Die Mews-Häuser würden einem auf den ersten Blick kaum ins Auge springen. Doch in diesen für London so typischen ehemaligen Stallungen hat sich der Wandel zu einem modernen Automobil-Showroom mit Kunstgalerie vollzogen. An der Wand hängen großformatige Auftragswerke, es gibt einen Bartresen im Vintagelook, einen Aufzug, mit dem Autos scheinbar aus dem Nichts auftauchen und einige wirklich atemberaubende Klassiker. Die Mews von einst haben mit dieser Präsentation nichts mehr gemein. Wir haben uns mit Gregor Fisken, dem Gründer von Fiskens, und seinen Verkaufsspezialisten Rory Henderson und Robert Fellowes getroffen, um von ihnen zu hören, wie sich die typischen Mews von London verändert haben, welche Folgen der Brexit für die Klassikerszene hat und was die Zukunft für Fiskens bereithält.
Sind die Mews ein wesentlicher Bestandteil der Identität von Fiskens?
Gregor: Ja, sogar sehr. Es gibt wohl nur wenige unter den berühmtesten Autos der Welt, die nicht zu irgendeinem Zeitpunkt über die Pflastersteine dieser Straße gefahren sind. Die großartigen Vorkriegswagen haben ihren Weg ebenso hierher gefunden wie die Ikonen der Nachkriegszeit. Und es werden noch mehr kommen.
Wie haben sich die Mews über die Jahre verändert?
Gregor: Diese historischen Stallungsgebäude Londons bildeten immer das Epizentrum des weltweiten Handels mit klassischen Automobilen. Aber durch die ständig steigenden Grundstückspreise sind viele Händler leider unweigerlich weggezogen. Andererseits – jedes Mal, wenn ein bekannter Name aus der Klassikerwelt verschwand, wurde er durch einen Automobilsammlers ersetzt. Innerhalb der Mews finden sich mittlerweile einige der bedeutendsten Sammlungen der Welt. Dieser Ort ist auch berühmt wegen Anwohnern wie Alain de Cadenet, der seine Le-Mans-Rennwagen und sein Le Mans-Team von hier aus führte und noch heute hier lebt – zusammen mit seinem unglaublichen Achtzylinderrennwagen von Alfa Romeo. Es gibt in den Mews eine Reihe von wichtigen Sammlern, die wir nennen – aber noch mehr, die wir nicht nennen können.
Was dürfen Kunden erwarten, die ein Automobil bei Fiskens kaufen?
Gregor: Zu den netten Dingen bei Fiskens gehört, dass ich das älteste Mitglied in der Firma bin – alle anderen sind um die dreißig. Also, obwohl sich meine Mitarbeiter zwar für alte Autos interessieren, sind sie auch von jüngeren Klassikern gefesselt. Gleichzeitig tauchen immer mehr jüngere Sammler am Markt auf, die natürlich eher zu neueren Autos tendieren. Wenn man sie aber behutsam an die älteren Automobile heranführt, dann sollten sie auch einen guten Berater an ihrer Seite haben. Der Service von Fiskens basiert auf Loyalität, Erfahrung und einer Prise Snobismus. Wir filtern sehr, sehr genau, um gute Autos anbieten zu können. Das ist uns wichtig, denn wenn man pingelig ist und sich auch nicht für einen gewissen Grad an Perfektionismus entschuldigt, dann weiß man auch, dass man es mit Menschen zu tun bekommt, denen diese Eigenschaften am Herzen liegen.
Welche Kriterien muss ein Auto denn erfüllen, um bei Fiskens verkauft zu werden?
Rory: Wir haben nur das Beste vom Bestem im Blick. Ob nun ein Peugeot von 1894, ein Sport- oder Rennwagen von Ferrari aus den Fünfzigerjahren oder ein Aston Martin DBR9: Wir sind bemüht, unseren Kunden höchste Qualität zu bieten. Wir machen keine Kompromisse bei der Historie der Autos, die durch unsere Hände gehen.
Gibt es eine bestimmte Epoche oder einen Automobiltypus, die Ihnen in Ihrem Geschäft besonders am Herzen liegen?
Robert: Wir waren immer berühmt für unsere großen Sportwagen der Fünfziger- und Sechzigerjahre. In gewisser Weise gehört ihnen heute noch unsere Leidenschaft. Wir alle haben eine spezifische Ära oder eine Motorsportepoche, die uns begeistert und somit auch unser Business fördert. Wir konzentrieren uns ausschließlich auf großartige und echte Automobile, die wir nur zu gern immer und immer wieder verkaufen würden.
Wie erleben Sie den Markt derzeit von Ihrer Warte aus?
Gregor: Ich erlebe mehr Autos, mehr Menschen, mehr Events und mehr Interesse an Sammlerautos als je zuvor. Und ich denke, dass das in der nächsten Zeit noch zunehmen wird. Wenn viele Spekulanten auf den Markt drängen, dann werden die Preise, vor allem der repetitiven Autos, steigen und dann wird man sehen, dass sie wieder fallen. Aber die Zinsen bleiben wohl noch eine ganze Weile niedrig, während das Interesse der Enthusiasten nicht nachlässt: Ich denke, dass der Markt schon einige Herausforderungen durchlebt hat und sich als erstaunlich robust erwiesen hat.
Wie denken Sie über den Gegensatz zwischen Investoren und Enthusiasten?
Gregor: In dem Augenblick, in dem Menschen anfangen, über Autos rein als Finanzprodukt zu sprechen, bin ich mir nicht sicher, ob das wirklich angemessen ist. Die Rendite bei einem Investment sollte doch in erster Linie das eigene Vergnügen sein. Wenn man sich unter Druck setzt, damit der erworbene Klassiker auch als brillante Geldanlage dasteht, dann sollte man es lassen. Kaufen Sie Klassiker mit dem Herzen, der Rest kommt dann von ganz alleine.
Denken Sie, dass der Brexit Folgen für die Klassikerszene haben wird?
Gregor: Ob nun der Brexit ein Erfolg ist oder nicht – London bleibt die Hauptstadt der Classic Cars. Großbritannien ist das Herz des Klassikerhandels. Ohne uns Briten hätte sich nie diese Begeisterung entwickelt. Die Briten haben mit dem Sammeln begonnen und dadurch erst die Historie und das Erbe anerkannt und gewürdigt. Es gab hier immer eine sehr aktive Clubszene – lange bevor eine etablierten Klassiker-Bewegung entstanden ist. Ich glaube, dass ein Sinn für Geschichte, für Kontinuität und für diese besondere Gemeinschaft der Gleichgesinnten bis heute trägt.
Ihr neuer Showroom ist eindrucksvoll – wie war bisher die Resonanz?
Robert: Erfreulicherweise teilen unsere Kunden diese Meinung! Die Realisierung des Projekts hat fraglos länger als erwartet gedauert, aber das Ergebnis ist sehr gelungen. Wir sind noch dabei, eine Reihe von großen Autos für den Showroom bereitzustellen, der sich jetzt über zwei Stockwerke erstreckt und über einen hydraulischen Lift verfügt. Wir bieten unseren Kunden einen sehr diskreten Prozess beim Kaufen und Verkaufen, die renovierten Ausstellungsflächen runden diesen Service ab.
Wie sieht ein Blick in die Zukunft von Fiskens aus?
Gregor: Wir haben unseren Showroom vergrößert – unten haben wir die Fläche sogar verdoppelt – aber unser Wachstum ist durchaus organisch. Es gibt fraglos eine Menge Interesse von außen an unserer Welt der alten Autos. Sie können davon ausgehen, dass wir in den kommenden Jahren weiter expandieren werden – aber in unserer eigenen Gangart. Letztlich beruht unser Engagement auf Liebe: Wir lieben die Veranstaltungen, wir lieben die Menschen und besitzen eine echte Passion für dieses Metier. Jede Vergrößerung von Fiskens könnte nur auf dieser Basis geschehen, denn diese Werte wollen wir nicht verlieren.
Sie haben an verschiedenen angesehenen Rennen weltweit teilgenommen. Ist der historische Motorsport ein wichtiger Aspekt des Geschäfts?
Rory: Wir hatten alle das Glück, an einigen der international bedeutendsten historischen Events teilnehmen zu können – das ist ein unschlagbarer Vorteil dieses Berufs. Sehr viele der Autos, um die wir uns jedes Jahr kümmern, sind ausgesprochene Rennwagen. Der historische Motorsport schenkt einem die Chance, zu erleben, wofür diese Maschinen einst gebaut worden waren und weshalb sie heute so bedeutungsvoll sind.
Was war das bemerkenswerteste Auto, das Sie verkauft haben?
Rory: Ich hatte immer einen Faible für die Jaguar E-type Lightweights. Hier bei Fiskens habe ich den Verkauf von drei der ursprünglich 12 produzierten Exemplare abgewickelt. Jedes Exemplar hat seinen einzigartigen Charme und eine besondere Geschichte, die mit dem Auto verbunden ist.
Robert: Weil ich mich speziell für Porsche interessiere, war jedes Modell, das ich hier bei Fiskens verkaufen konnte, unvergesslich – sei es eines der insgesamt 16 Exemplare des 356 Carrera 2 GT oder ein 911 RSR. Es gibt Menschen, die einem Porsche im Vergleich zu seinen italienischen Rivalen Seele und Emotion absprechen, aber ich bin da ganz anderer Meinung. Man gebe mir eine anspruchsvolle Strecke und ich würde mich für einen genussvollen Workout immer zugunsten eines Reihensechszylinders aus Zuffenhausen entscheiden!
Was fahren Sie am Wochenende?
Gregor: Ich habe einen 4 1/2-Liter-Bentley. Und ehrlich gesagt, in einer Mischung aus Wollust und Gier habe ich ein geschlossenes und einen offenes Exemplar. Meine Kinder sind um die drei Jahre alt und sozusagen auf den Rücksitzen aufgezogen worden – sie lieben es.
Noch eine letzte Frage: Was ist eigentlich aus dem berühmten Strafzettel für den Ferrari 512 geworden?
Gregor: Er wurde bezahlt. Das war gut angelegtes Geld – so günstig war unser Marketing noch nie!
Fotos: Robert Cooper für Classic Driver ©