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Luftgekühlte Gespräche mit dem Porsche-süchtigen Frank Cassidy

Für Frank Cassidy machen neben den luftgekühlten 911 die Menschen und die Community den besonderen Reiz von Porsche aus. Daher baut er nahe seines Wohnsitzes in Oxfordshire ein gelobtes Land für Porschephile auf, das 2019 eröffnen soll. Wir trafen uns mit ihm und zwei seiner kostbarsten 911...

Seit ihm seine Mutter zu Kindertagen die Videos zu „Herbie – ein verrückter Käfer“ mitbrachte, ist Frank Cassidy besessen von luftgekühlten Volkswagen. Und vielleicht auch – als Folge des Love Bug-Virus – dann auch von Porsche. Doch waren es zunächst nur die Autos, die ihn begeisterten, so war es später auch die entspannte und familiäre Gemeinschaft von Porsche-Besitzern, -Mechanikern und -Enthusiasten, welche seine Passion erst richtig zum Blühen brachte. 

Ohne dieses weitverzweigte Netzwerk wäre es Cassidy nicht vergönnt gewesen, die Evolution der luftgekühlten Porsche aus erster Hand mitzuerleben. Oder zu verstehen, wie man einen 911 professionell und passend zur eigenen Persönlichkeit „pimpt“ und sich als Fahrer eines Luftgekühlten verbessert. Aus diesem Grund packte Frank sein Leben in beide Hände und gründete Boxengasse, einen aufregenden neuen Gewerbepark in Oxfordshire, der sich um alles kümmert, was das Herz eines Porsche Eigners erfreuen könnte. Wir trafen Cassidy auf den Beifahrerplätzen seiner brutalen 72er ST und 73er RSR Hotrods. Um zu verstehen, wie sich seine Porsche-Passion so dynamisieren konnte. 

Was sind Ihre frühesten automobilen Erinnerungen?

Mein Vater sammelte so viel er nur konnte und kaufte einen Porsche 911 Targa von 1984. Meine Mutter brachte mich mit diesem Auto zum Kindergarten und holte mich damit auch wieder ab. Eines Tages fuhren wir die Straße herunter, als plötzlich drei Kerle mit Masken über die Straße rannten und mit einem Kombi davonbrausten. 

Meine Mutter vermutete einen Raubüberfall und folgte ihnen. Ich erinnere mich, wie sie mich fieberhaft bat, mir das Nummernschild zu merken. Wir rasten so rund 15 Minuten um London herum, ehe sie sie entkommen ließ, weil es ihr dann doch zu heikel wurde. Sie können sich sicher vorstellen, dass ich danach in der Schule der große Held war. Es war zugleich das erste Mal, dass ich hörte, wie der Sound eines Sechszylinder-Boxers von den Mauern widerhallte. Von da an gab es für mich nichts Anderes mehr als Porsche. 

Was war Ihr erstes Auto? 

Ein VW Käfer, den ich bereits bis an den Rand seiner Möglichkeiten aufmotzte. Doch kaum war ich damit fertig, wollte ich etwas Schnelleres. Der Käfer hatte seine Grenzen, also kaufte ich einen Porsche 911. In jener Zeit war der 964 der 911, den niemand wollte. Denn sie standen im Ruf, unzuverlässig zu sein. Zugleich machte sich die globale Rezession negativ bemerkbar.

Ich kaufte meinen für acht Riesen und er war ein absoluter Schrotthaufen. Er blies so viel blauen Rauch, sprich Öl, raus, dass man nichts mehr durch das Heckfenster sehen konnte. Der Lack war rissig und das Interieur zerrissen. Doch ich gab einen Scheiß drauf, denn es war mein erster 911 und das bedeutete die Welt für mich. Ich fuhr dieses Auto Nonstop durch London, bis der Motor den Dienst quittierte. Der Händler, bei dem ich das Auto gekauft hatte, hatte Mitleid mit mir und kaufte es zu einem Preis zurück, der nicht viel unter dem lag, zu dem ich ihn erworben hatte. 

Wie haben Sie angefangen, Porsche 911 zu modifizieren? 

Zunächst kaufte ich sofort danach einen weiteren 964. Ich montierte einen Satz 18-Zoll-Felgen und konnte kaum glauben, wie anders sich das Auto danach anfühlte. Es entstand eine richtige Bewegung in London, man kam zusammen, um 964 zu modifizieren und sich untereinander zu helfen. Wir unternahmen gemeinsame Touren und Track Days, und jedes Mal, wenn ein Auto strandete, halfen wir uns bei der Suche nach Teilen gegenseitig. Die 964 hatten den Vorteil, relativ günstig zu sein. Zugleich konnte man sie leicht aufpimpen, ohne sich schuldig zu fühlen. Zerbeulte man einen an einem Track Day an der Mauer, baute man ihn einfach wieder neu auf. 

Was macht aus Ihrer Ansicht die Faszination der Marke aus? 

Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich mag auch andere Marken. Doch gibt es zwei Dinge, die ich an Porsche wirklich liebe und schätze: die Menschen und die Autos. Porsche ist keine exklusive Marke, man kann alles kaufen vom Boxster bis zum mehrere Millionen teuren Sport- oder Rennwagen. Daraus folgt, dass man unter den Besitzern Menschen aller Altersstufen findet, mit unterschiedlichen Lebensläufen und Weltanschauungen. Alle kommen zusammen, um einer gemeinsamen Passion zu frönen. Es ist eine heterogene Gruppe und daher in keinster Weise elitär. Was die Autos betrifft, sind die luftgekühlten Modelle anspruchsvoll zu fahren. Sie sind old-school und analog, und wenn man sie nicht mit Respekt behandelt, dann bestrafen sie Dich. Sie sind nicht perfekt, doch hat ihre Unvollkommenheit eine fast menschliche Qualität. Was hilft, eine enge Beziehung mit ihnen einzugehen,

Gibt es eine Balance zwischen Form und Funktion, wenn Sie an einen Porsche 911-Umbau herangehen? 

Porsches Philosophie hieß schon immer Funktion vor Form. Und ich denke, die Autos sehen so aus, weil sie eine gewisse Performance abgeben sollen und daher Ästhetik und Fahrbarkeit intrinsisch verbinden. Nehmen Sie als Beispiel die ausgestellten Kotflügel des Carrera 3.0 RSR von 1970. Sie sollen nicht nur gut aussehen, sondern breitere Reifen beherbergen und damit mehr Grip erzeugen 

Bei jedem neuen Projekt lege ich großen Wert darauf, das Auto genau kennenzulernen und jedes fundamentale Problem sofort auszubügeln. Danach geht es darum, die Richtung festzulegen, in die ich das Auto bauen will: Will ich es für die Rennstrecke herrichten oder riskieren, dass meine Frau einmal tot darin aufgefunden wird? Man muss sich genug Zeit nehmen, um genau zu überlegen, was man mit dem Auto machen will, ehe man Unmengen an Geld für nur hübsch aussehende Dinge aus dem Fenster wirft. Nur dann kann man gezielt verbessern und Teile einbauen, die das Auto aus der Sicht des Kunden zu etwas Besonderem macht. Denn am Ende des Tages wird es zu einem Ausweis dessen, was Autofahren für jeden Einzelnen bedeutet. 

Können Sie uns noch ein bisschen davon erzählen, was sonst noch in ihrer Garage steht?

Es ist einfach, ein Hans Dampf in allen Gassen und nirgendwo ein wirklicher Meister zu sein. Daher war es mein Ziel, die Evolution der luftgekühlten Modelle zu verstehen und selbst ein besserer Fahrer dieser 911er-Typen zu werden. Daher begann ich mit einem 964 und ging von dort aus rückwärts. Ich besitze daher jetzt jeweils ein Modell aus jeder Generation luftgekühlter Porsche, dazu einen VW Käfer „Ovali“ und einen 600 PS starken 993 GT2 Rennwagen. 

Was war Ihr erinnerungswürdigster Moment hinter dem Steuer eines Porsche 911? 

Da habe ich zwei. Einmal auf dem Kurs von Spa-Francorchamps mit einer Horde weiterer 964-Jungs, alle mit 911 Hot-Rods. Die andere geht zurück auf eine Alpen-Tour, wegen der unglaublichen Aussichten und Straßen mit ständig wechselnden Oberflächen und Wölbungen. Die sind auch gefährlich – im letzten Jahr erlebte ich beim Anbremsen einer Kurve einen kompletten Bremsausfall, was kein gutes Ende nahm. Doch die Wahrheit ist, dass wenn man die Autos so schnell fährt, wie man es meint zu können, es unterwegs nicht ohne ein paar Kratzer und Beulen abgeht. Da muss man nur die Ruhe bewahren und weiterfahren. 

Was denken Sie über die weiterhin steigenden Werte für luftgekühlte Porsche aller Altersklassen? 

Sie waren definitiv erschwinglicher, als ich anfing, mit ihnen Spaß zu haben. Ich sehe das aus zwei Perspektiven: Auf der einen Seite hat jeder, der einen klassischen Porsche erwirbt, verdammt hart dafür gearbeitet – und Ersparnisse sollten investiert statt verschleudert werden. Denn niemand kann es sich leisten, Pfundnoten zu verbrennen. Zugleich jedoch ist das hohe Preisniveau für mich von Nachteil, denn ich kann so nur noch schwer Spenderkarosserien auftreiben. Und selbst wenn ich eine bekäme, kann man ein solches Auto nicht guten Gewissens komplett auseinandernehmen. Denn dann zerstörst Du ein Modell, das sehr selten und extrem begehrenswert geworden ist.

Was hat Sie dazu animiert, Boxengasse zu gründen? Und was für ein Konzept steckt dahinter? 

Ich wollte eine Art gelobtes Land für Porsche Jungs kreieren. Ein Platz, der nicht nur Service und Reparaturen, sondern auch die Menschen hinter den Autos umfasst. Ermutigt durch meine Frau entschloss ich mich zum Aufbau eines Gewerbeparks aus Ziegelsteinen und Mörtel, wo sich verschiedene Spezialisten, darunter Autofarm, unter einem Dach zusammenfinden, um die typische Camaraderie der Porsche-Welt zu verkörpern. 

Es geht uns weniger darum, was die Leute fahren, sondern wie sie fahren. Fahrzeugbesitzer und Mechaniker sollen sich gleichermaßen wohl fühlen bei Boxengasse. Sei es auf einem unserer Events oder einfach während einer Routinewartung. Man soll mit gleichgesinnten Menschen zusammen sein, die dieselben Probleme haben. Das ist wie eine Gruppentherapie: Alle sind Autos verfallen, und wenn Du ein Problem hast, spricht Du mit Deinen Freunden darüber.

Was ist Ihr Traumwagen, unabhängig vom Preis? 

Die Versuchung liegt nahe, jetzt einen Porsche 934 oder Carrera 3.0 RSR zu nennen. Doch Fakt ist, dass diese Autos so selten sind und man nicht riskieren will, sie zu beschädigen. Daher ist mein heiliger Gral eine exakt nach meinen Wünschen zusammengebaute Shitbox mit hohem Kilometerstand. die ich für immer und ewig fahren kann.

Fotos: Alex Lawrence / The Whitewall für Classic Driver © 2018 

Sie finden weitere Informationen zu Boxengasse – Frank Cassidys neuem Gewerbepark in Oxfordshire, England, der 2019 eröffnen soll, hier oder über seinen Instagram Account

Alternativ finden Sie Hunderte von luftgekühlten und für Modifikationen geeignete Porsche 911 zum Verkauf im Classic Driver Markt.