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CEO Markus Tellenbach über den Veloce12 und die Zukunft von Touring Superleggera

In Monterey enthüllte Touring Superleggera ihr jüngstes maßgefertigtes Meisterwerk, den Veloce12. Nach der Premiere haben wir uns mit CEO Markus Tellenbach getroffen, um mehr über das Projekt und die Zukunft der berühmten Carrozzeria zu erfahren.

Am vergangenen Freitag stellte Touring bei The Quail seine neueste „Custom”-Kreation vor: den Veloce12. Als offizieller Medienpartner der Präsentation hatte Classic Driver die Gelegenheit, mit dem frisch enthüllten Modell eine Spritztour auf dem 17-Mile-Drive zu unternehmen und mit dem neuen CEO der Marke, Markus Tellenbach, zu sprechen. Um von ihm mehr über das jüngste Produkt seines Unternehmens zu erfahren und welche Rolle es in seiner Vision für die Zukunft von Touring Superleggera spielt.

Touring Superleggera hat eine bis auf das Jahr 1926 zurückreichende Historie. Können Sie uns beschreiben, für was Touring heute steht und wie sich das Unternehmen entwickelt hat, um in der modernen Automobilindustrie seine Relevanz beizubehalten?

Diese Frage wurde mir kürzlich auch vom CEO von Alfa Romeo gestellt. Und ich antwortete ihm, dass Touring Superleggera wahrscheinlich das älteste Start-up in der italienischen Autoindustrie ist. Obwohl das Unternehmen auf eine fast 100-jährige Geschichte zurückblicken kann, verfolgen wir einen Ansatz, der dynamisch, aufgeschlossen und reaktionsschnell ist sowie die Zukunft in den Blick nimmt. Wir sind ein Design-Powerhaus und unsere DNA ist voller Design-Exzellenz. Uns geht es nicht um Rundenzeiten, Track tools oder die Beschleunigung auf gerader Strecke. Wir entwerfen und gestalten Autos, die unverkennbar italienisch sind, unverkennbar Touring. Sie folgen keinem Trend, sondern begründen einen neuen.

Auch in Zukunft werden wir ein Designunternehmen sein und Ikonen schaffen, die den Test der Zeit bestehen – genau wie in der Vergangenheit. Unsere DNA ist unsere Zukunft und wir werden weiterhin zwei Gesichter zeigen. Das erste ist ein Kundengesicht mit Produkten, die unser Firmenlogo tragen. Das andere ist das eines Industriepartners, der herausragende Autos für Erstausrüster (OEMs) entwickelt, wie den 33 Stradale für Alfa Romeo.

Können Sie uns etwas über Ihr Führungsteam bei Touring Superleggera erzählen? Wie tragen deren Expertise und Visionen zum anhaltenden Erfolg und zur Innovation des Unternehmens bei?

Wir haben ein hervorragendes Team. Unser Betriebsleiter Andrea Dragoni schöpft aus einem enormen Erfahrungsschatz - er ist seit 16 Jahren im Haus. Matteo Gentile hat ein sehr starkes Designstudio aufgebaut. Er ist eine entscheidende Führungspersönlichkeit in Bezug auf unsere Kreativität, das Erscheinungsbild und die Designs, die unser öffentliches Image repräsentieren. Die Kreativität von Matteo Gentile wird zukünftige Produkte prägen, angefangen mit dem Veloce12.

Das Konzept der „puren Italianità“ scheint für das Design und die Charakteristik des Veloce12 von zentraler Bedeutung zu sein. Können Sie näher erläutern, was dies für Touring Superleggera bedeutet und wie es in Ihrer neuesten Kreation verkörpert wird?

Er verkörpert, was wir sind, was uns ausmacht. Der Veloce12 basiert auf einem rein italienischen Spenderfahrzeug, in einem originär italienischen Design, ausschließlich in Handarbeit in Italien hergestellt und mit Lieferanten, die überwiegend aus Italien kommen, wie zum Beispiel Brembo. „Pure Italianità“ ist mehr als nur ein modischer Slogan, es entspricht den Tatsachen. Wir glauben, dass das Design den Wagen unmissverständlich als eine Kreation von Touring ausweist.

Wenn man sich den Alfa Romeo Disco Volante von 1952 ansieht, dann ist auch er Italianità pur. Man könnte sagen, dass der von Touring Superleggera damals entworfene Aston Martin DB5 eher ein internationales Design verkörperte. Aber das war eine Vorgabe und ein Ergebnis, das von Aston Martin verlangt wurde. Der 350 GT – der erste Lamborghini, den wir für Ferruccio Lamborghini gebaut haben – war dagegen ein weiteres Modell mit purer Italianità. Ein gutes Beispiel dafür, was Sie von uns in Zukunft erwarten können, ist die Berlinetta Lusso aus dem Jahr 2015, von der wir nur fünf Exemplare gebaut haben. Dies ist ein Statement für unsere Zukunft.

Touring Superleggera ist bekannt für seine einzigartige Herangehensweise an Fahrzeugdesign und -technik. Wie beeinflusst die Produktphilosophie, traditionelle Handwerkskunst mit moderner Technologie zu verbinden, die Entwicklung neuer Modelle wie des Veloce12?

Am Anfang steht eine Vision, und wenn es keine Vision gibt, sollte man besser gar nicht erst anfangen. Wir wollten ein ehrliches Auto bauen, eine Mensch-Maschine, ein Auto, das man fühlen kann, das reagiert und das man gut kontrolliert. Normalerweise wird das mit Rennwagen in Verbindung gebracht, aber wir bauen keine Track-Tools und werden das auch nie tun, das ist der Unterschied. Das war die Vision, aber eine Vision ohne Umsetzung bleibt eine Fantasie.

Hier kommen Andrea und Matteo ins Spiel. Ich wusste, was ich wollte und was Touring auf die Räder stellen konnte. Aber die Ausführung ist entscheidend, und ohne diese beiden Männer wäre es nie passiert. Die Grundzutaten lagen auf der Hand: ein manuelles Sechsgang-Getriebe und ein V12-Saugmotor – das bringt den Charakter und die Kraft auf kultivierte Weise in den Mix. Diese fantastische Vision wird von einem Versprechen getragen, das da heißt: keine Bildschirme, keine elektronischen Helferlein, sondern ein brutal ehrliches Auto, das nicht brutal aussehen soll, eher bildlich gesprochen wie ein maßgeschneiderter Smoking.

Die jüngsten Modelle von Touring hatten zeitgenössische Fahrzeuge als Grundlage. Wie hat das Unternehmen seinen Ansatz für ein Auto wie den Veloce12 angepasst, das auf einem modernen klassischen Grand Tourer basiert?

Wir haben uns die beste technische Unterstützung geholt, die wir finden konnten. Zwei Unternehmen stechen heraus: Podium, einer unserer technischen Zulieferer, der auch hinter dem Glickenhaus Le-Mans-Rennteam steht, und SEAS. Die Kombination dieser beiden externen Kräfte verschafft uns ein ausgezeichnetes Verständnis der Technologie aus den 1990er-Jahren, und sie stehen auch hinter einigen Restomod-Projekten. Dort arbeiten hochkompetente italienische Ingenieure, die uns bei der Versteifung des Aufbaus, der Wahl des richtigen Fahrwerks Set-ups und der Optimierung des Antriebsstrangs unterstützen. Mit dieser geballten und extern bezogenen Expertise haben wir den Veloce12 entwickelt und ihn zu einem konkurrenzfähigen Sportwagen für das Jahr 2024 gemacht.

Das Konzept eines Restomods ist derzeit sehr angesagt, aber keines dieser Autos kann mit dem Erbe, der Designkompetenz und der Kunstfertigkeit von Touring mithalten. Glauben Sie, dass der Veloce12 in eine neue Kategorie passt und wie unterscheidet er sich von den aktuellen Restomods auf dem Markt?

Ich denke, wir haben eine neue Kategorie geschaffen – die moderne Interpretation eines Designklassikers. Das Design eines ikonischen Autos zu verändern, setzt ein selbstbewusstes Vorgehen voraus, denn es kann leicht schief gehen. Jemand könnte sagen: „Ich mache eine moderne Version des E-Type“, aber man muss wissen, was man tut. Touring verfügt über diese Kompetenz, die wir dazu genutzt haben, um einen Designklassiker neu zu interpretieren und ihn fast drei Jahrzehnte später zeitgemäß herauszubringen.

Es geht also darum, das Vertrauen in das Design zu haben, um einen würdigen Nachfolger des Originals zu produzieren? Wie überträgt sich das auf das Fahrerlebnis des Veloce12?

Ganz genau. Wenn man den Maranello heute fährt, ist er für unsere modernen Erwartungen etwas zu weich abgestimmt. Wir haben daher eine Federung eingebaut, die in fünf Stufen einstellbar ist. Das ist der grundlegendste Unterschied in der Charakteristik, kombiniert mit einem wie erwähnt verwindungssteiferen Aufbau. Diese beiden Faktoren haben den größten Einfluss auf das Fahrgefühl. Der Wagen folgt Ihrem Kommando präzise, ist aber kein Track-Tool. Aber wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie die Grenzen ausloten wollen, können Sie die Federung so einstellen, dass sie Sie maximal unterstützt. Wir haben darüber hinaus den Innenraum komplett neugestaltet und dabei alle Oberflächen durch gefrästes Aluminium und feinstes Leder ersetzt. Ein Interieur der Extraklasse.

Motorisch haben wir sowohl den Einlass- wie den Auslasstrakt optimiert. Dank reduziertem Strömungswiderstand kann der Motor besser atmen und klingt auch viel besser. Ein Kritikpunkt von mir am 550 ist sein gedämpfter Klang, obwohl der Motor so viel Power hat. Außerdem haben wir vorne und hinten größere Brembos verbaut und den Motor im Rahmen des Produktionsprozesses komplett überarbeitet. Der Veloce12 ist kein modernes Auto, aber er will wie ein moderner Sportwagen gefahren werden.

Das ist ein sehr erfrischender Ansatz! Aber nach welchen Kriterien haben Sie und Ihr Team das Spenderfahrzeug für den Veloce12 ausgesucht? Sie besitzen ja einen 550, daher die Frage: Was reizt Sie an dieser Ära des Automobils und was waren die wichtigsten Aspekte, die Sie verbessern wollten?

Er war eine Ikone. Er kam 1996 heraus und hat mich sehr beeindruckt. Ich habe mich regelrecht in ihn verliebt. Er war anders als alles andere zu dieser Zeit. Im Vergleich zu den damaligen Astons hatte er diesen mutigen Ansatz, und ich hatte schon immer eine Vorliebe für italienische Autos. Ich fuhr 911er, aber der 550 stach immer heraus. So war es meine Wertschätzung für dieses Design aus den 1990er Jahren – und den manuell schaltbaren V12 – die Anfang 2023 bei mir mitschwangen, als wir uns zum ersten Mal zusammensetzten, um den Veloce12 zu definieren.

Also war es eine Kombination aus dem atemberaubenden Design und dem Antriebsstrang des 550, die bei der Entscheidung half?

Touring ist nicht gerade für seine Antriebsstränge bekannt, daher musste der Spender einfach passen. Ich glaube, der 550 passt exakt ins Bild. Weil ich auch einen in der Garage habe, habe ich das Potenzial sehr früh erkannt. Matteo hat den 550 in eine Schönheit verwandelt, von der ich getrost sagen kann, dass sie KEIN Restomod ist. Wir sind ein Designhaus, und das ist der Grund dafür, warum wir keinen Restomod auf die Beine stellen. Ich bewundere Singer, und es gibt einige wirklich schöne Restomods auf dem Markt, aber wir wollten etwas, das eine moderne Interpretation eines ikonischen Designs der 1990er-Jahre darstellt. Und weil solch ein Auto eine andere Zielgruppe anspricht als jene, die Autos aus den 1960er-Jahren sammeln. Heute hat man mit Kohlefaser eine Formfreiheit, die in den 1990er-Jahren undenkbar war. Der 550 war bahnbrechend und ist es immer noch, aber er eignet sich auch als Grundlage für eine Ikone im Jahr 2024, und genau das haben wir mit dem Veloce12 geschaffen.

Letzte Frage: Wie haben Sie die ersten Reaktionen auf den Veloce12 erlebt und wie sieht die Zukunft für Touring Superleggera aus?

Wir haben das Auto am 27. Juni Freunden und Verwandten gezeigt und mehr als ein Dutzend Leute haben das Auto schon allein aufgrund der Renderings gekauft. Wir bauen nur 30 Fahrzeuge, es ist also eine limitierte Serie. Potenzielle Käufer und Branchenkollegen waren alle sehr beeindruckt, alle sagten, dass er einfach großartig aussehe. Es ist ein neues Gesicht für Touring und ein neues Kapitel für das Unternehmen, das uns für unser 100-jähriges Jubiläum im Jahr 2026 rüstet.

Wir haben uns für 30 Exemplare entschieden, weil der US-Markt eine relativ schnelle Auslieferung erfordert, sodass die gesamte Serie in nur zwei Jahren ausgeliefert werden wird. Das erste Auto wird Anfang 2025 ausgeliefert, das letzte Ende 2026. Das ist ein einzigartiger Ansatz, aber ich denke, es wird ein Erfolgsfaktor sein, dass wir die Käufer relativ schnell beliefern können. Matteo Gentile arbeitet bereits an einem Auto für 2026, und die Berlinetta Lusso gibt einen guten Hinweis in diese Richtung. Aber das ist alles, was ich im Moment sagen kann!

Fotos von Zach Brehl für Classic Driver