Blickt man zurück auf die Formel 1 der neunziger Jahre, dann fallen einem vermutlich einige Meilensteine ein. Da wäre der Aufstieg eines jungen Talents mit Namen Michael Schumacher, die Bemühungen von Williams, das Regelwerk der FIA bis an die Grenzen des Möglichen auszureizen und natürlich der Showdown zwischen Senna und Prost. Eine Epoche, die den Tifosi der Königsklasse immer wieder packendes Drama bot.
Die Saison 1994 erlebte eine Fülle von Veränderungen, vor allem, weil die FIA nun fahrerischer Expertise den Vorrang vor technologischer Innovation gab. Kein aktives Federungssystem mehr, kein ABS, selbst die Traktionskontrolle war weg, was aber blieb, war ein gut entwickeltes Fahrzeug und ein furchtloser Fahrer – Mensch gegen Maschine. Nachdem sich das Erfolgsduo Williams-Renault bereits 1993 den Konstrukteurstitel gesichert hatte, sah es aus, als wäre ihr Start in die Saison 1994 nochmal beeindruckender. Allerdings gab es da noch eine andere französische Marke, die große Lust auf Champagnerduschen und la gloire hatte, denn vor dem Start der neuen Saison begründeten Peugeot und McLaren eine Partnerschaft.
Trotz der bereits erwähnten FIA-Beschränkungen war dieser McLaren von 1994 nichts weniger als ein technologisches Meisterwerk. Der ohrenbetäubende V10 war ein Derivat des mächtigen Peugeot 905, der bereits zweimal als Sieger die Ziellinie beim 24 Stundenrennen in Le Mans passiert hatte. Nur ein paar kleinere aerodynamische Modifikationen waren nötig, um dieses Triebwerk in das F1-Monocoque einzupassen. Zu den Merkmalen gehörte eine Servolenkung, ein innovatives Datenerfassungssystem und sogar das allererste Lenkrad mit Schalthebeln hinter dem Steuer – allein daran erkennt man schon, wie ernst es McLaren und Peugeot war, Sir Frank Williams den Fehdehandschuh hinzuwerfen.
Natürlich nutzt das beste Auto nichts, wenn man nicht auch einen guten Fahrer hat. McLaren hatte zum Glück ein junges Ass, das ausgespielt werden konnte. Nachdem Senna für die Saison 1994 zu Williams-Renault weitergezogen war, wurde er durch den 26 Jahre alten Mika Häkkinen ersetzt, der darauf brannte, an der Seite seines erfahrenen Stallpartners Martin Brundle zu brillieren. Die Bühne war bereitet und während Millionen Fans sich auf die Duelle der größten Fahrer auf den überragenden Maschinen freuten, spürte man förmlich den Ehrgeiz bei McLaren, sich mit dem mächtigen Rennstall in den Rothmans-Farben als ebenbürtiger Rivale zu messen.
Leider wurden McLaren und Peugeot in diesem Vorhaben enttäuscht. Ihre beiden Rennwagen erlebten während der gesamten Saison regelmäßig Probleme mit der Zuverlässigkeit. Obwohl sie achtmal das Podium erreichten und bei zehn Rennen in die Punktewertung fuhren, konnte McLaren 1994 kein einziges Rennen gewinnen. Als Folge erreichten McLaren und Peugeot nur den vierten Platz in der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft – ein Ergebnis mit dem Ron Dennis und sein Team nicht zufrieden sein konnten. Am Ende der Saison 1994 trennten sich McLaren und Peugeot, es kam auch nie wieder zu einem gemeinsamen Projekt. Damit ist dieses bestechende Exemplar, das demnächst unter den Hammer kommt, eines von nur acht erhaltenen Fahrzeugen.
Lackiert in der wohl berühmtesten Livree im Motorsport, präsentiert sich dieser MP4 genauso wie er nach dem Großen Preis von Italien in 1994 ausgesehen hat, denn seitdem war er in McLarens fantastischem Woking Technology Centre eingelagert. Er ist ausgerüstet mit dem hochdrehenden Peugeot V10 A6 3,5 Liter-Motor, der 740 PS entwickelt. Fast 250.000 Euro wurden investiert, um diesen historisch bedeutsamen Rennwagen den Weg zurück zum Track zu ermöglichen und damit auch die Teilnahme bei Events mit Formel 1-Fahrzeugen.
Jeder Formel 1-Rennwagen aus einer vergangenen Zeit fasziniert, aber diese Kombination aus ungewöhnlichem Antriebsstrang und optisch umwerfenden Stallfarben macht den MP4 unwiderstehlich. Er wird auf 1.200.000 – 1.500.000 Euro geschätzt – ein durchaus attraktiver Preis für eine Motorsport-Ikone der neunziger Jahre!