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Diese kostbare Vincent wäre fast in der Schrottpresse geendet

Als diese makellose Vincent Rapide das letzte Mal den Besitzer wechselte, war das 1959 im Tausch mit einem Vergaser und einer Zehn-Pfund-Note, die noch draufgelegt wurden. Nicht selten landeten große Motorradklassiker zu dieser Zeit in der Schrottpresse. Die Vincent hatte jedoch Glück.

Dieses Motorrad wäre wirklich fast in der Schrottpresse gelandet, um anschließend in Dosen oder Aluminiumfolie verwandelt zu werden, wenn Vincent-Fan Harry Lloyd nicht blitzschnell reagiert hätte. Ihm war zu Ohren gekommen, dass der Vorbesitzer den Getriebekasten schwer beschädigt sowie irgendwie auch noch die Reifen der Vincent verloren hatte. Lloyd eilte zur Rettung herbei - mit einer Zehn-Pfund-Note und einem verlockenden Amal TT-Vergaser.

Ein kostspieliger Fehler

Harry restaurierte das malträtierte Bike liebevoll mit Teilen aus seinen beiden Meteor- und Camel-Motorrädern und schraubte noch einen Beiwagen an seine Rapide. Künftig war er dann nicht nur unermüdlich in seiner Heimatstadt Liverpool unterwegs, sondern machte mit dem Motorrad ausgedehnte Ferienreisen in ganz Großbritannien. Zehn Jahre und gut 32.000 Kilometer lang ging alles gut, bis die Primärkette auseinander riss. Harry parkte seine Rapide in einer städtischen Garage, wo sie eine weitere Dekade vor sich hin rostete. Irgendwann erhielten dann die städtischen Angestellten die Anweisung, das Motorrad in einem Container zu entsorgen.

Eine zweite Chance

Und wieder eilte Harry im letzten Augenblick rettend herbei und bewahrte seine Rapide vor der Vernichtung. Um diesmal ganz sicher zu gehen, parkte er das Motorrad in seinem Schlafzimmer. Dort blieb es bis 2007, als er sich endlich zu einer gründlichen Restaurierung durch den führenden Vincent-Spezialisten Glyn Johnson durchgerungen hatte. Die Geschichte von Harry und seiner Rapide hat leider kein Happy-End: Er starb 2008, ohne das fertige Bike noch einmal gesehen zu haben. Sehr schade, denn wie die kunstvollen Fotos von Amy Shore belegen, ist diese Vincent das wahrscheinlich schönste von den nur 65 Exemplaren der Series A Rapide, die erhalten sind.

Von der Garage zur Auktion

Zur kompletten Restaurierung, die 2013 abgeschlossen wurde, gehörten neben einem mechanischen Neuaufbau ein frischer Anstrich sowie neues oder modifiziertes Zubehör - und jede Mutter, Schraube, Scheibe und jeder Bolzen wurde in diesem Prozess durch ein entsprechendes Teil aus Edelstahl ersetzt, dessen Finish dem Original glich. Die wiedergeborene Vincent hat noch ihr ursprüngliches Zulassungskennzeichen von 1939. Mit ihrem mächtigen 1.000 Kubik-Motor in V-Twin-Bauweise und einer Spitze von über 170 km/h dürfte sie zu den Stars der Bonhams-Frühlingsauktion in Stafford am 26. April 2015 zählen. Harry Lloyds Rapide wird auf rund 340.000 Euro taxiert. Nicht schlecht für ein Motorrad, das vor dem Verschrotten gerettet wurde - gleich zweimal.

Fotos: Amy Shore für Classic Driver © 2015

Klassische Vincent finden Sie auch im Classic Driver Markt.