In mancher Hinsicht ist Icon so etwas wie ein Alien in der etablierten Welt klassischer Automobile. Gründer Jonathan Ward ist ein profunder Kenner der französischen Karosseriekunst, liebt aber auch die US-amerikanischen Klassiker der fünfziger Jahre und den berühmten Ford Bronco. Doch damit nicht genug: Mit seiner unkonventionellen Handschrift hat er auch einer Reihe von amerikanischen Klassikern wie Kombis, Pick-ups und Limousinen zu einem zweiten Leben als Custom Classic verholfen, was nicht jedem Automobilliebhaber gefällt. Längst hat Icon jedoch eine begeisterte Fangemeinde, die das Unternehmen von einem Erfolg zum nächsten führt. Wir haben Jonathan Ward in seiner Werkstatt in Los Angeles besucht, um das Geheimnis von Icon zu ergründen.
Was ist Ihre früheste Erinnerung an ein Auto?
Wahrscheinlich das Stöbern im Gebrauchtwagenhandel und Service Center meines Großvaters. Er hatte sein Geschäft in einer Kleinstadt im Bundesstaat Virginia zwar schon Jahrzehnte zuvor aufgegeben. Aber die Räume waren noch angefüllt mit Werkzeugen und Unmengen von Automobilia.
Entstand so Ihre Leidenschaft?
Ich habe mich schon immer sehr für Design und Handwerk interessiert, deswegen haben mich klassische Automobile am meisten fasziniert, denn sie verbinden verschiedene Aspekte der Wertarbeit und Materialien aller Art. Das, zusammen mit der Wertschätzung, die mein Großvater und Vater für diese Fahrzeuge hatten, war die Grundlage für mein Engagement.
Wo haben Sie vor der Gründung von Icon gearbeitet?
Ich war in der Entertainment-Industrie.
Wie kam es dazu, dass Sie sich schließlich mit klassischen Automobilen selbstständig gemacht haben?
Ich mochte meine Arbeit überhaupt nicht und wollte etwas machen, was mir wirklich Freude bereitet. Meine Frau - mit der ich damals noch nicht verheiratet war - und ich verließen unsere Jobs und gründeten mit „TLC” unser erstes Unternehmen. Die Geschäftsidee war ganz einfach: Wir haben alte Toyota Land Cruisers mit derselben handwerklichen Hingabe restauriert, wie man sie damals für anerkannte Klassiker einsetzt. Das hat seinerzeit niemand gemacht. Die Firma erwarb sich einen Ruf und ich wusste irgendwann, dass ich die Palette der klassischen Fahrzeuge erweitern wollte, damit wir technisch und gestalterisch kreativer sein konnten. Ich hatte dieses Icon-Konzept schon eine ganze Weile mit mir herumgetragen: Einen sehr zeitgemäßen Ansatz bei den mechanischen und technischen Aspekten der Restaurierung zu verfolgen, während der ursprüngliche Stil des Automobils zu respektieren war. Es dauerte ungefähr acht Monate, bis diese Idee in einem ersten Auto Gestalt annahm.
Wie würden Sie die Philosophie von Icon zusammenfassen?
Es geht um die Neuinterpretation von klassischem Automobildesign in einem zeitgemäßen Umfeld.
Die Restaurierung des berühmten Ford Bronco ist eines der Kernstücke Ihrer Firma - wie kommt das?
Ford hat deswegen einst bei uns angefragt, also führen wir die Instandsetzungen mit Hilfe des Herstellers aus. Diese Broncos wurden begeistert aufgenommen. Sie werden wirklich von so vielen Menschen geliebt.
Sie haben sich auch auf die amerikanischen Klassiker der 1950er Jahre spezialisiert. Sind das Komplett-Restaurierungen? Oder versuchen Sie, die Ursprünglichkeit der Autos zu erhalten?
Wir haben unsere Instandsetzungen in zwei unterschiedliche Kategorien aufgeteilt: Derelicts und Reformers. Bei den Derelicts lassen wir das Exterieur wie es ist, nutzen aber die CAD-Daten von einem Laserscan des Originalfahrzeugs, um die mechanischen Komponenten umfassend zu modifizieren. Beispielsweise würde ich im Innenraum ein paar Details hinzufügen und auch ein iPad und ein Navi integrieren, während ich mich dabei aber immer am Originaldesign orientiere. Reformers sind zwar in dieser Hinsicht ähnlich, aber wir restaurieren das Exterieur so, dass es Concours-Standards genügt. Je älter das Auto ist, desto weniger würde ich bei den Details Hand anlegen. Damals war das Styling eine ehrliche Widerspiegelung der Vision eines Designers. Ich mache mir das bewusst, in dem ich mich bei meiner Arbeit in diesen Designer hineinversetze.
Ihr eigenes Auto ist dafür ein gutes Beispiel. Könnten Sie uns mehr dazu erzählen?
Es ist ein Town & Country Wagon von Chrysler, Baujahr 1952. Er besitzt ein Chassis von Art Morrison, vier ABS-Bremsen, Fünfganggetriebe, Klimaanlage, Rolls-Royce-Fussmatten und eine umfassende Schalldämmung. Dieses Auto verkörpert auf ideale Weise unsere Philosophie.
Als Teufels Advokat gefragt: Verderben Ihre speziellen Eingriffe nicht den historischen Charakter dieses Autos?
Ich denke nicht, weil dadurch das nächste Kapitel in der Biographie eines Autos aufgeschlagen wird, statt es der Verwahrlosung preiszugeben. Außerdem erhöht es den Komfort der Besitzer, wenn die Mechanik modern und alltagstauglich ist. Sie haben mehr davon. Puristen sind mir egal, Kunst ist immer persönlicher Ausdruck - und das ist meiner. Mein Ansatz ist nicht jedermanns Sache, deswegen ist er so einzigartig. Wir suchen meist Autos aus, die nicht zu den traditionellen Sammlerstücken gehören wie etwa Kombis oder Marken und Modelle, deren Hersteller schon lange nicht mehr existieren.
Ist denn alles machbar bei Icon?
Im Rahmen der technischen Möglichkeiten und meiner ästhetischen Prinzipien, ja.
Was ist Ihr verrücktestes Projekt gewesen?
Schwierige Frage, weil jeder Auftrag herausfordernd ist. Aber da wäre dieser Superbird Reformer von 1970, mit dem wir uns gerade beschäftigen. Als Inspirationsquelle für die Zierelemente halten wir uns an den großen Architekten der klassischen Moderne, Mies van der Rohe, dessen Arbeit der Kunde und ich gleichermaßen schätzen. Wir dachten, es wäre spannend, beim Umbau eines solchen Vintage-Autos auf Elemente des allgemeinen Industriedesigns jener Zeit zurückzugreifen.
Was wäre Ihr Traumprojekt?
I würde sehr gerne mein Icon Helios-Konzept realisieren und meiner Charity gocampaign.org den Gewinn überweisen.
Wenn also ein Classic-Driver-Leser genau so etwas vorhätte, dann genügte ein Anruf bei Ihnen?
Aber ja!
Sie beherbergen auch Automobilia rund um die französischen Klassiker in Ihrem Büro. Wie kommt das?
Art Déco, Art Nouveau und die Stromlinienästhetik der 1930er Jahre gehören zu meinen absoluten Lieblingen. Ich finde, dass die Franzosen letztlich immer das beste Gespür für Design hatten.
Wenn Ihnen ein Kunde die Gelegenheit bieten würde, hätten Sie Lust, an solchen Autos zu arbeiten? Oder würden Sie lieber ein Projekt von Grund auf realisieren - eine moderne Interpretation?
Sowohl als auch. Mein Helios Concept versucht, einige dieser Fragen zu beantworten wie beispielsweise welchen Weg Streamline-Design genommen hätte, wenn es weder eine industrielle Revolution, noch die Große Depression in den 1930er Jahren gegeben hätte. Oder wenn sich das Automobildesign zehn Jahre früher am Flugzeugbau orientiert hätte.
Wie würden Sie Ihre Leidenschaft für Klassiker beschreiben?
Die Romantik der Tradition, die Kontinuität im Design, die Schönheit der Details und die Qualität einer vergangenen Zeit.
Was ist Ihr Traumauto?
Das wäre eine sehr lange Liste. Dazu würde gehören ein Lincoln Zephyr, Baujahr 1937, den ich kürzlich die Ehre hatte, zu entdecken. Ein DeSoto Airflow Coupé von 1934, das ich übrigens für mich selbst zum Restaurieren und Behalten gekauft habe. Zudem der Bentley Embiricos sowie alles, was der legendäre französische Karosseur Saoutchik je geschaffen hat, ein Facel Vega F2, der Hispano-Suiza Zenia. Ich wüsste nicht, wo ich aufhören soll.
Fotos by Rémi Dargegen für Classic Driver © 2015