Die Kombination scheint auch Gentleman-Fahrer des 21. Jahrhunderts zu überzeugen.
Die neue Brough Superior SS100 trägt zwar noch den Namen eines 100 Meilen schnellen Motorrades von 1924 – doch die Kombination von moderner Technik und einem wirklich gelungenen Retro-Design, das dem klassischen Brough-Stil einen modernen Twist verleiht, scheint auch Gentleman-Fahrer des 21. Jahrhunderts zu überzeugen: Derzeit liegen Upham bereits 242 Bestellungen vor. Entwickelt und konstruiert wurde die neue Brough übrigens nicht in England, sondern bei der französischen Firma Boxer Design in Toulouse. Der wassergekühlte 997-Kubik-V-Twin-Motor sitzt in einem Rahmen aus Stahl und Titanium, er soll rund 140 PS leisten.
Zeit für ein Revival
Mit zum Paket gehören Top-Komponenten wie eine Ohlins-Aufhängung und vierfache Beringer-Scheibenbremsen, der Preis für das Einstiegsmodell liegt dementsprechend bei bemerkenswerten 49.850 Euro. Wer sich damit nicht zufrieden geben möchte, hat freilich die Gelegenheit, seine persönliche Maschine mit weiteren Komponenten zu individualisieren. Mark Upham plant, die erste serienreife SS100 zum diesjährigen Goodwood Revival im September fertig zu stellen. Darauf sollen zunächst zehn Prototypen für die Homologation folgen. Bis Ende 2015 sollen dann bereits 200 und mehr Motorräder pro Jahr mit dem Brough-Superior-Logo auf die Straße kommen.
Mit „Spit and Polish“ zum ersten Sieg
Doch warum übt die „Brough“ noch heute solch eine Faszination aus? Ein Blick in die Markengeschichte hilft, das Phänomen zu verstehen: Anfang des 20. Jahrhunderts begann George Brough zunächst, in der Automobil- und Motorradmanufaktur seines Vaters zu arbeiten. Doch Brough Junior war ehrgeizig und bald gab er sich mit den väterlichen Qualitätsstandards nicht mehr zufrieden: Er gründete seine eigene Firma und 1919 rollte die erste Brough Superior aus seiner Werkstatt in Nottingham. Schon drei Jahre später erreichte seine aufgemotzte SS80 bereits 80 Meilen pro Stunde – und George Brough fühlte sich bereit, mit seiner Maschine auf der Rennstrecke von Brooklands anzutreten.
Von George zu George
Oh, wie sich die anderen Rennfahrer über Brough, der seine Maschine in der Boxengasse liebevoll umsorgte, amüsierten. „Spit and Polish“ war nur einer der Spitznamen, die Brough ertragen musste. Doch das Lachen verklang schnell, als der Neuling nicht nur sein erstes Rennen gewann, sondern mit 100 Meilen pro Stunde auch einen neuen Geschwindigkeitsrekord auf der Strecke aufstellte. Als Brough im Jahr 1924 nicht nur die SS100, sondern auch die Alpine Grand Sports für längere Touren anbieten konnte, hatte sich die Legende der Brough Superior bereits verselbstständigt.
Berühmtester Brough-Fahrer war T.E. Lawrence, besser bekannt als Lawrence von Arabien, der schon 1922 seine erste Brough gekauft und sie auf den Namen „Boanerges“ getauft hatte. Seine nächsten sechs Maschinen nannte er konsequenterweise George I, II, III, IV, V und VI. Auf „George VI“ verunglückte Lawrence im Jahr 1935 tödlich, als er in seinem heimatlichen Dorset zwei Fahrradfahrern ausweichen musste. Fünf Jahre später musste auch Brough Superior seine Tore schließen. In 20 Jahren waren rund 3.000 Maschinen entstanden. Jede hatte soviel gekostet wie ein kleines Haus.