Direkt zum Inhalt

Magazin

Eine Londoner Ausstellung präsentiert die unbekannte, bewegte Geschichte von Cartier

Die neue Ausstellung „Cartier in Motion” im London Design Museum erzählt vom Gründer der legendären Marke, Louis Cartier. Kurator der Schau ist niemand Geringeres als der weltberühmte Architekt Lord Norman Foster.

Obwohl er von der Anfrage von Deyan Sudjic, dem Direktor des London Design Museums, fasziniert und geschmeichelt war, hatte Lord Foster zunächst seine Zweifel: Er fragte sich, ob er die richtige Wahl für diese Aufgabe sei. Design ist zwar für Architektur und Uhren gleichermaßen von Bedeutung, doch weitere Parallelen fielen ihm zunächst nicht ein. Erst als sich der bedeutende Baumeister intensiver mit Louis Cartiers aufregender Vergangenheit auseinandersetzte, wurden ihm die spannenden, bisher unbekannten Seiten des bahnbrechenden Juweliers bewusst.

Neue Perspektiven

Nachdem Foster entdeckt hatte, dass Cartiers Uhrendesign von der urbanen Geometrie von Paris, der Fliegerei und auch von seinen mechanisch interessierten Freunden beeinflusst worden war, konnte er ein Konzept für die große Schau entwickeln. Allerdings war er sich zunächst nicht sicher, ob Cartier davon begeistert sein würde. „Was ich mir vorstellte, war nicht die typische Louis-Cartier-Ausstellung, die mit seinen berühmtesten Werken anfangen und enden würde. Es sollte vielmehr die Würdigung einer Ära mit Artefakten und Memorabilien werden, die einen neuen Blick auf Armbanduhren, Uhren und Schmuck erlaubte. In der Inszenierung der Schau sollten später auch Cartiers schöne Uhren und Objekte zu sehen sein.” Zu Fosters Glück war auch das Cartier-Team neugierig darauf, diese bislang wenig bekannte Seite des Unternehmens vorzustellen. Vor allem Pierre Rainero – Direktor für Image, Style und Heritage – war begeistert und verriert uns bei der Vernissage: „Ich denke, dass die Ausstellung der Geschichte Cartiers eine weitere, faszinierende Dimension hinzufügt – eine, die bis jetzt unbekannt war.” Diese Qualität spürt man als Besucher sofort.

Epoche der Pioniere

Schwarze Decken und Wände, rote Teppiche und präzise platzierte Spots schaffen den Rahmen für eine Ausstellung, die das Pariser Lebensgefühl der Epoche in London zu neuem Leben erwachen lässt. Es ist eine umwerfende Erfahrung. Von dem Moment an, in dem sich die breiten Flügeltüren öffnen, richtet sich der Blick auf die knapp 5,5 Meter große Replik von Alberto Santos-Dumonts Originalflugzeug Demoiselle. Santos-Dumont war ein enger Freund Cartiers. Diese Beziehung zu dem Piloten und Erfinder inspirierte Cartier zu Entwicklung seiner allerersten Uhr, der Santos. Nur zwei Santos-Armbanduhren wurden seriell hergestellt – die erste übrigens im Jahr 1904 für Santos selbst, damit er beim Fliegen nicht immer umständlich in der Jacke nach seiner Taschenuhr greifen musste. Als Pendant zu diesem berühmten Flugzeug und seiner Bedeutung für die Historie des Hauses Cartier ist auch ein sehr seltenes Gelbgold-Exemplar von 1912 zu bestaunen. 

Kostbare Stadtplanung

Der junge Cartier wurde aber nicht allein von der Romantik der Flugpioniere beeindruckt. Er wuchs im Paris des späten 19. Jahrhunderts auf, dessen urbane Gestaltung und das neue sternförmige Straßennetz von Georges-Eugène Haussmann geprägt waren. Diese neue Gesicht der Weltstadt beeinflusste auch das Design einiger der berühmtesten Uhren des Juweliers – wie beispielsweise der Tank mit ihrer quadratischen Form und dem radialen Zifferblatt. Das früheste Beispiel dieser Ikone hält die Ausstellung in Form eines Exemplars in Platin und Gold von 1920 bereit, umrahmt von anderen wichtigen Modellen dieser Serie, welche die Evolution der Tank sichtbar werden lassen. 

Paris, Mon Amour

So wie man in Paris das Original nicht übersehen kann, dominiert ein Modell des Eiffelturms im Maßstab 1:110 die Ausstellung. Im Licht der Scheinwerfer schimmert das goldene Finish des Denkmals, das zugleich von einer Miniatur des Luftschiffs Nummer 9 von Santos-Dumont umrundet wird. Frühe Juwelen und Uhren begleiten Gustave Eiffels bahnbrechende Eisenkonstruktion, denn man vermutet, dass das lichte und filigrane Gitterwerk des Turms auch Pate bei verschiedenen Schmuckstücken Cartiers stand und zugleich die Entwicklung vom Gold- zu Platinrahmen inspirierte.

Unvergleichliche Einblicke

Über 170 Zeugnisse von Cartier lassen sich in allen Winkeln dieser großen Schau entdecken. Etwa ein von Wolkenkratzern entlehntes Tisch-Set, Zigarettenetuis, die Replik einer Mondlandefähre, Diademe und Haarornamente, Fotografien und Skizzen, Taschenuhren und sogar eine rätselhafte Ford Model A-Uhr. Jedes Artefakt erzählt von einer Persönlichkeit, einem Ort oder einer Begebenheit, die in Louis Cartiers Leben eine bedeutsame Rolle spielte. Diese Ausstellung bietet eine Fülle von neuen Einsichten. Pierre Rainero erklärt: „Die Heritage-Abteilung von Cartier fokussiert sich auf drei unterschiedliche Bereiche: Das ist zunächst das Was – also die Objekte – und dann das Wie und das Warum. Die Ausstellung richtet ihr Augenmerk auf das Wie und das Warum der Schöpfungen Cartiers. Deswegen ist sie einzigartig.”

Fotos: Veronica Lane für Classic © 2017

Die Ausstellung „Cartier in Motion” wird noch bis zum 28. Juli 2017 im Design Museum London gezeigt. Weitere Informationen über die Schau sowie Eintrittskarten hält die Website des Museums bereit. Sie finden außerdem eine breite Auswahl an Cartier-Uhren im Classic Driver Markt.