Im Leben eines jeden Autoliebhabers kommt irgendwann der Punkt, an dem der Wunsch, einen Porsche 911 zu besitzen, allmächtig wird. Die eleganten Kurven eines „schmalen“ 964 Carrera 2, ein wie ein Schweizer Uhrwerk schnurrendes Zweiliter-Modell aus Mitte der 1960er-Jahre oder die mit Alcantara ausstaffierte Kabine des neuesten GT3 RS – sie alle haben ihren eigenen Reiz. Egal, wofür Sie sich entscheiden, Sie können fast sicher sein, dass Sie den Rest Ihrer Zeit damit verbringen werden, mit einem breiten Grinsen im Gesicht zu fahren. Aber es gibt auch noch Steigerungsmöglichkeiten, die den manchmal bescheidenen 911er auf eine ganz andere Ebene hebt.
RUF ist ein Unternehmen, das sich genau darauf spezialisiert hat und lang genug im Geschäft ist, um sich als einer der weltweit besten Porsche-Tuner zu etablieren. Eine ihrer neuesten Kreationen, der SCR, baut auf jahrzehntelanger Evolution auf, um den wohl ultimativen 911 zu erschaffen.
Der auf dem Genfer Salon von 2018 vorgestellte SCR sieht zwar aus wie der trendige Restomod unserer Träume, aber zwischen diesem RUF und dem originalen 911 liegen Welten. Es handelt sich um weit mehr als ein 911 mit ein paar modernen Anbauteilen, sondern um einen komplett neuen Sportwagen, in dem Jahrzehnte an Innovation und Leidenschaft stecken, mit subtilen Anspielungen auf seine Hauptinspirationsquelle. Sein Radstand wurde verlängert und eröffnet mehr Platz für zusätzliche Komponenten und Leistung. Aber im Kern zielt der SCR auf Liebhaber des puren Fahrvergnügens. Sein Monocoque besteht vollständig aus Kohlefaser, was dem RUF eine Verwindungssteifheit verleiht, von der das Original nur träumen konnte. So können die 510 PS des wassergekühlten 4,0-Liter-Saugmotors schlupffrei auf den Asphalt gebracht werden. Nur 3,4 Sekunden vergehen aus dem Stand bis auf 100 km/h, eine Zeit fast identisch mit der eines 911 GT3 RS der Generation 991.2. Diese Zahlen sind ebenso beeindruckend wie eine Vmax von 320 km/h, aber der Sound der in den hinteren Seitenfenstern geschickt versteckten Lufteinlässe, die so viel Luft wie möglich zum Motor ansaugen, wird Sie wirklich verblüffen.
Natürlich ist Leistung nichts ohne Kontrolle, und RUF hat sein umfangreiches Know-how darüber, wie man jedes Quäntchen Emotion aus einem Porsche herauskitzelt, mit dem SCR in die Tat umgesetzt. Die 510 PS sind umso beeindruckender, wenn man das Gewicht des Wagens (nur 1.250 Kilogramm) in Relation zieht. Dieses Federgewicht haben die PS-Magier aus dem Unterallgäu durch Gewichtseinsparungen auf höchstem Niveau erreicht. Fast jedes Bauteil wurde genauestens untersucht und überarbeitet, um es leichter zu machen und gleichzeitig seine Haltbarkeit zu erhalten. An den glorreichen Motor ist ein Sechsgang-Schaltgetriebe von ZF gekoppelt - für RUF ein Must-have, um den Charakter des Wagens zu erhalten und sogar noch zu verbessern. Nach seinem Debüt in Genf wollten Medien auf der ganzen Welt (uns eingeschlossen) den SCR testen. Die wenigen, die das Glück hatten, den Prototypen zu erleben, wollten unbedingt mehr Zeit mit dem Auto verbringen. Er repräsentierte alles, wofür die Marke RUF steht, und noch viel mehr. Und die Bestellungen strömten nur so herein.
Nach dem Bau des Prototyps begann die eigentliche Arbeit. Sprich der Bau von 70 (sofort verkauften) Exemplaren – und hier kommt dieses lindgrüne Exemplar ins Spiel. Es ist nach dem Prototyp der erste Kunden-SCR (Chassis 02) und wurde seinem überglücklichen (deutschen) Erstbesitzer im Oktober 2022 seltsamerweise mit 4.900 Kilometern auf dem Kilometerzähler übergeben. Würden Sie Ihren nagelneuen BMW M3 oder Range Rover abholen, wären Sie sicher verärgert festzustellen, dass das Werk weit mehr als die übliche „delivery mileage“-Distanz zurückgelegt hat. Aber in der Welt von RUF ist jedes Auto und jeder Besitzer auf einer Reise des Experimentierens und der ständigen Verbesserungen unterwegs. Die Kilometer, die dieser Wagen zurückgelegt hat, waren für die zukünftige Entwicklung des SCR unerlässlich. Und wir hegen keinen Zweifel, dass der Wagen dafür umso besser fährt, so dass der neue Besitzer ihn von Anfang an in vollen Zügen genießen kann.
Zum Glück für uns Garagenköniginnen-Hasser da draußen wurde dieser SCR ausgiebig genossen und hat jetzt immerhin schon 11.000 Kilometer auf dem Tacho. Über die blendend helle Außenfarbe haben wir schon gesprochen, aber der Innenraum übertrifft alles, was wir bisher gesehen haben. Das Lime Green kontrastiert im gesamten Interieur mit braunem Hirschleder. Der integrierte Überrollkäfig wird geschickt kaschiert, was zu einem entspannt-unaufdringlichen Ambiente beiträgt. Die Kopfstützen der Kohlefaser-Schalensitze sind mit dem RUF-Logo bestickt, ergänzt um eine Berglandschaft, einen Hirschkopf und den Umriss von Bayern. Dieses einzigartige und unglaublich detaillierte Stück Handwerk zeigt, wie besonders diese Autos sind. Nicht nur für RUF selbst, sondern auch für die Besitzer, die sie spezifizieren. Die Liebe zum Detail ist ein Markenzeichen von RUF, bei dem sogar die Farbe des Fadens perfekt auf alles abgestimmt ist, vom Außenfarbton bis zu den Bremssätteln der Carbon-Ceramic-Scheibenbremsen.
Wenn es um das „eine Auto für alles“ geht, werden oft leistungsstarke Kombis und superstarke SUV bevorzugt. Geht es jedoch um Autos, die ihre Fahrer völlig verblüfft über ihre bloße Existenz zurücklassen und die alltäglichsten Fahrten in eine Übung aus Drama und Wahnsinn verwandeln, ist der RUF SCR vielleicht das Nonplusultra. Dies ist eine wirklich einmalige Gelegenheit, sich in den Club der 68 anderen SCR-Kunden einzureihen. Als erster öffentlich versteigerter RUF SCR kommt dieser in Deutschland verbliebene Wagen zu einem Schätzwert von 1,1 bis 1,6 Millionen Euro am 27. Juli bei der RM Sotheby’s Auktion am Tegernsee unter den Hammer. Und wird dann Teil einer Familie, zu der wir alle unbedingt auch gehören wollen.