetz in fünf Minuten Ladezeit genug Energie für 100 Kilometer Reichweite „tanken“ – bis man die Batterie zu 80 Prozent aufgeladen hat, sollen im Idealfall 22,5 Minuten vergehen. Zuhause kann man den Porsche aber auch mit Wechselstrom aufladen. Auch die Energie, die sich durch Rekuperation beim Bremsen gewinnen lässt, ist laut Porsche deutlich höher als bei anderen Elektromobilen. Beim Fahrwerk zeigt Porsche ebenfalls, was möglich ist: Eine adaptive Luftfederung mit elektronischen Dämpfern ist ebenso an Bord wie eine elektronische Wankstabilisierung. Je nach Fahrsituation und Laune kann der Fahrer sich zudem zwischen besonders sparsamen oder sportlichen Fahrmodi entscheiden.
Während das Außendesign des Porsche Taycan nah an der Studie „Mission E“ bleibt und vor allem mit Blick auf die Aerdodynamik optimiert wurde, setzt der Innenraum der Elektro-Limousine neue Standards: Im Zentrum der Aufmerksamkeit befindet sich ein frei stehendes, gebogenes Kombi-Instrument, auf dem die wichtigsten Fahrdaten angezeigt werden. Hinzu kommt ein Infotainment-System mit 10,9 Zoll Bildschirmdiagonale und – als Option – ein weiteres Display für den Beifahrer. Auf Schalter und Knöpfe wurde weitgehend verzichtet – wie auch das Smartphone will der Porsche künftig per Touch-Bedienung und Sprachsteuerung instruiert werden. Bei der Ausstattung setzt Porsche auf Recycling-Materialien und wer möchte, kann den Elektrogleiter sogar „vegan“ und ganz ohne Leder bestellen.
Wir haben es ja schon länger geahnt, doch jetzt ist es offensichtlich: Das deutsche Silicon Valley liegt in Zuffenhausen.