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In diesen Mercedes-Benz 600 ließen sich auch Rock n´ Rolls VIP chauffieren

Sie waren das bevorzugte Beförderungsmittel der Berühmtheiten: Der Mercedes-Benz 600 war der Inbegriff von Qualität. Inzwischen entdeckt man diese Limousinen kaum, schon gar nicht einen 600 zusammen mit der Langversion Pullman, doch nun kommt dieses Duo bei Oldtimer Galerie Toffen unter den Hammer.

„Lifestyles of the rich and famous, they´re always complaining“ sang einst die Rockband Good Charlotte aus dem US-Staat Maryland, eine Band, die für Hits wie diesen Berühmtheit und Star-Status erlangte und sich womöglich, reich geworden, auch andauernd beklagte. Aber worüber genau ärgern sich denn die Reichen und Berühmten? Ein Fingerschnippen und der Chauffeur fährt vor, um einen an jedes gewünschte Ziel zu befördern. Wir persönlich hätten an nichts etwas auszusetzen, während man im Fond eines Mercedes-Benz 600 relaxt. 

Als schwerwiegende Ingenieurleistung, die noch heute Macht und Reichtum ausstrahlt, definierte der 600 mit seinem ersten Erscheinen in 1963 wie man Luxus im Automobilbau zu interpretieren hat. Diktatoren und Premierminister rund um den Globus ließen sich nicht zweimal bitten. Der majestätische Cruiser wurde entwickelt, nicht um einfach nur zu fahren, sondern um zu gleiten. Dabei war es für den 600 ein Kinderspiel, aufdringlichen Paparazzi wie auch dem einen oder anderen Attentäter zu entkommen, nicht zuletzt dank des makellosen 6,3-Liter-V8, durch den der 600 zur ersten Limousine der Geschichte wurde, die mit so einem Motor ausgerüstet worden war. Obwohl der Mega-Mercedes in seiner SWB-Ausführung fast stattliche zweieinhalb Tonnen wog, konnte der 600 seine Passagiere in nur zehn Sekunden von 0 auf 100 Stundenkilometer vom roten Teppich weg beschleunigen.

Wenn wir uns den kürzeren dieses staatstragenden Duos, das am 1. Juni bei Oldtimer Galerie Toffen versteigert wird, genauer ansehen, erkennt man, dass diese Limousine ein gepampertes Leben in der Schweiz geführt hat, dort über gepflegte Straßen glitt, die vermutlich wohl eigens für diese Noblesse gebaut worden waren. Dieser 600 wurde restauriert und statt in der ursprünglichen Silver Metallic-Lackierung in standesgemäßem Schwarz eingekleidet, passend zu dem opulenten beigen Lederinterieur. Die Uhr zeigt eine großzügige Zahl an gefahrenen Kilometern und erhielt unregelmäßig auch ein Treatment bei einem Schweizer Mercedes-Benz Classic Center. Was den 600 von dem serienmäßigen W108 und den nobleren W109-Varianten der Luxuslimousine unterscheidet, ist die schiere Höhe der Investition, die notwendig wäre, damit jene so gut aussähen wie dieser. Laut der Dokumentation wurden über 400.000 Schweizer Franken – seit er neu war – ausgegeben, um diesen Riesen zu pflegen und verwöhnen. Aber das ist eigentlich ein kleiner Betrag für ein großes Stück Mercedes-Benz-Geschichte. Nur 2.190 der 600-Modelle wurden produziert – damit genießt dieses Exemplar durchaus Seltenheitswert.

 

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Da wir gerade von selten und kostbar reden, sollten wir uns auch genauer mit der Langversion des 600, genannt Pullman, beschäftigen. In 1966 kostete er einiges über 80.000 Schweizer Franken; heute, 58 Jahre später, entspricht der Wert schon eher 300.000 Franken. Aber seinerzeit wirkten die Angebote von Rolls-Royce und Bentley dagegen wie, nun ja, Peanuts. Der achtbare Listenpreis war allerdings insofern gerechtfertigt, als damalige Eigner, die in der Lage waren, einen Pullman zu ordern, ein Niveau an Luxus erlebten, das seinerzeit im Automobil unerhört war. Ein Luxus, an dem sich auch heute nur wenige Autos messen können.

Jene, die einen Pullman ihr Eigen nannten, waren oft Politiker oder Musiker. Dieses Exemplar sicherte sich neu die Abteilung Personentransporte der Welti-Furrer AG in Zürich im März 1966. Gleich von Anfang an war der lange 600 im Einsatz und wurde zum Go-to-Cruiser für Celebritys auf Schweiz-Besuch. Genau diese Limousine nutzten auch die Rolling Stones anlässlich ihres ersten Konzerts in der Schweiz, das am 31. März 1967 stattfand. Während ihres Aufenthalts genossen die Stones diesen friedvollen und doch mächtigen Raumgleiter, der vermutlich bei ihrer Ankunft vor der Konzerthalle für einiges Aufsehen gesorgt haben dürfte. Im Jahr 1969 kletterte der Kilometerzähler im Dienst der VIP, die in der Schweiz chauffiert wurden, auf beinahe 70.000 Kilometer. In 1994 wurde der Pullman, der nun über 250.000 Kilometer bewältigt hatte, in den Ruhestand versetzt und verkauft. Seine beiden weiteren Besitzer bescherten ihm ein angenehmes und beschauliches Leben nach der Glamour-Karriere. Aktuell zeigt die Uhr 262.000 Kilometer und er schnurrt wie ehedem dahin. Dieser spezielle 600 mit geringer Eignerzahl aber faszinierender Historie im Bereich Musik wie Automobil ist bereit für das nächste Kapitel – ein Genuss erwartet den Käufer, egal ob man gefahren wird oder selbst ans Volant greift!

 

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Diese beiden prachtvollen Mercedes-Benz sowie eine ganze Reihe anderer Klassiker werden bei Oldtimer Galerie Toffens „Swiss Classic World“-Auktion am 1. Juni aufgerufen.