Als Porsche 1965 auf der IAA in Frankfurt den ersten Porsche 911 Targa vorstellte, freuten sich zunächst vor allem die Autohändler im wichtigen Exportmarkt der USA: Das „Sicherheitscabriolet“, wie Porsche den offenen Elfer mit Überrollbügel und herausnehmbarem Dach etwas unromantisch bezeichnete, entsprach den strengen amerikanischen Zulassungsrichtlinien – und machte es den Kunden in Kalifornien, Florida oder den Hamptons endlich möglich, das sportliche Fahrerlebnis des Stuttgarter Sportcoupés auch unter freiem Himmel zu erleben. Ein „echtes“ Cabriolet gab es derweil noch nicht, das folgte erst in den 1980er Jahren.
Ein Wiedersehen mit der Jugendliebe
Der Targa war eine simple wie clevere Konstruktion: Hinter dem Targa-Bügel aus Aluminium wurde zunächst ein Stoffverdeck mit kleiner Kunststoff-Scheibe aufgespannt, das sich mit einigen Handgriffen abnehmen und im Kofferraum verstauen ließ. Erst ab 1969 wich das Verdeck einer fest montierten, beheizbaren Heckscheibe aus Sicherheitsglas. Dieser Look charakterisierte alle 911-Targa-Modelle bis Mitte der 1990er Jahre, als Porsche sich schließlich für ein Panorama-Schiebedach entschied, und gilt heute als eines der prägendsten Designs der Markengeschichte.
Nun ist der Bügel also wieder da – und der neue Porsche 911 Targa der Generation 991 trägt wie in den späten 1960er Jahren den Überrollbügel aus Aluminium und eine große, gewölbte Heckscheibe. „Stellen Sie sich vor, Sie treffen Ihre Jugendliebe wieder“, warb Porsche zur Markteinführung im Mai 2014. „Und sie ist noch schöner geworden.“ Eine hübsche Idee – aber ist der neue Targa wirklich mehr als eine schöne nostalgische Geste? Eine Retro-Spielerei auf dem Höhepunkt des Hypes um den klassischen Porsche 911? Oder hat der neue Klappdach-Elfer vielleicht sogar das Zeug zum Klassiker?
High-Tech-Spektakel mit 400 PS
An einem sonnigen Spätsommertag brausen wir mit dem neuen Porsche 911 Targa 4S durch Wälder und Felder im Züricher Hinterland. Der Wind weht frisch, der Sechszylinder knistert und dröhnt, die 400 PS möchten gefordert werden – schließlich beschleunigen sie den geneigen Piloten in 4,6 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Mit seinem breiten Heck liegt der Allrad-Elfer dabei so satt auf der Straße wie sonst nur die Luxus-GTs von Bentley und Co. Der Elfer ist endgültig im Luxus-Segment angekommen – zum Bedauern einiger sportlicher Traditionalisten, zur Freude zahlloser komfortsuchender Neukunden aus aller Welt. Das gilt natürlich für alle neuen Elfer – ganz gleich, ob Coupé oder Cabrio, Carrera oder Turbo. Doch welchen Platz nimmt der neue Targa heute im Modellprogramm ein?
Ein „Sicherheitscabriolet“ hat Porsche heute bereits mit dem aktuellen Porsche 911 Carrera Cabrio im Programm: Das besonders stabile Verdeck mit seinen Hard- und Softtop-Elementen erinnert sogar ein bisschen an den Ur-Targa von 1965, und die im Falle eines Falles automatisch ausfahrenden Überrollbügel sollten auch die änglichsten Fahrer beruhigen. Auch vom Purismus der klassischen Targa-Modelle – das Schließen des Verdecks forderte Geduld und Fingerspitzengefühl, auch wenn gerade ein Platzregen über einen herniederging – ist kaum etwas geblieben: Stoppt man seine Fahrt, um das Dach zu öffnen oder zu schließen, beginnt ein 16-sekündiges High-Tech-Spektakel, bei dem die Heckscheibe samt Karosserieteilen angehoben wird, um das mit Stoff bezogene Hardtop in Origami-Manier verschwinden zu lassen. Faszinierend, hätte Mr. Spock gesagt – aber Understatement sieht anders aus.
Zu elektrisch?
Verstehen Sie uns bitte nicht falsch: Der neue Porsche 911 Targa ist ein beeindruckendes Zeugnis modernster Automobiltechnik, ein begehrenswerter Sportwagen und ein Wunderwerk auf Rädern mit einer Dachkonstruktion wie aus dem Transformers-Film – aber was der aktuellen Elfer-Reihe derzeit wirklich gut tun würde, wäre eine spartanische Frischluft-Variante, vielleicht mit manuell aufziehbarem Targadach und weniger elektronischem Komfort nach dem Vorbild des Porsche Boxster Spyder. Dies wäre dem puristischen Spirit des Ur-Targas näher gekommen. Dass solch ein Konzept im Jahr 2014 nicht mehr dem Kundengeschmack entspricht, steht auf einem anderen Blatt. Aber wenn es um eine Jugendliebe geht, sieht man die Dinge eben gerne etwas emotionaler.