Alex Goy ist einer der neuen jungen Stars der britischen Autoszene. Man kann ihn oft erleben, wenn er allerneueste und spannende Modelle auf seinem Youtube-Kanal „Carfection“ vorstellt und testet. Abgesehen von seiner engagierten Moderation ist Alex aber auch wegen Genevieve berühmt – der liebevolle Name für seinen Morgan Three Wheeler mit dem er so oft wie möglich unterwegs ist. Wir haben uns mit dem Motorjournalisten getroffen, um zu erfahren, wie ihn die Liebe zu Autos packte und weshalb der Three Wheeler einmalig ist.
Alex, herzlichen Dank für die Fahrt im Three Wheeler! Mit so einem Gefährt müssen wir dringend wissen, wann hat dein Interesse für Autos angefangen?
Ich muss zugeben, ich war ein Spätzünder. Autos waren für mich als Kind nur Transportmittel, weil mein Vater einen ziemlich lädierten Audi 80 hatte und meine Mutter einen Rover Metro. Aber ich habe trotzdem in meiner Jugend ein gewisses Interesse an den Tag gelegt. Einmal habe ich mir an Weihnachten einfach nur „Autos“ gewünscht. Mein Vater schenkte mir daraufhin das Motorsportmodellspiel Mighty Metro Scalextric, zu dem auch ein Metro 6R4 gehörte. Inzwischen habe ich verstanden, wie cool der tatsächlich ist. Damals war ich enttäuscht, weil er mich an den roten Metro meiner Mutter erinnerte.
Als ich schließlich 14 oder 15 Jahre alt war, wurde mir klar, dass Autos mein Ticket in die Freiheit waren. Ich spielte unendlich oft Playstation und Gran Turismo 2 – so habe ich alles Fachwissen aufgesogen. Dann wurde „Top Gear“ ein TV-Hit und ich war damit den Autos verfallen. Und ehe ich mich versah, fing ich auch noch an über Autos zu schreiben.
Wie bist du schließlich Autojournalist geworden?
Als mein Vater starb, wusste ich nicht, was ich mit mir anfangen sollte. Ich hatte diese Vorstellung, dass ich Journalist werden wollte, aber der Gedanke, als Jungreporter über Bagatelldelikte schreiben zu müssen, erfüllte mich mit Grausen. Ich war an der Uni und hatte einen R53 Mini Cooper S – die Versicherung war unfassbar teuer – und fuhr einen Freund aberwitzig schnell zum Bahnhof. Eine Überwachungskamera erwischte mich und ein Polizeiauto wurde losgeschickt. Wir wurden angehalten und als ich mein Fenster öffnete, brüllte er mich an: „Ist das Ihr Auto?“ „Schon.“ „Aber warum fahren Sie es denn, als hätten Sie´s gestohlen?“
Es war dumm von mir und ich hatte Glück, dass ich glimpflich davonkam. Dem Polizisten war klar, dass er mich zu Tode erschreckt hatte. Später an diesem denkwürdigen Tag habe ich von meiner Tante eine Ausgabe des Top Gear-Magazins als Weihnachtsgeschenk bekommen, komplett mit einer DVD mit Highlights der Show. Ich setzte mich hin, sah mir das an, und dann wusste ich, dass ich mit Autos meinen Lebensunterhalt verdienen wollte.
Das ist eine wunderbare Erzählung über wie alles begann! Was waren denn einige deiner Highlights aus der Arbeit mit Autos?
Den Veyron zu fahren, war ein unbestreitbarer Höhepunkt für mich. Ich mag verrückte Dinge mit viel Power, aber ich schätze auch jene, die technologisch beeindrucken. Es handelte sich um den Grand Sport Vitesse – der Weltrekordhalter, den Bugatti immer noch besitzt – und ich hatte bis dahin nichts annähernd Vergleichbares gefahren. Meine Messlatte war damals ein 911 Turbo S, der vom Veyron völlig in den Schatten gestellt wurde. Ein Meisterwerk der Ingenieurskunst.
Wenn es ums Fahren geht, dann gehört die Mille Miglia zum Besten, was ich je absolviert hatte! Es war strapaziös, unfassbar schwierig, nicht zuletzt, weil ich in einem Jaguar C-Type teilnahm. Trotzdem eine unvergessliche Erfahrung.
Was ist das schlechteste Auto, das du je getestet hast?
Der Alfa 4C. Wenn er an Wert gewinnt, dann nur, weil die Menschen seine Mängel schätzen. Er ist auch nur der schlechteste wegen des ganzen Hype vorher. Sie machten so viele Versprechungen über das Comeback von Alfa! Dann bin ich den 4C gefahren: Die Sitze waren unbequem, die Schaltung fürchterlich. Insgesamt ein lückenhaftes Paket. Gemessen an dem Preis, den man für das Auto bezahlte – wirklich shocking. Es ist diese enttäuschte, nicht eingelöste Hoffnung, die meine Antwort ist auf das schlechteste Auto, das je gebaut wurde. Es ist nicht einmal die Schuld von Alfa Romeo. Sie haben versucht, ihr Bestes mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen zu geben, aber diese Bemühung war nicht gut genug. Eine gebrauchte Lotus Elise zum halben Preis wäre besser.
Reden wir vom Three Wheeler. Wann hast du ihn gekauft und was hat es mit dem Namen auf sich?
Ich hatte einen für XCAR getestet. Morgan war einer der ersten Hersteller, die das XCAR-Projekt unterstützten, als ich dazu kam – und ich war erst der dritte Mitarbeiter. Morgan sagte uns: „Kommt vorbei und fahrt einen Plus 8.“ Als wir dort waren, hatten sie keinen, also fragten sie: „Wie wär´s mit einem Three Wheeler?“
Wir haben ein Interview mit Charles Morgan über seinen Aeromax gemacht. Es hat ihnen so gut gefallen, dass sie uns – in Maßen – freie Hand gaben. Eins führte zum anderen und ich bekam irgendwann einen Three Wheeler und dazu eine Kartbahn, um einen Film zu drehen. Es hat so viel Spaß gemacht und ich habe mich in dieses Auto verliebt.
Ein paar Jahre später war ich in der Lage, mir einen leisten zu können. Also bin ich zum Werk gefahren, habe einen Three Wheeler konfiguriert und ihn einen Tag vor meinem 30. Geburtstag abgeholt. Er sollte entweder Racing Green mit rotem Leder sein oder lila mit schwarzem Leder. Und er musste unbedingt ein Gesicht haben, weil diese Haifischfront einfach urkomisch ist.
Ich zeigte die Renderings meiner Mutter und sie freute sich: „Aber das ist ja wie Genevieve!“ Genevieve ist diese Fünfziger Jahre-Komödie aus den Ealing Studios über die London-Brighton-Rallye mit dem RAC-Club in historischen Autos. Es geht um diesen Londoner Anwalt, der sich mit seinem Rivalen Ambrose misst und einen lila Darraq von 1904 namens Genevieve steuert. Als kleiner Junge liebte ich diesen Film. Also bin ich wieder zu Morgan gefahren und habe ihnen gesagt, dass mein Three Wheeler in lila lackiert werden muss.
Nachdem ich mein Auto abgeholt hatte, war ich bei Morgan, um etwas zu korrigieren und arbeitete daran in ihrem Café. Das Morgan-Team kam an meinen Tisch und sagte: „Ihr Auto wäre soweit!“ Sie hatten die Armaturentafel mit einer anderen ersetzt, auf der in Lasergravur „Genevieve“ – in derselben Schriftart wie der Kinotitel – geschrieben stand. Dieses Auto würde fortan Genevieve heißen. Eine wirklich tolle Note.
Ich erinnere mich, dass ich eines Abends auf der M40 nach Hause fuhr, was nicht ganz einfach war, weil beim Neuwagen die Umdrehungen durch den Motor beschränkt wurden. Die Reise zurück nach London dauerte dreieinhalb Stunden und ich beschloss eine Abkürzung durch Knightsbridge zu nehmen. Da war ich also, saß in meinem kleinen lila Auto und ein Mann fuhr zu mir auf und ließ seinen Ferrari California mächtig aufdrehen. Alle Augen waren aber auf meinen Morgan gerichtet und er sah nicht glücklich aus. Man kann einen Lamborghini oder Ferrari auf der Straße parken, aber sobald auch ein Three Wheeler dort steht, rückt er in den Mittelpunkt. Leider mögen ihn auch die Hunde…
Du bist auch den Three Wheeler-Nachfolger, den neuen Super 3, gefahren. Wie lassen sich die beiden vergleichen?
Fast alle Probleme wurden mit dem Super 3 beseitigt. Das Problem beim Three Wheeler ist, dass er nicht einlenken mag: Man sieht direkt, wie sich die Reifen von den Rädern schälen, wenn man um Kurven fährt, was nicht wirklich erfreulich ist. Der Super 3 ist viel ausgereifter, hat aber dafür an Charme eingebüßt. Der Three Wheeler klingt auch wegen des V-Twin besser. Ich hätte gerne einen Super 3, würde aber meinen nie dagegen eintauschen.
Aber was ihnen beiden gemeinsam ist, vor allem beim Three Wheeler, ist die Freude, die sie einem schenken. Weil das Auto so herrlich albern ist, würzt es den Alltag der Menschen. So wie damals, wenn man als Junge einen Ferrari gesehen hat und diese Begegnung das Highlight des Tages war. Es ist keine Marke mit Prestige, kein brüllender Rekordhalter, sondern eine umgedrehte Badewanne mit einem Gesicht. Diese Lächerlichkeit begründet seine Brillanz.
Was könnten moderne Autos vom Three Wheeler lernen?
Das Problem mit neuen Autos ist, dass alles der Perfektion unterworfen wird. In ein neues Auto müssen Käufer durchschnittlich eine fünfstellige Summe investieren, also kann man keine mangelhafte Verarbeitung bieten, einen pannenanfälligen Motor. Wenn man sich in immer höhere Segmente hinein bewegt, dann kauft man auch das Image: Das Markenemblem, die Leistung, der Auftritt – man erwirbt die Perfektion.
Was Morgan mit dem Three Wheeler gemacht hat, war gewissermaßen einzuräumen, dass er nicht perfekt ist. Er wird klappern und quietschen, aber man wird einen Riesenspaß mit diesem Morgan erleben. Ich musste meinen Three Wheeler schon mehrmals am Straßenrand reparieren. Aber so lernt man dieses Auto gut kennen und entwickelt eine Beziehung dazu. Was jetzt nicht bedeuten soll, dass ich Ähnliches mit einem 911 erfahren möchte. Ich denke nicht, dass andere Hersteller etwas von Morgan lernen können, doch Morgan selbst sollte weiter diese liebenswerten Mängel pflegen.
Fotos von Mikey Snelgar für Classic Driver