Die 1950er-Jahre waren für Maserati die besten Motorsportjahre. Dank einer Gilde hochtalentierter Designer, Ingenieure und Fahrer, die sicherstellten, dass der Weg zum Sieg immer an einem Maserati vorbeiführte. Neben dem in der Formel 1 für Furore sorgenden 250 F richteten sie in Modena die Aufmerksamkeit darauf, auch bei Sportwagen-Rennen zu dominieren. Wie mit diesem 150 S Spyder Chassis #1657, der im Herbst 1955 als zweites von acht im Jahr 1955 gebauten Exemplaren aus einer Serie von zusammen 26 Autos den Weg zum legendären Rennfahrer und Konstrukteur Briggs Cunningham in die USA fand.
Der 150S Spyder war nicht nur ein wunderschöner Rennwagen, sondern auch eines der technisch fortschrittlichsten Designs seiner Zeit. Als Gerüst diente ein Rohrrahmen-Chassis, über das eine besonders leichte Alu-Karosserie gespannt wurde. Eine ausgewogene Gewichtsverteilung garantierte ein optimales Handling, der 1,5-Liter-Reihenvierzylinder mit obenliegender Nockenwelle und Doppelzündung leistete über 165 PS. Obwohl die Leistung ausreichend war, rüstete Cunningham sofort als erster (aber nicht letzter) Kunde auf ein im Werk präpariertes Zweiliter-Aggregat auf. Ein Viergang-Getriebe von Porsche, die vordere Einzelradaufhängung und die hintere De-Dion-Achse mit Querblattfedern anstelle der früheren Starrachse stempelten den Italiener in US-Diensten zum ernsthaften Siegkandidaten.
Gleich nach der Anlieferung setzte Cunningham seine Neuerwerbung beim vom SCCA organisierten Presidents Cup in Hagerstown (Maryland) ein. Er errang den Klassensieg und landete auf Platz fünf in der Gesamtwertung, ehe er zu Einsätzen bei den 12 Stunden von Sebring und zahlreichen anderen Rennen in den USA aufbrach. Dank einiger von Cunningham übernommenen Updates aus dem Modell 200S und dem Zweiliter-Motor gilt dieser 150 S als einer der wichtigsten in der Geschichte dieses Modells.
Nach Cunningham setzte der Maserati zunächst seine Rennkarriere mit zwei Besitzern aus dem Bundesstaat New York fort, ehe er vom bekannten Sammler Mark Smith von der Old Philadelphia Motor Company entdeckt wurde. Schon er attestierte #1657 „einen extrem originalen Zustand.“ Weiter ging es mit weiteren Maserati zugetanen Besitzern und Sammlern, ehe der 150 S um 2010 bis 2012 von Mario Linkes Kölner Werkstatt „Methusalem“ liebevoll restauriert wurde. Wie nicht anders zu erwarten, achtete Linke darauf, so viele Originalelemente wie möglich zu erhalten. Dazu zählten die Karosserie, die Innenverkleidungen aus Aluminium, das Armaturenbrett, die Sitze, Motor und Getriebe, das Hinterachsgehäuse, der Tank und noch mehr.
Nach erledigter Arbeit war der Maserati wieder rennbereit, allerdings jetzt mit Europa im Visier. Er zeigte sein Potential beim Monaco Historic Grand Prix und bei Le Mans Classic, ehe er 2017 in die USA zurückkehrte, um dort 2022 von Geoff Hellers Driving Machines aus Ohio erneut und weiter unter Beibehaltung der Originalkomponenten überholt zu werden. 2023 trat er dann in voller Schönheit beim Pebble Beach Concours an.
Was italienische Rennlegenden angeht, muss dieser 150S Spyder eines der berühmtesten und originalgetreuesten Exemplare sein, die es gibt. Darüber hinaus ist das Auto mehr als qualifiziert, an den großen historischen Renn-Events der Welt teilzunehmen. Nicht nur in Monaco und Le Mans, sondern auch beim Goodwood Revival und bei der Mille Miglia Historica. Die FIA HTP Papiere liegen vor, worauf die große Frage lautet: Zu welchem Rennen fahren Sie zuerst?