Rivalen im eigentlichen Sinn waren die beiden süddeutschen Sportskanonen übrigens nie: Der breitbackige BMW war einer der ersten Versuche, bayerische Rennsport-Ambitionen auch an europäische Sonnenanbeter zu verkaufen, während der flachgebügelte Porsche vor allem auf dem US-Markt ein großes Erbe antrat: Schließlich hatte die Speedster-Formel bereits drei Jahrzehnte früher durch den einflussreichen Importeur Max Hoffman und seinem ganz persönlichen Porsche 356 erste amerikanische Erfolge gefeiert. Porsche hatte das Rezept nun auf Basis der 911er-Modellreihe 964 neu aufgekocht, wobei der „Flachmann“ technisch eher dem alternden 930 Turbo näherstand.
Flache Scheiben, dicke Backen
Wie schon der Porsche 356 Speedster hatte auch der neue 911 Speedster eine verkürzte und abgeflachte Windschutzscheibe sowie ein spärliches „Notfalldach“ erhalten. Neu war jedoch ein Kamelhöcker aus Fiberglas, über dessen Form sich die Kunden fürchterlich aufregen konnten. Das Stoffverdeck selbst, weder wasser- noch windabweisend, sorgte dagegen kaum für Kritik. Ein Vierteljahrhundert später besteht sicherlich noch immer kein Konsens über die einstige Verdecköffnungs-Ästhetik aus dem Hause Porsche. Überraschend ist aus heutiger Sicht jedoch, wie einfach doch auch ein groß gewachsener Fahrer hinter der flachen Scheibe Platz findet, ohne sich ständig um den Sitz der Frisur sorgen zu müssen.
Im Gegensatz zum leuchtend roten Speedster im Turbo-Look erscheint der dunkelblaue BMW M3 der E30-Reihe fast zurückhaltend.
Im Gegensatz zum leuchtend roten Speedster im Turbo-Look erscheint der dunkelblaue BMW M3 der E30-Reihe fast zurückhaltend. Die verbreiterten Radhäuser und Spoiler des ersten M3 sind in Würde gealtert und implizieren nun nicht mehr der (für viele Jahr durchaus zutreffende) Stereotyp des aufgepumpten Provinz-Zuhälters am Steuer. Im Gegensatz zum BMW M3 Coupé thront auf dem Heck des Cabrios zudem kein Spoiler. Und was nur die Wenigsten wissen: Während sein geschlossener Bruder im Strom der weniger potenten 3er-Modelle in München vom Band lief, wurde der offene M3 in Garching von Hand gebaut.
Komplimentärkontraste
Obwohl als kompromisslose Fahrmaschinen konstruiert, lassen sich die beiden deutschen Youngtimer an diesem milden Frühlingstag recht komfortabel durch den Londoner Stadtverkehr bewegen. Gut, die Kupplungen forden einen beherzten Fuß, dafür punktet der BMW mit seiner Servolenkung. Auf offener Strecke trumpft dann der Porsche mit seinen Leistungsreserven auf, während der bayerische Reihenvierzylinder einfach den besseren Sound entwickelt als der schwäbische Sechszylinder-Boxer. Das ist natürlich Geschmackssache. Und doch scheint es angesichts des heutigen Sportwagen-Einerleis erstaunlich, welch unterschiedliche Sportwagenkonzepte die beiden Marken zur gleichen Zeit auf die Straße brachten.
Interessant ist auch ein Blick auf die Preisentwicklung: Während der Porsche 911 Speedster mit stabil hohen Summen jenes Objekt der Sammler-Begierde geblieben ist, als das er von Anfang an konzipiert wurde, ist der BMW M3 noch immer recht günstig zu haben. Obwohl nur 768 Cabrios und 16.000 Coupés gebaut wurden, kostet das handgefertigte Cabrio sogar oft weniger. Doch wer weiß – vielleicht steht ja auch in Sammlerkreisen das Frühlingserwachen direkt bevor.
Photos: Joe Breeze