Als kreativer Medienmacher gelingt es Michael Köckritz immer wieder, mit gut gelaunter Leichtigkeit ebenso aufmerksamkeitsstarke wie nachhaltig-anregende Impulse im Kontext von Zeit- und Zukunftsthemen sowie Lifestyle- und Luxuswelten zu setzen. Seine international erscheinenden Magazine ramp und rampstyle sind vielfach ausgezeichnet und gelten als stilbildend. Zum Nach- und Weiterdenken regt jetzt auch wieder einmal sein aktuelles Projekt zum Thema „Coolness“ und „cool sein“ an.
Einst durch die rebellische Jugendsprache eingewandert, ist „cool“ heute weitverbreitet – und bezeichnet alles, was irgendwie lässig, hip, im Trend oder in ist. Alles soll cool sein, alle wollen cool sein. Cool gibt sich bewundernswert und ist begehrt. Aber was meint das Wort tatsächlich? Und was bedeutet es, „cool zu sein“? Wie wird Coolness greifbar? Auch gerade für Marken, die sich besonders gerne als „cool“ positionieren. Welche Facetten begegnen uns beim näheren Hinsehen?
Auf der Suche nach Antworten ist Michael Köckritz ein überraschend anderes Buch zum Thema Coolness gelungen. „Coolness – die lässige Eleganz der Freiheit“ ist ein originelles Dokumentations- und Kunstprojekt, geprägt von kreativer Energie und einer optisch herausragenden Umsetzung. Das reich bebilderte, amüsant-kurzweilige Coffeetable-Book begeistert mit einem frischen interdisziplinären Blick als beeindruckendes Plädoyer für Coolness als kulturtechnikprägende zeitlos-moderne Erfahrung und selbstbewusste „Haltung“, als wunderbare Attitude und Ästhetik.
Gefeiert wurde der Launch des Projektes mitten im neuen publikumsoffenen Herzen von Porsche – im Porsche Brand Store Stuttgart. Verbunden mit der eigentlichen Buchvorstellung: Ein erstes von Köckritz und seiner Redaktion kuratiertes, multimediales Pop-up-Ausstellungs-Event zum Thema Coolness. Dafür konnte ramp dann auch gleich einmal den im Herbst frisch eröffneten Porsche Brand Store in einem Takeover für fünf Wochen komplett übernehmen.
Klar, dass uns auch gerade das auf ein Gespräch mit Michael Köckritz neugierig gemacht hat.
Ein Buch und eine Pop-up-Ausstellung zum Thema Coolness. Warum eigentlich? Wie kommt man auf so eine Idee?
Alles hat sich wieder einmal wunderbar ungeplant entwickelt. Streng genommen hat die Vorgeschichte dann auch gleich drei Handlungsstränge. Der erste wird von der Idee hinter den Publikationen der ramp-Welt geprägt. Schon mit dem Start von ramp vor 15 Jahren ging es Christian Gläsel und mir nicht nur darum, das Thema Autokulturmagazin einmal frischer und wilder, mutiger und mit einem höheren Anspruch an kreative Umsetzungen und moderne Visualitäten zu denken. Vor allem wollten wir immer entspannt Werten und Haltung einen lebendigen Raum geben. Die Freude an einem offenen, ganzheitlichen Blick und am kreativen Experiment sind dann ohnehin typisch für die Welt der ramp-Magazine. Besonders schön, wenn besondere Projekte dann auch anregend Wirkung mit und neben den eigentlichen Kernpublikationen erzielen. Alles entsprechend unserem Leitgedanken: „Das, wofür wir und unsere Freunde leben“. So ein „Coolness-Projekt“ hier ist eben das aktuellste.
Und was war dann weiterhin ausschlaggebend?
In einer Reihe von meinen Gesprächen und Interviews drehte sich alles immer wieder um die überempfindlichen Erregungs- und Empörungsmuster reihum, die Verwunderung über kleingeistig-übersteigerte Wokeness-Diskussionen und eine weitverbreitete, angestrengte bis selbstverliebte Prahler- und Besserwisserei. So etwas wie eine entspannte Distanz zu sich und den unwichtigeren Dingen ist da weit weg. Humor? Eher Fehlanzeige. Irgendwann fiel die Bemerkung „etwas mehr Coolness täte uns allen gut“. Auf einmal waren die Augen offen, das Interesse sensibilisiert.
Und dann Porsche. In einer Diskussion unter Freunden ging es um die Marke Porsche. Das wäre doch eine verdammt coole Marke, hieß es da. Alle waren sich einig. Irgendwie. Na ja, und dann kam die gute Frage auf, woran man das eigentlich exakt festmachen könnte. Was macht so eine Coolness und ein „cool sein“ tatsächlich aus? Überhaupt und natürlich auch in Bezug auf die Begehrlichkeit von Produkten und Marken. Für coole Marken gibt man ja gerne Geld aus. Welche Kriterien greifen hier eigentlich genau? Warum könnte etwa Porsche tatsächlich auch gerade als „coole Marke“ begeistern. Auch wurde ich neugierig, ob und inwiefern das Sehnsuchtsphänomen Coolness mit Premium und Luxus spannend zusammenspielen könnte. Damit war der Startknopf zu dieser Coolness-Expedition dann auch links und endgültig gedrückt. Auch der Kreis zu Porsche und dem aktuellen Launch im Porsche Brand Store schließt sich so ganz stimmig.
Kann man das Ergebnis dieses Forschungsausflugs gut auf einen Punkt bringen? Was macht Coolness aus?
Festhalten kann man zunächst, dass sich Coolness mit Vorliebe den allgemein geltenden Bewertungsmaßstäben entzieht. Coolness ist kein feststehender Begriff, keine Kategorie oder Größe. Im Effekt eine ganz spezielle Ausprägung der Unnahbarkeit. Coolness erleben wir als nahbar unnahbar. Dieses Phänomen belebt die Attraktivität und Magie der Coolness dann auch wesentlich.
Und wie wird Coolness dann griffig?
Einmal ist man cool ausschließlich im Vergleich. Cool ist nie normal, und normal ist nie cool. Cool zu sein besteht – vereinfacht formuliert – vor allem darin, schon einmal nicht uncool zu sein. Cool sind dann diejenigen, die mit einem eigenen Wertesystem eigene Vorstellungen leben und unerschrocken ihr Ding durchziehen. Der Kern von Coolness liegt in einer authentisch gelebten Autonomie und Freiheit. Distanz und Selbstdistanz korrespondieren hier ideal mit der rebellischen Note von Coolness. Auch daher entwickelt sich cool bevorzugt in Subkulturen und im ästhetischen Untergrund.
Die erlebte Qualität von Cool?
Cool begegnet man den Dingen eher ruhig und deutlich fokussiert, mutig und elegant. Man nimmt gewisse Dinge ernst – aber nicht sich selbst. Wer sich augenzwinkernd über sich und seine Schwächen, Marotten und Fehler herzlich amüsieren kann, ist schon einmal im Vorteil. Oder man ist, wie die Angelsachsen, die Erfinder der Coolness sagen: „Cool as a cucumber“. Understatement und eine trockene Unerschütterlichkeit sind eine Essenz von Coolness. So eine fröhliche Attitude hilft dann auch im prinzipiellen Umgang mit Coolness. Denn willkürlich herbeiführbar ist Coolness eher nicht.
Weshalb funktioniert das nicht?
Coolness wird gelebt und behauptet, aber nicht als Haupterscheinung. Wer unbedingt cool sein, ist es schon deswegen nicht. Das Anstrengungslose ist ein elementarer Aspekt des Zustandes Cool. Entweder cool – oder echt peinlich. Und überhaupt: Man kann gar nicht cool sein. Man kann nur von anderen als cool bewertet werden. Der Eindruck manifestiert sich in relevanten Zusammenhängen. Coolness ist ein sehr persönliches Wahrnehmungsphänomen. Authentizität ist auch hier entscheidend. Das Leben als Bühne in einem Theater, bei dem wir uns Ausstattung aneignen und Verhaltensweisen leben, die unsere Mitmenschen wie ein Publikum beurteilen.
Und? Ist Porsche jetzt eine „coole Marke“?
Obwohl Coolness ein unscharf definierter Begriff ist, gelingt es, Coolness-Merkmale und -Parameter zu identifizieren und auch wissenschaftlich zu fassen. In so einem übergeordneten Strukturmodell der Markencoolness punktet Porsche dann tatsächlich gleich in Bezug auf eine ganze Reihe ausgeprägter Coolness-Faktoren.
Zum Beispiel?
Cool sein ist eine Entscheidung wie „frei sein“. Porsche steht für ein Freiheitsversprechen. Das Auto verstärkt unsere Fähigkeiten in der Welt zu sein, verleiht Autonomie, ist ein „Freiheitstool“. Ein Porsche verspricht das in hohem Maße. Ein Symbolcharakter mit hohem Freiheitsbezug. Dann bedeutet Coolness, am Limit zu kratzen, etwas drüber, nicht drunter sein. Aus oft minimalen Gegebenheiten hat Porsche in der Geschichte immer ein Maximum herausgeholt. Porsche bewegt sich von Anfang an immer wieder intelligent-ingeniös am und über dem Limit. Eine durchaus positiv-rebellische Komponente, die als cool erlebt wird. Überhaupt kennen wir Porsche als das Auto von Rebellen. Die Linken in Kalifornien begeisterten sich als Erste für einen Porsche. Avantgardisten, Kreative und gelernte Macher und Helden liebten und lieben das Auto. Steve McQueen, James Dean, Janis Joplin. Ferdinand Porsche selbst darf als Rebell gesehen werden, der sein Ding durchgezogen hat. Auch kann man Porsche hier zentrale Adjektive wie ikonisch, außergewöhnlich, energiegeladen, hochrangig, subkulturell, ästhetisch ansprechend und beliebt ideal zuordnen. Na ja, und dann ist die Herkunft von Porsche schwäbisch-bodenständig. Auch das dient einer Gelassenheits-Mentalität wunderbar zur Beweisführung.
Die vielleicht wichtigste Eigenschaft einer coolen Marke?
Inhaltsgetrieben fokussiert ganz bei sich und beseelt zu sein. Autonomie und Freiheit überzeugend zu leben. Das gelingt dann auch nur, wenn man so einen Spirit als Marke ebenso selbstverständlich-authentisch wie unangestrengt-entspannt in der Markenkultur verinnerlicht hat. Mit „Driven by Dreams“ ist Porsche aber auch hier schon einmal ganz gut unterwegs.
Das 'Coolness'-Buch kann jetzt sowohl in englischer als auch in deutscher Version gekauft werden, wobei die neueste Ausgabe von Ramp jetzt auch auf ihrer Website erhältlich ist!