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Bitte stören! Mini erfindet in Mailand die Wohngemeinschaft neu

Berge ungespülten Geschirrs, vier bekiffte Mitbewohner und nur eine kalte Dusche – beim Stichwort „Wohngemeinschaft“ kommen dunkle Jugenderinnerungen hoch. Im Rahmen der Milan Design Week zeigt die Installation Mini Living, dass es auch anders geht.

Dass die Automobilhersteller sich für die Zukunft neu aufstellen und umdenken müssen, ist keine Neuigkeit mehr. Mit dem Car-Sharing-Dienst Drive Now haben sich BMW und Mini schon erfolgreich in die Sharing Economy vorgewagt, nun beginnen die Münchener auch auf anderen Feldern abseits der Mobilität zu experimentieren. In Mailand ist während des Salone del Mobile und der Milan Design Week unter dem Titel „Mini Living“ ein erster Ausflug in die Welt des urbanen Wohnens zu bestaunen. Das passt in sofern besser als zunächst vermutet, als schon der erste Mini der 1959 mit dem Slogan „Creative use of space“ beworben wurde – und dieses Motto ist in den von Wohnungsmangel und Density geplagten Metropolen aktueller denn je. 

Wer im Zentrum einer Großstadt wie Mailand, Berlin, London oder Tokio wohnt, weiss – das Leben am Puls der Zeit hat seinen Preis. Denn Wohnraum in den Szenevierteln der Welt ist äußerst begrenzt, meist sauteuer und heiss begehrt. 100 Menschen bei einer Wohnungsbesichtigung sind keine Seltenheit, unmoralische Angebote im Tausch gegen Vier-Zimmer-Altbauwohnungen ebenso. So liegt es auf der Hand, dass der wenige vorhandene Raum besser genutzt – und intelligen geteilt werden muss. Im Zentrum der Installation, die Mini in einer Lagerhalle nahe dem Trendviertel der Zona Tortona zeigt, steht ein 30 Quadratmeter großes Apartment, das in ähnlicher Form und gemeinsam mit ähnlichen Wohneinheiten eine „Mikronachbarschaft“ bilden könnte. Die Wände lassen sich teilweise öffnen, so dass Regale und gemeinsam mit den Nachbarn nutzbare Module zum Vorschein kommen – eine Küche, eine Werkbank, eine Musikanlage.

„Mit der Installation Mini Living wollen wir einen Beitrag zur Diskussion, wie wir in Zukunft zusammenleben wollen, leisten. Immer mehr Menschen werden sich immer knapperen Raum in der Stadt teilen. Wir glauben, dies birgt Potenzial für mehr Gemeinschaft und Austausch. Die Installation verbindet auf kompakter Grundfläche beides: einen privaten Rückzugsort wie auch Zugang zur Gemeinschaft“, erklärt Oke Hauser, der das Projekt bei Mini leitet. Umgesetzt wurde der Prototyp zusammen mit dem japanischen Architekturatelier ON Design aus Yokohama, das in den Bereichen „Microhousing“ und „Collaborative Living“ bereits einige Projekte umgesetzt hat, und dem Ingenieurbüro Arup in Berlin.

Ganz neu ist die Idee freilich nicht – Modernisten wie Le Corbusier haben schon vor einem Jahrhundert die klassische Wohnform Frage gestellt. Auch der Ingenieur und Architekt Jean Prouvé hat in der Nachkriegszeit mit funktionalen Fertigbauten experimentiert. Dass Mini die Tradition der „Case Study Houses“ nun wieder aufnimmt und eine neue Form des kollaborativen Lebens propagiert, spricht dafür, dass die Wohngemeinschaft vielleicht schon bald nicht mehr nach Dope, Dosenravioli und ungewaschenen Mitbewohnern riecht, sondern den süßen Duft der Zukunft verströmt.