Im Markt mit klassischen Fahrzeugen kommt es auf die Wortwahl an. In letzter Zeit scheinbar mehr denn je. Mir fallen zusehends Angebote auf, die mit teils atralischen Beschreibungen und vermeintlich historischem Pomp ausgestattet werden, um sie im Wert nach oben zu schrauben. Mancherorts werden so auch aus an sich nicht begehrenswerten Modellen schnell mal „Raritäten“. Oder nur noch von Rostkruste zusammen gehaltene Standobjekte mutieren zu „lohnenden Restaurations-Projekten“. Langjährige Dauersteher sollen mit ein wenig „freundlicher Zuwendung“ alltagstauglich werden. Und Sportwagen mit langweiligen und langsamen Automatikgetriebe „profitieren“ plötzlich von der irrgeleiteten und damit auch seltenen Wahl des eindeutig falsch platzieren Kreuzes auf dem Bestellzettel. Bitte, in einen Sportwagen gehört ein Schaltgetriebe! Wem gar nichts mehr einfällt, der fühlt sich immerhin noch „privilegiert, Ihnen dieses famose Stück authentischer Automobilkultur zu offerieren“. Ja, klar!
Doch es gibt einen Bereich, der übertrifft alles. Ich rede vom Segment der Kopien. Ja, auch das gibt es. Die Fakes. Fälschungen, Imitate großer Fahrzeuge. Oder schlicht eben: Kopien. Ein Wort aus fünf Buchstaben, das man nicht erklären braucht. Eben deshalb wird es ersetzt durch so blumige Begriffe wie „Auferstehung“ oder „Neuschaffung“ - landläufig auch in Deutschland als „Recreation“ bekannt. Ich mag auch den Terminus der „überzeugenden Hommage“. „A convincing hommage“, das klingt gerade in feinem Englisch süffliert, sehr distinguiert.
Doch man muss auch hier unterscheiden. Der schönste Begriff in diesem lautmalerischen Konzert jedoch lautet: Sanction II. Viele denken dabei an die vier übrig gebliebenen Aston-Martin-DB4-Chassis, die Anfang der 1990er Jahre - ganz offiziell - eine Zagato-Karosse übergestülpt bekamen. Alles mit dem Testat der damaligen Aston Chairmen Victor Gauntlett und Peter Livanos. Weniger dem automobilen Kulturgut zu Liebe, als vielmehr der Nachfrage zollend. Nur 19 Originale wurden schließlich überhaupt gefertigt. Sie haben heute einen Millionenwert - jedes einzelne Fahrzeug, versteht sich. Ein Sanction-II-Aston verkaufte sich durch Bonhams im vergangenen Jahr hingegen zu einem Fünftel des Wertes - immerhin aber für über eine Million britische Pfund.
Doch abseits des Hypes um Originale stelle ich die Frage, was ist nun wirklich schlecht an diesen Sanction-II-Fahrzeugen? Sie sind handwerklich mindestens so hochwertig wie die Originale, vielleicht sogar noch sorgfältiger verarbeitet. Sie sehen optisch gleich aus und haben zudem das Siegel der Authentizität durch den jeweiligen Hersteller. Und noch ein Punkt: Der bloße Blick auf die Produktionszahlen zeigt, dass Sanction-Fahrzeuge sogar rarer sind als die zitierten Originale. Und der Aufwand, ein solches Fahrzeug überhaupt auf die Räder zu stellen ist ohnehin immens. Also: verkehrte Welt? Grund sich verschämt zu verstecken? Mitnichten.
Aber bitte bilden Sie sich selbst Ihre Meinung: Eine solche Rarität wird nämlich derzeit von DK Engineering angeboten: ein Ferrari 250 GT TDF mit langem Radstand aus dem Jahr 1957. Original war dieser Wagen mit einer Boano-Stahl-Karosse verkleidet, sprich bevor er in den 1990er Jahren mit nur einer von zwei Zagato-sanctioned Double-Bubble-Karossen versehen wurde. Demgegenüber stehen drei originale Fahrzeuge mit eben dieser Karosserie. So oder so ein äußerst elitärer Club. Unter dem Kleid sind Original und Sanction-Autos sowieso identisch. Doch der Preis der Sanction liegt unter den zehn Millionen US-Dollar, die für ein Original aufgerufen werden. Gewiss, auch dieses Auto ist nicht billig, nur eben ein Stückchen mehr in Reichweite - und bietet „Investment-Potenzial“. Oder was meinen Sie?
Fotos: DK Engineering