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Oilstainlab bereicherte Londons Skyline um den Half-11 und Hot Dogs

Mit einem Aussichtspunkt hoch über der Skyline von London wurde aus einem unauffälligen Parkdeck die neueste Location für die inzwischen weltberühmten Autoevents und Partys von Duke of London. Kann es dabei einen besseren Ehrengast geben, als der irrwitzige Hall-11 von Oilstainlab?

Während die Sonne über uns lachte, fuhren wir in ein ganz gewöhnlich aussehendes Parkhaus in Londons Bezirk Brentford und kreiselten uns Stockwerk um Stockwerk höher. Obwohl wir leicht verwirrt und skeptisch waren, schraubten wir uns weiter himmelwärts und navigierten an engen Wänden und hohen Bordsteinkanten vorbei. Als wir allmählich in den oberen Etagen ankamen, änderten sich auch die Autos, die hier parkten. Keine Frage, sie trugen die Handschrift von Duke of London und wir waren an der richtigen Adresse angekommen! Mustang, R107 Mercedes-Benz, Range Rover-Klassiker und noch vieles mehr. Merlin hat sie fein säuberlich eingeparkt, bereit, die Gäste zu begrüßen. Als wir in Richtung Dachgeschoß an dieser fantastischen Auswahl an klassischen Autos vorbeischlenderten, entdeckten wir den Grund unseres Kommens: Oilstainlabs fesselnd außerirdischer Half-11. Ein Auto, das für uns keinem anderen Porsche gleicht, überhaupt keinem anderen Auto.

Wenn man die Oilstainlab-Gründer Nikita und Iliya Bridan trifft, die Zwillinge, die diesen Wahnsinn realisiert haben, dann wird klar, dass der Firmennamen eine viel tiefere Bedeutung besitzt, als diese drei coolen Worte, die sich übersetzen lassen als „Ölflecklabor“. Die geradezu ansteckende Leidenschaft für ihr Werk spürt man bei diesem Duo sofort. Kein Wunder, denn sie haben hier ihr ganze Liebesmüh der letzten fünf Jahre gesteckt – wir haben sie dabei intensiv begleitet, nachdem unser Rémi Dargegen die Zwillinge im vergangenen Februar besuchte

Was genau ist das, was wir hier gerade sehen? Nikita war mehr als bereit, mir eine ausführliche Tour dieser Schöpfung zu geben und wies bei der Gelegenheit gleich darauf hin, dass die vordere Hälfte des Fahrzeugs beim Begriff „Half“ Pate stand, der Rest ist ein als Space-Frame komponierter Liebesbrief an Porsches schillerndste Rennwagen aus dem goldenen Zeitalter des Motorsports in Le Mans und in der Can-Am-Serie. Jedes einzelne Element dieses Autos wurde sorgfältig durchdacht, von der handgefertigten Aluminiumkarosserie bis zu den vom 917 inspirierten 15-Zoll-Rädern, umhüllt von bemerkenswert breiten Reifen. Das Cockpit hingegen ist winzig, der Zugang geschieht über Flügeltür-ähnlichen Klappen, welche nun die konventionellen Türen des 911 ersetzen.

Nikita lacht: „Wenn Sie bis zu 170cm messen, geht es für Sie, aber 165cm wäre eigentlich die ideale Größe. Gottlob, wir sind Zwillinge und haben dieselbe Körpergröße!“ Direkt hinter dem rechten Ohr des Fahrers schmiegt sich das Herzstück von Oilstainlab, ein donnernder 5,5-Liter-V8, der auf einem umgedrehten Getriebe aus dem 996 GT2 montiert wurde und 650 PS leistet. Wunderbarerweise begnügt sich der Half-11 mit ganz normalem Kraftstoff. Über fast die gesamte Heckbreite erstreckt sich Nikitas Lieblingselement: Ein 3D-gedruckter, Inconel-beschichteter, 180-Grad-Crossover-Auspuff, dessen grimmiges Grollen vermutlich noch auf der anderen Seite der Themse vernommen werden kann. Tatsächlich entdecken wir an der Seite auch noch Rasenfetzen, die dem Herzog von Richmond gehören. Erst letztes Wochenende überwältigte der Half-11 die Massen, als er beim Goodwood Festival of Speed den berühmten Hügel hinaufraste. Damals hatte Nikita etwas geäußert, was wir immer noch nicht ganz verstanden haben: „Das Auto besitzt ein Touristenvisum, denn es ist für Kalifornien zugelassen, aber das bedeutet, dass wir es auch hier in Großbritannien bewegen dürfen. Wir fuhren von Goodwood direkt nach Oxford und dann heute nach London. Die Autobahnpolizisten fuhren alle mit einem breiten Grinsen im Gesicht an uns vorbei!“ Die Zwillinge meinen es durchaus ernst, wenn sie Anhänger als Transportmittel ablehnen – „no trailer queens“.

Obwohl die Sonne zu sinken begann, blieb die Temperatur hochsommerlich, aber das hinderte nichts am steten Strom hinreißender Klassiker und begeisterten Gästen, die sich um den Half-11 scharten. Eine kleine Promenade über diesen Parkplatz mit Panoramablick offenbarte auch Londons Autokultur von ihrer schönsten Seite. Da parkte ein atemberaubender Volvo P1800 in grün über beige neben einem 991.2 GT3 RS und einem rassigen silbernen Ford Mustang – sie alle belegen, dass die Events von Duke of London immer eine unkonventionelle Auswahl an Autos und an Gästen mit einem Gusto auf alles, was Retro und stylish ist, zusammenführen. Ticos Hot Dogs spendierten leibliches Wohl und verliehen der britisch-amerikanischen Kooperation einen kulinarischen Akzent. Genau nach dem Geschmack des Publikums, denn erst als sich die Sonne hinter der Silhouette Londons senkte, waren auch die letzten Hot Dogs serviert.

Für Nikita und Iliya wird die Reise des Half-11 vermutlich nie wirklich abgeschlossen sein. Diese Schöpfung befindet sich kontinuierlich im Entwicklungsmodus – ein Auto, an dem dieses kreative und leidenschaftliche Duo nie die Arbeit und die Optimierungen abschließen wird. Das spürt man, auch wenn man, wie jetzt, den Half-11 in fast fertiggestellter Form erlebt. In Kalifornien ist der Anblick eines rollenden Kunstwerks nicht außergewöhnlich, in Großbritannien kommt das einer kleinen Sensation gleich, wenn man diese verrückte Maschine eingebettet zwischen konventionellen G-Modellen und Turbos erlebt. Die Zwillinge und ihr Werk reisen jetzt nach Barcelona und danach kehrt der Half-11 in die USA zurück. Wir sind schon sehr auf seine nächste Evolution gespannt, wenn wir dereinst die Chance haben werden, ihn wieder in Augenschein zu nehmen!

Fotos von Jonny Lau für Classic Driver