Es gibt wirklich nichts Vergleichbares zu Goodwood im Frühling. Angefangen bei dem Meer aus leuchtenden Narzissen, die die Randstreifen der Rennstrecke säumen, bis hin zum dichten Morgennebel, der das ganze Areal einhüllt, nur um dann von der Sonne aufgelöst und durch Reifenqualm ersetzt zu werden. Das Goodwood Members' Meeting ist seit seinen Anfängen im Jahr 1948 ein Treffen für echte Rennsportliebhaber. In jenem Jahr eröffnete der 9. Duke of Richmond auf den Umgehungsstraßen des Ex-Weltkrieg-2-Fliegerhorstes RAF Westhampnett die Rennstrecke und lud Mitglieder des British Automobile Racing Club zum ersten Meeting ein. Auf die Premiere folgten 1966 weitere 71 Treffen. Nach einer langen Unterbrechung wurde 2014 die Tradition neu belebt und bis heute fortgesetzt. Seitdem hat sich dieses herrlich intime Event immer weiter entwickelt.
Zu den vielen und für uns unmittelbaren Highlights gehörte sicherlich der herrlich schrill klingende Ferrari 640 von Gerhard Berger, der aus der letzten Schikane heraus die Hinterräder zum Glühen brachte. Ebenso anziehend wie die unbezahlbaren Vorkriegs-Bugatti-Grand-Prix-Autos, die sicherlich mehr als nur Ausstellungsstücke waren und von ihren mutigen Fahrern um den Kurs getrieben wurden.
Apropos mutige Rennfahrer: Goodwood ist seit jeher der ultimative Schmelztiegel illustrer Namen aus der Welt des Motorsports. Viele von ihnen tauschen gerne für dieses Event das Cockpit ihres Hightech-Tourenwagens gegen einen Old-School-Racer von anno dazumal. Wir haben uns kurz mit Tom Ingram, dem britischen Tourenwagen-Meister von 2022, unterhalten, der sein aktuelles Arbeitsgerät, einen hochgerüsteten Hyundai i30 Fastback, gegen einen Rover SD1 der Gruppe 1.5 eintauschte. „Die Leute haben diese alten Rover immer gegen die flinkeren Ford Capri und die viel stärkeren Chevy Camaro gesehen, aber glaub mir, sie sind ein mehr als würdiger Konkurrent in diesem Feld!“ Zwischen den vierrädrigen Helden und fleißigen Mechanikern, die noch letzte Vorbereitungen trafen, kristallisierte sich ein Staraufgebot heraus: Die britischen Tourenwagen-Legenden Matt Neal, Tiff Needell und Teamkapitän Gordon Sheddon machten sich bereit für den Lack- und Rückspiegelaustausch.
Beim Blick auf Toms übrige Konkurrenz entdeckten wir im Fahrerlager einen unbekannten Wagen: einen Mazda RX-7 aus dem Jahr 1980 in einer atemberaubenden gelb-blauen Lackierung. Zeitzeugen von damals werden wissen, dass diese Wankel-Coupés zu ihrer Zeit eine Macht waren, mit der man rechnen musste. Sie machten sich nicht nur in der US-Endurance-Szene einen Namen, sondern gewannen 1980 mit Win Percy die britische Tourenwagen-Meisterschaft sowie 1891 die 24 Stunden von Spa, mit TWR-Gründer und -Boss Boss Tom Walkinshaw und Pierre Dieudonné am Volant. Dieses leuchtende Exemplar, das in den 1980er-Jahren vom besagten Win Percy gefahren wurde, glänzt in exakt jener Livery, die er auch bei seinen Rennerfolgen zur Schau stellte.
Wenn der Sound eines mit nachhaltigen E-Fuels betankten und 30 Wagen starken Ford-Mustang-Feldes für den Ken Miles Cup noch nicht ausreicht, um Ihre V8-Bedürfnisse zu befriedigen, weiß Goodwood, wie man Tausende von Besuchern Jahr für Jahr aufs Neue in Staunen versetzt. Das 81. Members‘ Meeting stand heuer ganz im Zeichen des Canadian-American Challenge Cups, kurz Can-Am. Und bot die einmalige Gelegenheit, feuerspeiende Gruppe-7-Monster aus den Jahren 1966 bis 1974 live in action zu erleben. Das Can-Am-Reglement war ja extrem freizügig, und so waren einige der verrücktesten und innovativsten Kreationen zu sehen, von Lola (T70), McLaren, March über den skurrilen ersten Shadow mit seinen winzigen Rädern bis zum Porsche 917/30. Der 1973 dann alles platt machte und nach einer letzten Saison 1974 entscheidend zum Ende der ursprünglichen Can-Am beitrug.
Wir fragen es uns jedes Jahr, und dieses Jahr war keine Ausnahme. „Wie machen die das bloß?“ Goodwood schafft es immer wieder, dass jeder, der diese heilige Stätte betritt, sie mit einem Lächeln im Gesicht und Erinnerungen verlässt, die mindestens bis Juli anhalten. Wenn der Spaß mit dem Festival of Speed wieder aufgenommen wird. Bis dahin werden wir uns gerne daran erinnern, wie wertvolle Vorkriegsrennwagen hinter Le-Mans-Legenden aufgereiht sind, um eine intime und entspannte Atmosphäre zu schaffen, die es jedem Besucher ermöglicht, den Autos und Fahren näher zu kommen als je zuvor.
Fotos von Elliot Newton