Wir sind mit dem Jaguar F-Type bereits um den Genfer See und nach Pamplona gefahren – nur eine echte Alpentour mit kniffeligen Kurven, steilen Kehren und scharf geschnittenen Serpentinen fehlte uns noch im Test-Portfolio. Wir entscheiden uns für die Sextener Dolomiten im Südtirol, unsere Route führt von Zürich über Davos, den wunderbaren Flüelapass und das Unterengadin, hinüber ins Val Münstair, via Meran und Bozen bis nach Sexten am Fuße des Naturparks Drei Zinnen. Als V8 S ist unser silberner Roadster bestens für die Bergtour vorbereitet – neben biestigen 459 PS generiert der Fünf-Liter-Motor ab 2.500 Touren ein Drehmoment von 625 Newtonmetern. Und bei entsprechendem Tritt auf’s Pedal schnellt der Roadster in 4,3 Sekunden auf Tempo 100.
Ein Sportwagen, der genügsam macht
Der Jaguar F-Type ist eben der erste echte Sportwagen seit dem legendären E-Type - und das zeigt sich schon bei der Planung. Der Stauraum ist recht überschaubar, im Gepäckraum im Heck finden zwei Weekender und zwei Paar Wanderstiefel Platz, alle weiteren Utensilien muss der Beifahrer zwischen die Füße nehmen. Doch der knapp 100.000 Euro teure F-Type V8S macht auch genügsam: Hat man das Stoffverdeck erst einmal nach hinten weggeklappt und die ersten Serpentinen mit archaisch röhrenden Zwischengas-Stößen genommen, ist alles Gepäck sowieso nur noch Ballast, der den Gifpelsturm bremst. Auch das Fahrwerk ist auf Extremsport gepolt – einen butterweichen Komfortmodus sucht man vergebens. Dafür kann man sich in jede Kurve legen, als hätten die Ingenieure beim Riesenslalom der Herren abgeschaut. Der Seitenhalt ist jedenfalls phänomenal.
Auf einen Espresso nach Cortina d'Ampezzo
So flitzten wir, auf der Klaviatur der Achtgang-Automatik improvisierend, hinauf zum Paternkofel und den den Drei Zinnen, die schroff in den spätsommerlichen Himmel ragen, oder schlängeln uns hinab durch dunkle Wälder und über lässig geschwungene Kurven bis nach Cortina d’Ampezzo, um neben dem knisternden Motor einen italienischen Espresso zu nehmen. Ist der F-Type also tatsächlich jener Porsche-Killer, als den ihn Jaguar derzeit positioniert? Mit den GT-Qualitäten und der unerreichten Verarbeitung eines Porsche 911 kann man nur schwer mithalten. Dafür bedient der kompakte Brit-Roadster eine andere Qualität – nämlich die Freude am mitunter fast rennsportlichen Roadsterfahren.
Wandern für's gute Gewissen
Die Ingenieure, Designer und Sound-Tüftler haben viel dafür getan, den F-Type nicht in die „Lifestyle-Ecke“ von SLK und Z4 abrutschen zu lassen. Mit seiner langen Haube und dem fast italienisch blubbernden V8 wäre er sogar eine gute Partie im Duell mit Maserati oder Ferrari – und wer weiß, vielleicht kommt ja im nächsten Jahr noch eine R-Version heraus, die sich dann mit dem neuen Ferrari California anlegen kann. Bis dahin gönnen wir dem F eine Pause und vertreten uns in den steinigen Weiten der Dolomiten die Beine. Schließlich wollen wir das Leistungsgewicht nicht umsonst mit unseren Wanderstiefeln belastet haben.
Fotos: Jan Baedeker