„Zugegeben, ich bin schon ein wenig müde,” erzählt Gregor. „Ich bin noch bis zur Preisverleihung am Sonntagabend geblieben und in der Dämmerung mit meinem 4 1/2-Liter Bentley allein zurück nach London gefahren. Es war schön - nur ich, das Auto und die Bäume, die durch das Scheinwerferlicht illuminiert wurden. Die Straßen waren leer, also brauchte ich für die Strecke nur anderthalb Stunden. In einem modernen Wagen dauert das oft länger.” Eine Einschätzung, die Classic Driver nur teilen kann - denn wir beanspruchten für dieselbe Rückreise wenige Stunden vorher in einem modernen Bentley im dichten Verkehr sehr viel mehr Zeit.
Governor Gregor
Durch seinen Beruf als Händler von High-End-Sammlerautos ist Gregor Fisken auch in seiner Freizeit sehr eng in alle Aktivitäten eingebunden, die sich um historischen Motorsport drehen. Beim Goodwood Members' Meeting am letzten Wochenende war er nicht nur am Steuer eines Ferrari 246 Dino Grand Prix-Rennwagens und des Le Mans-Veteranen Iso A3C Leichtbau-Competizione bei den Wettkämpfen dabei, er wurde auch ins Gremium der Governors berufen. Hier war Fisken als Experte gefragt, um sicher zu stellen, dass das Meeting auch den ursprünglichen, von Lord March festgelegten Regeln folgte. Wir unterhielten uns mit ihm nach einem ereignisreichen Wochenende.
Der Faktor Vielfalt
„Es funktioniert hervorragend, weil die Rennen so unterschiedlich sind,” erklärt der immer noch sichtlich müde Gregor Fisken. „Rennwagen aus der Jahrhundertwende, moderne Tourenwagen und ein komplettes Starterfeld von Ford GT40 dabei zu haben, ist einfach außergewöhnlich. So können Besitzer auch solche Autos bei den High-Speed-Vorführungen antreten lassen, die beim Revival natürlich nicht zugelassen wären. Das vergrößert die Goodwood-Familie und sorgt für Vielfalt. Die Rennwagen mit hoher Anpresskraft und die Gruppe 5-Wagen waren ein riesiger Erfolg. Es ist faszinierend und packend, sie in ihrem natürlichen Umfeld auf einer historisch bedeutsamen Rennstrecke erleben zu können, statt irgendwo im Museum.” Wenige hätten allerdings diesen Thrill so hautnah wie Fisken erfahren dürfen: Sein erstes Rennen bestritt er am Holzlenkrad eines frontgetriebenen Grand-Prix-Monoposto, dem bahnbrechenden Ferrari 246 Dino.
„Der Dino gehört einem meiner Kunden. Er wollte, dass der Rennwagen eine überzeugende Vorstellung abliefert,” sagt Gregor. Als er sich an das etwas unkonventionelle Getriebe aus dem Lancia D50 gewöhnt hatte, schob er sich im Feld vom vierten auf den zweiten Platz und fand sich mittendrin in einem Trio, das um die Führung kämpfte. „In der letzten Runde habe ich zu sehr gedrückt, um am Führenden dran zu bleiben, knallte mit dem Rad gegen die Begrenzung und drehte mich. So geht man in wenigen Sekunden von Hero to Zero. Aber so ist der Motorsport. Der Tag, an dem ich das nicht mehr wage, ist der Tag, an dem ich meine Fahrerhandschuhe endgültig abstreife.” Obwohl er sich dann letztlich als achter über die Ziellinie rettete, ist der Schotte dennoch nicht niedergeschlagen. „Mein Auftrag lautete, mit diesem Auto auf der Rennstrecke richtig Spaß zu haben, und wir konnten zeigen, dass der Dino mit der gemessenen schnellsten Runde auch so ein Rennen hätte für sich entscheiden können. Hätte ich noch einmal die Chance, ich würde dieses Überholmanöver wiederholen. Um diesen Spirit geht es in Goodwood.”
Das richtige Gleichgewicht erzielen
In seinem zweiten Rennen, der Graham Hill Trophy, wollte Gregor allerdings nicht ganz so angriffslustig vorgehen. In einem Feld, das von Anfang an von zwei neu aufgebauten Shelby Cobra Daytona Coupés überlegen angeführt wurde, konzentrierte sich Fisken in seinem Iso A3C Competizione in der ursprünglichen Le Mans-Spezifikation um Rangkämpfe in den hinteren Reihen. „Man muss vor diesem Rennwochenende ein wenig in sich gehen und akzeptieren, dass ein guter junger Fahrer in einem neuen Cobra Daytona Coupé einfach fünf Sekunden pro Runde schneller sein wird, als man selbst. Aber man sollte auch nicht vergessen, dass 1965 in Le Mans das schnellste der Cobra Daytona Coupés im Lauf der 24 Stunden nur anderthalb Runden vor dem einzigen Bizzarrini blieb. Das relativiert doch einiges. Man könnte heute einen Leichtbau-Bizzarrini entwickeln, der für die neuen Daytona-Coupés eine echte Konkurrenz darstellen würde. Aber um fair zu sein, ich hatte gute Kämpfe mit anderen Autos der Epoche wie zum Beispiel dem Aston Martin DP214 und einem Jaguar E-Type Lightweight. Bei den Rennen in Goodwood geht es darum, dass sich alle im Starterfeld herrlich mit einander fetzen können.”
Denkt Gregor, dass die historische Motorsportszene insgesamt von den lockeren Zulassungsbestimmungen des Members' Meeting, die auf die Originalität der einzelnen Teilnehmer und die breitere historische Klammer setzen, profitiert? „Sinn und Zweck der Meetings ist ja gerade das vielfältige Spektakel für Enthusiasten, aber dafür brauchen wir immer eine Reihe von guten, originalen Fahrzeugen,” betont Gregor. Tatsächlich bestand eine signifikante Zahl der ausschließlich den Ford GT40 vorbehaltenen Vorführung aus ganz neuen und eigentlich recht originalgetreuen Nachbauten. Dieser Event erhielt aber dennoch enormen Zuspruch des Publikums. Dazu Gregor Fisken: „Wenn man an die Zukunft denkt, dann muss man sicher stellen, dass der Wettbewerbsgedanke beim Starterfeld erhalten bleibt. Das wird angesichts der fortschreitenden Entwicklung zunehmend schwieriger werden, zumal es immer schwieriger wird, sich neue Ideen auszudenken. Aber wer wäre geeigneter als Lord March und sein Team, hier die richtige Balance zu erreichen?”
Hitzige Duelle und heisse Eisen
Ein weiteres heißes Eisen bei den künftigen Planen ist das Thema Sicherheit. Einige der schweren, aber hoffentlich ohne langfristige Konsequenzen gebliebenen Unfälle des Wochenendes bleiben im Gedächtnis. Auch Gregor findet, dass hier Verbesserungen gemacht werden können - allerdings intern und nicht als Auflage von außen. „Der Vorfall während meines Rennens war entsetzlich. In all den Jahren, bei denen man Rennen im Stil der Zeit in Goodwood ausgetragen hat, haben wir so etwas noch nie erlebt. Bei jeder Fahrerbesprechung wird der Vorrang der Sicherheit betont. Der weitere Erfolg dieser Veranstaltung beruht bei den Fahrern und den fahrerischen Standards, die wir hochhalten.”
„Man darf aber auch nicht vergessen, dass dieser Rundkurs trotz sicherheitstechnischer Verbesserungen über die Jahre letztlich in der ursprünglichen Konfiguration erhalten blieb. Die Autos, die wir fahren, sind nicht moderne GT3 mit der jüngsten Technologie an Bord, obwohl wir versuchen, HANS-Geräte wo möglich einzubauen. Letztlich ist der Motorsport eine riskante Angelegenheit, aber genau dieses Risiko verleiht dem Spektakel seinen Nimbus. Man kann es dem Goodwood-Team nicht hoch genug anrechnen, dass sie in einigen brenzligen Situationen so schnell, effektiv und sicher wie möglich gehandelt haben und dieses Meeting bis Sonntagabend durchführen konnten.”