Viele Automobilprojekte sind das Ergebnis monatelanger oder sogar jahrelanger Forschung, Träume und Erfahrungen in der Branche. Aber manchmal entstehen die besten Projekte aus einer einfachen Idee, gepaart mit genügend Leidenschaft und den richtigen Leuten. Genau so verhielt es sich mit dem SafariProjek Off-Road-Porsche-Abenteuer des südafrikanischen Off- und On-Road-Rennfahrers Johan de Bruyn.
Da im Jahr 2020 so ziemlich alles auf der Welt auf Eis lag, hatte de Bruyn viel Zeit, zu Hause über alle Dinge des Lebens nachdenken zu können. Als Petrol Head kreisten seine Gedanken vor allem um Autos. Dazu muss man wissen, dass de Bruyn sowohl bei Rundstreckenrennen wie bei Rallye-Raids aktiv ist – beide Male auf Modellen seiner Lieblingsmarke Porsche. So kam ihm irgendwann der Gedanke, beides miteinander zu verbinden und das Endprodukt begeisterungsfähigen Kunden anzubieten. Also wandte er sich mit der Idee für einen Safari-Porsche 996 an Philip Visser, einen Ingenieur und Rennwagenbauer mit langjähriger Erfahrung im Management von Rallyeteams und im Fahrwerksbau.
Nach ausreichender Recherche – so dachten sie zumindest – begannen die Arbeiten an ihrem ersten Modell auf Basis eines Porsche 996 Carrera 4S Baujahr 2003. Sie hofften, das Gros der Teile für den Aufbau „von der Stange“ zu bekommen, waren dann aber überrascht zu erfahren, dass es fast nichts zu kaufen gab. Als Folge mussten sie noch mehr recherchieren und schließlich die meisten Teile selbst entwickelten und bauen. Da aber geeignete 996er immer schwieriger zu finden waren, erweiterte sich ihr Horizont schließlich auch auf 911er der Baureihe 997.
Um größere Felgen montieren zu können, die Bodenfreiheit zu erhöhen und auch die Optik auf Safari-Porsche zu trimmen, entwickelte das Team einen maßgeschneiderten „Wide-body“ mit auskragenden Kotflügelverbreiterungen und dazu passenden Stoßfängern an Bug und Heck. Außerdem erhielt jedes Fahrzeug einen speziell angefertigten Unterfahrschutz aus Aluminium, um die Unterseite bei Offroad-Fahrten zu schützen. Kunden können Ihren Safari-Porsche mit einer auf der Motorhaube montierten Batterie aus vier Scheinwerfern (wie damals!) oder mit einem zwei einzelnen Zusatzscheinwerfern ausstatten lassen. Was für eine nächtliche Expedition auf den unbeleuchteten Schotterstraßen rund um den Krüger-Nationalpark so oder so sehr sinnvoll ist.
Um die Federwege zu vergrößern, wurde die vordere Spur um 120 mm verbreitert. Das Gleiche erfolgte an der Hinterachse, um die identische Felgengröße wie vorne zu verwenden. Die Techniker veränderten auch die Geometrie der Hinterradaufhängung, um beim Bremsen eine bessere Gewichtsverlagerung in Richtung Vorderachse zu erzielen. Denn das kommt dem Handling und der Agilität des SafariProjek 911 zugute.
Auch die Aufhängungen erfuhren eine umfassende Überarbeitung. Die oberen Halterungen für die McPherson-Federbeine wanderten um 60 Millimeter nach außen, um so eine optimale Halterung für die eigens entwickelten Reiger-Stoßdämpfer zu erhalten. Die Aufhängungs-Komponenten wurden aus 7075er-Flugzeugaluminium gefertigt und an allen Drehpunkten mit Chromoly-Gelenkköpfen versehen. Kombiniert man die Reiger-Stoßdämpfer mit den Modifikationen an der Aufhängung, erhält man rund 200 mm Federweg vorne und hinten.
Fehlten noch Felgen, die zur Optik des Wagens passten. Derzeit angeboten werden 17- und 18-Zoll Evo Corse- oder OZ Racing-Rallye-Felgen. Sowohl um den Rallye-Look abzurunden als auch um weite Sprünge und extreme Geländefahrten anstandslos zu bewältigen. Für diejenigen, die dem OEM-Look treu bleiben wollen, gibt es auch modernere 18-Zoll-Felgen im Fuchs-Replika-Design. Auf diese aufgezogen sind BFGoodrich All-Terrain-Reifen im Format 225/55 R18. Aus dieser Kombination ergibt sich eine exorbitante Bodenfreiheit von 280 mm – mehr als genug, um auf jeder Schotter- oder Sandstraße den größtmöglichen Spaß zu haben. Um den Abenteuer-Look zu vervollständigen, bekommt jedes Auto einen Thule-Dachträger, auf dem ein fünftes Rad montiert ist.
Porsche-Motoren sind als sehr zuverlässig bekannt und bieten bereits von Haus aus eine höchst passable Leistung. Daher ist dies eines der wenigen Bereiche des Fahrzeugs, das de Bruyn und Visser bis auf einen Satz Hochleistungs-Krümmer und einen De-Cat-Auspuff samt des für den SafariProjek charakteristischen mittleren Endrohren kaum angefasst haben. Quaife-Sperrdifferentiale helfen, das Heck in geeigneten Momenten ausschwenken zu lassen.
Bei der Innenausstattung bietet SafariProjek eine Reihe von Optionen, die von schlicht bis ausgefallen reichen. Man kann sich für ein standardmäßiges oder ein komplett individuelles Interieur entscheiden; im letzteren Fall mit einer Palette diverser Muster und Materialien sowie mehreren Lenkrädern, wobei das Momo Prototipo unser absoluter Favorit ist.
Last but not least ist kein SafariProjek-Auto komplett ohne eine glänzende neue Lackierung oder Folierung. Kunden haben die freie Wahl, wenn es um das Farbdesign ihres Traumwagens geht, und das Team wird alles tun, um auch die kühnsten Wünsche wahr werden zu lassen. Einige Klienten haben sich für schlichte Farben entschieden, während die von Rothmans, Gulf oder – wie hier – Marlboro inspirierten Liveries einfach grandios sind.
Ich hatte mehr als einmal die Gelegenheit, einen solchen Safari-Porsche zu fahren. Und ich kann ehrlich sagen, dass ich mit kaum einem anderen Auto sowohl auf Schotter als sogar auch auf Asphalt so viel Spaß hatte. Es ist erstaunlich, dass man 100 km/h auf einer Teerdecke fahren und dann direkt auf eine Schotterstraße oder einen Feldweg wechseln kann, ohne dass der Komfort darunter leidet. Das Fahrwerk des SafariProjek schluckt alle Bodenwellen und Schlaglöcher mit Leichtigkeit, vor allem dank des sehr effektiven Reiger-Fahrwerks-Set-ups. Wenn Sie das Glück haben, geeignete Kurven oder nasse Stellen zu finden, wird Ihr Lächeln nur noch breiter. Da diese Autos mehr als willig sind, eine Kurve übersteuernd zu umrunden.
Was vor etwas mehr als drei Jahren als Einzelstück begann, hat sich inzwischen zu einem florierenden Unternehmen gemausert. Mehr als 14 Fahrzeuge sind bereits fertig, viele weitere in Auftrag gegeben. Leser aus dem UK können jetzt sogar ihren eigenen SafariProjek 911 über Roughroads Engineering ordern. Was beweist uns das? Dass es manchmal besser läuft, als man es sich je hätte vorstellen können. Vielleicht reicht es schon, einer einfachen Leidenschaft zu folgen und die richtigen Leute an dieser Reise teilhaben zu lassen.
Der Porsche 911 war schon immer einer der besten Sportwagen der Welt. Die Möglichkeit, den Fahrspaß auf jedem erdenklichen Untergrund fortzusetzen, hebt das Erlebnis jetzt auf die nächste Stufe. Ich hätte sicherlich nichts gegen einen dieser Wagen. In diesem Zusammenhang frage ich mich, wie wohl eine rosafarbige Pink Pig-Lackierung im Stil des 1971 in Le Mans gestarteten 917/20 einem SafariProjek-Modell stehen würde...?
Fotos von Stefan Kotze