Es gibt einige wenige Sportwagen, die betören schon im Stand. Mit ihrer bloßen Erscheinung. Und ihrer Anmut. Der Aston Martin DB 2/4 ist einer von ihnen. Die Linien, Kurven, Proportionen und Details - alles wirkt wie aus einem Guss. Wir haben einen Aston Martin DB 2/4 Mk II, Baujahr 1956, aus dem aktuellen Bestand von Classic-Driver-Händler Steenbuck-Automobiles ins zukünftige Meilenwerk Hamburg gefahren und dort in den noch rohen und leeren Hallen fotografiert. Das Ergebnis: automobile Ästhetik in Reinkultur.
Die Nomenklatur der frühen Aston Martin Sportwagen verlangt zuvor nach ein wenig Erläuterung. Der DB 2/4 wurde insgesamt von 1953 bis 1957 gefertigt. Er basierte im wesentlichen auf dem früheren DB2 Modell, welches im direkten Vergleich archaisch, hochbeiniger und optisch insgesamt weniger ausgewogen wirkt. Eine neue Windschutzscheibe, andere Stoßfänger und modifizierte Leuchten ließen die Erscheinung des DB 2/4 Mk I neuzeitlicher wirken. Das Fahrzeug wurde damals sowohl als Drophead Coupé (DHC) und als 2+2-Sitzer gefertigt. Ab 1955 folgte die Fixed-Head-Variante (FHC)mit festem Coupé-Dach. Dieses Modell wurde nur 199 mal produziert. Es war der Liebling von Firmenlenker David Brown, der schon zuvor meist mit einem DB2-Vorgängermodell unterwegs war. Tun wir es ihm also gleich: Der dunkelrote DB 2/4 II ist eben eines jener 199 produzierten Fahrzeuge. Ein Rechtslenker.
Schon auf der Fahrt aus der Nordheide in die Hansestadt Hamburg zeigt sich, wie quirlig der bald sechs Jahrzehnte alte Sechszylinder-Motor noch dreht und den übersichtlichen Aston sehr angemessen und akustisch genussvoll beschleunigt. Das gesamte Fahrzeug profitierte zuletzt von einer behutsamen Restauration und auch das von Walter Owen Bentley konstruierte Reihen-Aggregat präsentiert sich nun wieder frisch und leistungsbereit. Wunderbar direkt hängt es am Gas. Die Kupplung packt schnell zu und bringt die Motorleistung direkt an die Hinterräder mit klassischen Speichenfelgen. Der Motor des Hecktrieblers weist mit 2,9 Liter bereits 0,3 Liter mehr Hubraum als bei den frühen Modellen auf. Die sechs Brennkammern mobilisieren immerhin knapp 150 PS, was damals schon für eine beachtliche Höchstgeschwindigkeit von über 190 km/h reichte. Doch auch das Getriebe muss bei solchen Übungen halten. Die sogenannte Moss Box ist für ihre Tücken hinsichtlich der Synchronisation der Gänge bekannt. Bei diesem Sportwagen schaltet die manuelle Viergang-Zentrale allerdings wunderbar präzise und verlässlich. So wie man es sich bei seinem Aston eben wünscht.
In Hamburg angekommen, fahren wir den roten GT in eine der alten Backsteinhallen des ehemaligen Kraftwerk Bille im Stadtteil Hammerbrook nördlich der Elbbrücken. In wenigen Jahren soll hier ein weiteres Meilenwerk als Forum für Fahrkultur Oldtimer-Enthusiasten begeistern. Derzeit fasziniert der weitläufige und trutzig wirkende Gebäudebestand allerdings eher durch seinen verlassenen Zustand und spröde Anmut. Noch ist hier alles unberührt. Tatsächlich ist Classic Driver das erste Magazin, welches nach Bekanntgabe der Meilenwerk-Entscheidung im vergangenen Herbst hier einen Klassiker vor die Kamera fährt. Wir verzichten bewusst auf künstliche Lichtquellen und lassen den Aston Martin vielmehr in seiner Umgebung wirken. Das Ensemble passt: Tageslicht dringt fahl in die große Haupthalle und taucht die wunderbar fließende Karosse des frühen Gentlemen GTs in einen opak wirkenden Schimmer. Linienführung und Details kommen so perfekt zur Geltung. Das Erstaunliche: Ob nun Front-, Seiten- oder Heckansicht, eine Schokoladenseite hat der Aston nicht. Er wirkt vielmehr aus allen Perspektiven auffallend stimmig und gelungen.
David Brown war selbst von seinen Sportwagen so überzeugt, dass er 1955 einige Fahrzeuge sowohl für die Mille Miglia als auch für die Rallye Monte Carlo präparieren ließ. Und das, obwohl man in jener Zeit eigentlich alle Mittel in die potenten DB3-Rennmodelle steckte. Doch der bei diesen Modellen mittlerweile knapp 170 PS leistende Motor versprach einiges. Kleinere Retuschen an der Karosserie begleiteten die Modellpflege. Wenige Fahrzeuge wurden im übrigen von der Carrozzeria Touring zu Spider-Modellen umgebaut. Hierbei entstand wohl auch die spätere Verbindung in Sachen "Superleggera", die sich dann auch im DB4 niederschlug.
Aus heutiger Sicht indes ist es weniger die Renn- und Rallyegeschichte, als vielmehr die bloße Form und geringe Stückzahl, die den Aston Martin DB 2/4 II interessant macht. Und die Tatsache, dass er wesentlicher Wegbegründers für großartige Nachfolge-Modelle ist. Historisch wichtig ist zudem die Tatsache, dass die Modelle dieser Baureihe die ersten sind, die in Newport Pagnell gefertigt wurden. Zuvor hatte Aston Martin noch in Feltham die Karosserien produziert. Ein Aston Martin DB 2/4 ist letztlich eine Bereicherung für jede britische Sportwagensammlung, zumal auch sehr gute Exemplare noch für unter 200.000 Euro zu haben sind. Unser Exemplar notiert mit rund 160.000 Euro zudem deutlich unter den Nachfolgemodellen DB4 und DB5. In punkto Eleganz steht es jenen in nichts nach. Das sieht man dem Briten im dunkelroten Livree an. Auf den ersten Blick. Und auch auf den Zweiten. Und Dritten.
Fotos: Mathias Paulokat