Die meisten Leser von Classic Driver werden mit der Geburt von Ruf Automobile 1939 vertraut sein, denn damals eröffnete Alois Ruf eine Servicewerkstatt in Pfaffhausen, die sein Sohn Alois Junior 1974 übernahm und mit Upgrades für den 911 startete.
Ein Jahrzehnt später hatte sich das Geschäft vom inoffiziellen Porsche-Tuner zum eigenständigen Hersteller gewandelt und die Marke gestattete Ruf nun, Autos gemäß Porsches hoch anspruchsvoller Spezifizierung zu bauen – mit neuen Karosserien und anderen Komponenten, die direkt aus Zuffenhausen zugeliefert wurden.
Jeder neu gebaute Ruf erhält sogar seine eigene Fahrgestellnummer – die immer mit WO9 beginnt. Es dürfte allenfalls eine Handvoll Petrol Heads geben, denen der 338 Stundenkilometer schnelle CTR „Yellowbird“ von 1987 nichts sagt: Jener originale CTR – kurz für Gruppe C Turbo Ruf -, der Weltberühmtheit erlangte, als ein Video diese acht Minuten und fünf Sekunden zeigte, die Stefan Roser brauchte, um bei der Premiere eine reifenrauchende Nordschleifenrunde hinzulegen.
Wie zu erwarten, fanden die Porsche von Ruf eine treue Fangemeinde unter den wohlhabenden Supercar-Enthusiasten im Mittleren Osten. Besonders begeistert war Sheikh bin Hammad Al-Khalifa, der Kronprinz von Bahrain, dessen Leidenschaften für den Motorsport zur Eröffnung 2004 des 150 Millionen Dollar teuren Bahrain International Circuit führt. Diese Rennstrecke wurde speziell auf die Bedürfnisse der Formel 1 zugeschnitten und gilt inzwischen als einer der wichtigsten Kurse innerhalb des Grand Prix.
Tatsächlich war der Kronprinz so verliebt in die Schöpfungen Rufs, dass er das Unternehmen einlud, eine weitere Fertigung auf dem Gelände der Rennstrecke zu errichten. Das Werk wurde im Frühling 2007 eingeweiht und die Eröffnung mit der Enthüllung des ersten CTR3 gefeiert – 20 Jahre nach dem Debüt des CTR Yellowbird.
Es gab vermutlich nicht wenige Bewunderer von Rufs Werk, die alles gegeben hätten, um an diesem großen Tag dabei zu sein. Nicht zuletzt, um ebenfalls die verwirrte Reaktion beim Anblick dieses außergewöhnlichen Autos zu erleben.
Obwohl man seine Abstammung sofort erkennt, erzeugt der CTR3 ein Stutzen, ein momentanes Innehalten, wenn man einen entdeckt. Knapp 13 cm breiter als der 911 seinerzeit und gut 10 cm tiefer, war der Radstand 28 cm länger: Der Sportwagen verband die Front des GT3RS mit der Mittelmotor-Anordnung des Cayman und der Dachlinie eines Le Mans-Prototyp und ließ alles in einen hoch angesetzten Hüftschwung münden. Es war die Erscheinung eines puren, breit und austariert aufgesetzten Rennwagens.
Es war klar, dass der CTR3 nicht einfach nur ein modifizierter Porsche, sondern ein einmaliges, von Grund auf entwickeltes Supercar ist, ebenso in Manufaktur gefertigt und so exotisch wie ein Koenigsegg oder Pagani. Da nur 29 Stück gebaut wurden, besitzt der CTR3 auch noch einen höheren Seltenheitswert als die beiden.
Die 911-Front der Baureihe 997 wurde mit einer sonderangefertigten Plattform vermählt, die aus einer Kombination einer Legierung und verzinktem Stahl bestand, während die auf dem 996-Turbo basierende 3,7-Liter-Machine durch doppelte KKK-Turbolader beatmet wird, die gut 700 PS bei 7.000 Umdrehungen leisten. Wie in einer wunderbar gestalteten Wiege nestelt das Triebwerk im Motorraum.
Ruf nennt diese Schöpfung „Birdcage“ – dieser bergende Käfig aus vollwertigem Aluminium wurde zusammen mit dem kanadischen Spezialisten für Motorsport-Chassis Multimatic entwickelt. Es ist das Herz, das unter der skulpturalen Kevlar-Karbon-Karosserie schlägt – ein dynamischer Körper, der kaum eine gerade Kante zeigt.
Das Resultat dieses aus dem Motorsport gewonnenen Engineering ist eine Beschleunigung von 0 auf 100 Stundenkilometer in gerade 3,2 Sekunden und eine Topspeed von rund 375 Stundenkilometer. Leistungsdaten, die selbst heute nur eine Handvoll straßenzugelassener Supersportwagen für sich verbuchen dürften. Doch der CTR3, den Art & Revs anbieten, ist sogar noch hochkarätiger.
Obwohl er 2010 entstand und es sich nur um das achte CTR3-Chassis handelt, das gebaut wurde, kehrte er zu Ruf zurück, um die „Clubsport“-Spezifikation zu erhalten, die beim Genfer Autosalon 2012 vorgestellt wurde. Damit sprang die Leistung auf rund 786 PS, das Drehmoment wurde auf überragende 980 Nm katapultiert und zudem sorgte eine Blattgoldauflage auf dem Trockensumpföltank für verbesserte Wärmedämmung. Außerdem erhielt das Fahrzeug Lenkungskomponenten aus dem 997 GT3 RSR, einstellbare Stoßdämpfer von Ohlins und sonderangefertigte Federn für vorne und hinten.
Ebenfalls verbaut wurden ein Motorsport-Kupplungssystem aus dem 997 GT2, optimale NACA-Belüftungen im Motorraum und ein von Zirkonium ummanteltes Auspuffsystem mit Titan-Endrohren, das freieren Durchlass erlaubt und leistungssteigernd wirkt.
Man muss erfreulicherweise selbst kein Ingenieur sein, um zu erkennen, wie atemberaubend konzipiert und zusammengefügt dieser Ruf Porsche ist. Obwohl er eindeutig als Rennwagen konfiguriert ist, besticht er durch ein ebenso durchdachtes Cockpit. Wer unter den Classic Driver-Lesern mit Adleraugen ausgestattet ist, hat natürlich gleich das Steuer auf der rechten Seite entdeckt – es handelt sich hier um das erste rechtslenkende Exemplar, das produziert worden war. Links davon ist der funktional gestaltete Aluminium-Schalthebel – nein, keine Paddles -, der das sequentielle Sechsganggetriebe bedient.
Gestepptes Alcantara wurde für die Innentürverkleidungen, das Armaturenbrett und die Rennsitze aus Karbon ausgewählt, die ausgiebig bestückte Armaturentafel erinnert auf beruhigende Weise daran, dass sich dieser extrem geformte CTR3 wirklich auf ganz normalen Straßen aufhalten darf.
Der Tacho zeigt die 15.500 Kilometer, welche die drei sorgsamen Vorbesitzer ihm angedeihen ließen. Mit anderen Worten: Der nächste Eigner darf sich und soll sich auf viele Ausfahrten freuen. Und wenn er – oder sie! – von einem verblüfften Passanten gefragt wird: „Was ist denn das?“ Nun, dann kann es keine bessere Replik geben, als jene eines Testfahrers, als der CTR3 seinerzeit debütierte: „Er ist ohne Wenn und Aber der beste 911, den Porsche nie baute.“