Es ist ein seltener Samstag im Januar, an dem kein Wecker klingelt. Sie stehen gähnend auf, strecken sich und ziehen die Vorhänge zurück, um den herrlichen Sonnenschein zu sehen, der den eisigen Boden im Garten auftaut. Dies ist einer dieser Morgen, an denen die heimische Kaffeemaschine einfach nicht ausreicht, um die Lebensgeister zu wecken, sondern nur ein kurzer Abstecher in die örtliche Stadt über einige herrliche Straßen. Auf dem Weg zur Garage, dicht gefolgt von Ihrem vierbeinigen Begleiter, der für jedes Abenteuer zu haben ist, legen Sie den Lichtschalter um und beleuchten die sorgfältig zusammengestellte Sammlung von Klassikern in Ihrem Fuhrpark.
Die Straßen sind immer noch ein wenig zu unberechenbar für das Turboloch des F40, und auch den raumschiffartigen Bugatti EB110 streifen Sie nur kurz. Denn es gibt nur ein Auto, das an einem herrlichen Wintermorgen wie diesem gefahren werden könnte und sollte. Das Drop-Top-Design, das sanfte Surren des Motors, das beruhigende Klacken der Türen, nachdem Sie in einem Cockpit voller Plüschleder und Chrom eingetaucht sind – das kann nur ein Mercedes-Benz sein. Aber nicht einfach irgendein Mercedes-Benz, sondern ein 300 SL Roadster.
Kurz den Kopf schütteln, und Sie sind zurück in der Realität. Aber dieses traumhafte Szenario könnte dank Axel Schütte demnächst auch Ihr Samstagmorgen-Ritual sein. Ein Auto wie dieses zu besitzen, ist ein Privileg, ein Auto, das dazu einlädt, jeden Moment am Steuer zu genießen, und das Passanten einen wahrhaft atemberaubenden Anblick bietet. Für Filip Baert, den derzeitigen Besitzer des Wagens, ist dieser extrem originalgetreue 300 SL Roadster von 1959 das Juwel seiner Sammlung, und er bringt die Gefühle, die mit dem Besitz eines solchen Kultautos verbunden sind, perfekt zum Ausdruck: „Das Auto ist so besonders, dass man es sehen, fühlen und riechen muss, um zu verstehen, wie einzigartig und selten es ist. Das Problem ist, dass ich seit ein paar Monaten jeden Tag ein paar Stunden neben dem Auto sitze und mich in es verliebt habe!“
Dieses spezielle Exemplar wurde im Winter 1959 neu an seinen ersten Besitzer in Madrid ausgeliefert. Es wurde ab Werk in genau dieser Farbkombination aus Elfenbein (DB608) und einer üppigen roten Lederausstattung bestellt. Diese Kombination blieb während der gesamten 64 Jahre seines Autolebens unverändert; dieser SL trägt noch fast die gesamte vermutlich originale Lackierung sowie die Originalsitze und -teppiche. Baert erzählt uns mehr darüber, wie besonders es ist, einen 300 SL in diesem Zustand zu finden: „Man kann an so vielen Details sehen, dass dieses Auto original ist. Allein die Innenausstattung ist so spektakulär. Die Patina des Leders, die Gummimatten, die Polster sind noch nummeriert, die Türdichtungen sind unangetastet und so weiter. Ich könnte stundenlang darüber reden!“
Am Exterieur bilden die scharfen, haifischähnlichen Seitengitter des 300 SL Roadster einen schönen Kontrast zu den sanften Linien, die sich um den hinteren Bereich ziehen. Es ist ein Auto, das, obwohl es der Nachfolger des berühmten und von 1954 bis 1957 gebauten 300SL Flügeltürers ist, ohne das Dach wohl noch besser aussieht. Beim Design des von 1957 bis 1963 produzierten Roadsters war jedoch weit mehr zu tun als nur das Dach abzusägen; vielmehr musste ein Großteil der Karosserie und des Gitterrohrrahmens modifiziert werden. So erhielt der Roadster ein flacheres Heck und einen neu gestalteten Kraftstofftank, der es ermöglichte, das Reserverad im Unterboden zu verstauen, wodurch der Roadster einen richtigen Kofferraum erhielt und weitaus praktischer war als andere Sportwagen dieser Zeit. Die niedrige Bauweise verstärkt seine Präsenz auf der Straße und lässt ihn außergewöhnlich lang erscheinen. Tatsächlich ist seine Länge von 4250 mm identisch mit der eines Lamborghini Huracan, und wir wissen genau, welchen der beiden wir wählen würden.
Elfenbein ist ein Farbton, den man bei modernen Autos nur noch selten sieht, obwohl er dank der PTS-Elfenbeinfarbe von Porsche langsam ein Comeback erlebt. Diese Farbe passt perfekt zum Roadster und erinnert an die 1950er Jahre, als Pastellfarben überall zu finden waren: in der Mode, bei Möbeln und natürlich bei Autos. Wenn Sie in diesen 300 SL Roadster einsteigen, werden Sie von einem der stilvollsten Innenräume der Automobilwelt begrüßt. Das überdimensionale, elfenbeinfarbene Lenkrad sitzt nur vor den wichtigsten Instrumenten: Drehzahlmesser, Tachometer und dazwischen – in einem vertikalen Gehäuse – diverse Zusatzanzeigen. Der Rest ist geschickt unter der Sichtlinie versteckt, damit sich der Fahrer auf die Straße konzentrieren kann.
Mit 46.355 Kilometern auf dem Kilometerzähler gehört dieser SL zu den seltensten von allen: ein vollständig originales, gut gewartetes „Matching number“-Modell, das ein ganzes Leben voller Geschichten mit sich trägt und bereit ist, noch einmal in vollen Zügen genossen zu werden. Der 300 SL Roadster ist ein Meisterwerk an Design, Leistung und Präsenz aus einer Ära, in der Mercedes-Benz zu den Besten der Branche gehörte. Vielleicht lässt sich dieses Auto am besten beschreiben, wenn man den eigenen Werbeslogan für den Roadster bei seiner Einführung zitiert: „Nur Fliegen ist besser.“
Dieses unglaubliche Exemplar wird auf der Retromobile in Paris vom 1.-5. Februar 2023 auf dem Stand von Axel Schütte Fine Cars aus Oerlinghausen (bei Bielefeld) ausgestellt und zweifellos eines der Highlights der Show sein.
Photos by Sian Loyson © 2023